Gefangenenaustausch Wer bei dem Deal mit Russland freikam

Wiedersehen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Andrews: Der US-Reporter Evan Gershkovich umarmt seine Mutter während die Schwester
Wiedersehen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Andrews: Der US-Reporter Evan Gershkovich umarmt seine Mutter während die Schwester des ebenfalls freigelassenen Gefangenen Paul Whelan freudestrahlend zuschaut.

Bei dem Gefangenenaustausch zwischen Russland und westlichen Staaten sind zahlreiche Inhaftierte freigekommen. Darunter auch ein 19-Jähriger aus Rheinland-Pfalz.

„Tiergartenmörder“ Wadim Krasikow
Mehr als ein Jahr saß Wadim Krasikow (58) im Berliner Kammergericht auf der Anklagebank. Am 15. Dezember 2021 verurteilten die Richter den Russen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe – für den Mord an einem tschetschenischstämmigen Georgier am 23. August 2019 in der Berliner Parkanlage Kleiner Tiergarten. Die Auftraggeber für den Mord saßen nach Überzeugung des Gerichts in Russland. Am Freitag hat Moskau die Tätigkeit des Freigelassenen für den russischen Geheimdienst FSB enthüllt. „Krasikow ist ein Mitglied des FSB“, sagte ein Kreml-Sprecher.

Im Gegenzug ließen Russland und Belarus folgende Gefangene frei:

Rico K.
Der 30 Jahre alte Deutsche wurde Ende Juni in Belarus zum Tode verurteilt. Der Vorwurf: Söldnertum und Terrorismus, angeblich hatte sich Rico K., Rettungssanitäter aus Hildesheim, vom ukrainischen Geheimdienst SBU als Söldner anwerben lassen. Machthaber Alexander Lukaschenko hob das Todesurteil gegen den Mann am Donnerstag vergangener Woche auf. Die von Minsk als humanitäre Geste dargestellte Entscheidung galt auch als Zeichen des bevorstehenden Gefangenenaustauschs.

Kevin L.
Der 19-jährige Deutsch-Russe wurde im Dezember 2023 wegen Landesverrats zu vier Jahren Haft verurteilt. Laut dem „Spiegel“ verbrachte Kevin L. die ersten zwölf Jahre seines Lebens im rheinland-pfälzischen Montabaur. Danach habe er mit seiner Mutter – die nur die russische Staatsbürgerschaft besitzt – in deren Heimatstadt Maikop im Nordkaukasus gelebt.

Patrick S.
Der 38-jährige Hamburger wurde im Januar wegen Cannabisgummibärchen in St. Petersburg festgenommen. Die Gummibären hatte er nach eigener Aussage dabei, um auf dem Flug besser schlafen zu können.

Evan Gershkovich
Der 32 Jahre alte US-Reporter Evan Gershkovich wurde Mitte Juli in einem umstrittenen Prozess wegen angeblicher Spionage zu 16 Jahren strenger Lagerhaft verurteilt. Der Russland-Korrespondent des US-Magazins „Wall Street Journal“ war im März 2023 auf einer Reportage-Reise in Jekaterinburg festgenommen worden. Ihm wurde zur Last gelegt, er habe geheime Informationen über Russlands Rüstungskomplex für US-Stellen gesammelt. Das „Wall Street Journal“ wies das zurück.

Paul Whelan
Der 54 Jahre alte ehemalige US-Soldat Paul Whelan wurde bereits im Juni 2020 von einem russischen Gericht wegen angeblicher Agententätigkeit zu 16 Jahren Straflager verurteilt. Whelan, der mehrere Staatsbürgerschaften hat, soll nach Darstellung des FSB als Spion auf frischer Tat ertappt worden sein. Whelan beteuerte vehement seine Unschuld.

Wladimir Kara-Mursa
Der 42-Jährige gehört zu den prominentesten Oppositionellen in Russland. Er war im April 2023 unter dem Vorwurf des Hochverrats zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Zuletzt waren die Sorgen um den seit langem gesundheitlich schwer angeschlagenen Politiker groß.

Ilja Jaschin
Der 41-Jährige Politiker gehört zu den schärfsten Kritikern von Kremlchef Wladimir Putin. Weil er den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine anprangerte und Russland für das Massaker an Zivilisten in Butscha verantwortlich machte, wurde er im Dezember 2022 wegen Verunglimpfung der Armee zu achteinhalb Jahren Straflager verurteilt.

Oleg Orlow
Der 71-Jährige gehört zu den bekanntesten Menschenrechtlern und mutigsten Kämpfern für Gerechtigkeit in Russland. Auch der Mitgründer der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Organisation Memorial wurde wegen Kritik an Putins Krieg zu Lagerhaft verurteilt, und zwar zu zweieinhalb Jahren.

Alsu Kurmasheva
Ein russisches Gericht verurteilte die US-amerikanische Journalistin Alsu Kurmasheva erst vor wenigen Tagen zu sechseinhalb Jahren Strafkolonie wegen angeblicher Falschmeldungen über die Armee. Anlass für das Urteil war ein von ihr im November 2022 veröffentlichtes Buch mit dem Titel „Nein zum Krieg. 40 Geschichten von Russen, die sich gegen die Invasion der Ukraine wehren“, wie die russische Oppositionsplattform „meduza“ mitteilte.

Weitere Deutsche
Bei den deutschen Staatsbürgern, die außerdem frei kamen, handelt es sich um zwei Männer, die in Russland festgehalten worden waren: der Politologe Demuri W., sowie der wegen Landesverrats angeklagte Aktivist German M. Freigelassen wurden auch weitere russische politische Gefangene, darunter die Künstlerin Alexandra Skotschilenko und die Ex-Leiterinnen der Regionalstäbe des Kremlgegners Nawalny, Lilija Tschanyschewa aus Ufa und Xenia Fadejewa aus Tomsk. Auch der Nawalny-Mitarbeiter Wadim Ostanin kam frei.

Kommentar: Das Dilemma des Gefangenen-Deals

x