Rüstung In letzter Minute milliardenschwere Waffengeschäfte gebilligt

Dieses für Ägypten bestimmte Marineschiff vom Typ Meko 200 liegt im Neustädter Hafen in Bremen.
Dieses für Ägypten bestimmte Marineschiff vom Typ Meko 200 liegt im Neustädter Hafen in Bremen.

Als eine der letzten Amtshandlungen hat die schwarz-rote Regierung Rüstungslieferungen in Milliardenhöhe genehmigt. Besonders brisant: Der größte Teil ging an ein Land, das in bewaffneten Konflikten mitmischt.

Mit der Genehmigung von milliardenschweren Waffengeschäften auf den letzten Drücker hat die alte Bundesregierung von Union und SPD einen neuen Rüstungsexport-Rekord aufgestellt. Vom 1. Januar bis zu ihrem Ausscheiden am 8. Dezember erlaubte das Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) Ausfuhren im Wert von 9,04 Milliarden Euro und übertraf den bisherigen Höchststand von 2019 damit um mehr als eine Milliarde Euro. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen hervor.

Für mehr als die Hälfte des Exportvolumens – 4,91 Milliarden Euro – gab die schwarz-rote Regierung erst in den letzten neun Tagen vor dem Regierungswechsel grünes Licht. Zu diesem Zeitpunkt war sie nur noch geschäftsführend im Amt und damit angehalten, keine weitreichenden politischen Entscheidungen mehr zu treffen.

Baerbock drängt auf neue Export-Regeln

Besonders brisant: Die Nummer eins unter den Empfängerländern ist mit großem Abstand Ägypten, das wegen Menschenrechtsverletzungen und seiner Verwicklung in die Konflikte im Jemen und in Libyen in der Kritik steht.

Die Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock dringt nun auf schärfere Regeln für Rüstungsexporte. „Wir haben als Koalition deutlich gemacht, dass wir die Rüstungsexportpolitik der vergangenen Jahre auf den Prüfstand stellen“, sagte sie. „Deswegen arbeiten wir an einem Rüstungsexportkontrollgesetz, das deutlicher macht, nach welchen Kriterien Rüstungsexporte genehmigt werden.“ SPD, Grüne und FDP wollen vor allem die Rüstungsexporte in sogenannte Drittstaaten außerhalb von EU und Nato eindämmen. Dazu zählt auch Ägypten, das dieses Jahr zum dritten Mal in Folge einen Spitzenplatz unter den wichtigsten Empfängerländern einnimmt.

Scharfe Kritik der Linken an Scholz

Bereits vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass die Regierung Merkel kurz vor ihrem Ausscheiden noch den Verkauf von drei Kriegsschiffen und 16 Luftabwehrsystemen der Rüstungsschmieden Thyssenkrupp Marine Systems und Diehl Defence an Ägypten erlaubte. Aus der aktuellen Antwort des Wirtschaftsministeriums geht nun der Gesamtumfang der genehmigten Rüstungsgeschäfte mit dem autoritär regierten arabischen Land in diesem Jahr hervor: 4,34 Milliarden Euro. Bis zum 29. November waren es früheren Angaben zufolge erst 0,18 Milliarden Euro. Das heißt, dass Genehmigungen für mehr als vier Milliarden Euro erst in den letzten Tagen vor dem Regierungswechsel erteilt wurden.

Mitverantwortlich für die Entscheidungen ist der heutige Kanzler Olaf Scholz. Er gehörte als Finanzminister der alten Regierung dem Bundessicherheitsrat an, der für die Genehmigung heikler Rüstungsexporte zuständig ist. Die Linken-Außenpolitikerin Dagdelen kritisierte das Verhalten von Scholz scharf. „Olaf Scholz hat sich in der nur noch geschäftsführenden Regierung ein wahres Gaunerstück geleistet“, sagte sie. Ganz anders sieht das der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, der die Last-Minute-Genehmigungen verteidigte. „Das Handeln der geschäftsführenden Bundesregierung geschah innerhalb des gültigen Rechtsrahmens“, sagte Kiesewetter.

Die Rüstungsexportgenehmigungen in diesem Jahr lagen schon zum Zeitpunkt des Regierungswechsels 55 Prozent höher als 2020 mit 5,82 Milliarden Euro. Der Anteil der besonders umstrittenen Ausfuhren in die sogenannten Drittländer ist mit fast zwei Dritteln (5,95 Milliarden Euro oder 65,8 Prozent) vergleichsweise hoch. Im vergangenen Jahr waren es nur 50,1 Prozent.

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