China Warum Markus Söder in Chengdu mit einem Plüschpanda kuschelt

Markus Söder weiß, welche Bilder in die Zeitung kommen und in die Sozialen Medien.
Markus Söder weiß, welche Bilder in die Zeitung kommen und in die Sozialen Medien.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder tourt seit dem Herbst durchs Ausland wie noch nie. Aktuell ist er in China. Was treibt ihn an, was führt ihn zum chinesischen Ministerpräsidenten und zu den Pandas von Chengdu? Doch nicht etwa die deutsche Innenpolitik?

Die Panda-Dame kann sich am Ende nicht retten. Markus Söder packt sie mit beiden Händen und drückt ihr einen Kuss ins schwarz-weiße Fell. Glücklicherweise – für alle Beteiligten – ist die Panda-Dame aus Plüsch. Söder hat sie zum Ende seines Besuchs am Montag in der Panda-Aufzuchtstation im chinesischen Chengdu überreicht bekommen. Nachdem er dort viele Tiere beobachten konnte, aber eben nur aus der Ferne – darunter übrigens die beiden ehemaligen Berliner Bären Pit und Paule –, kommt er aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. „Sehr, sehr süße Tiere“, sagt er. „Einfach süß und knuddelig.“ Später am Tag kann sich ein weiterer Plüsch-Panda nicht vor Söders Kuss retten.

Man darf es wohl so deutlich sagen: Mit den knuddeligen Fotos und Videos von Söder und den Pandas hat die mehrtägige Reise des bayerischen Ministerpräsidenten nach China schon ihren ersten wesentlichen Zweck erfüllt. Natürlich: Politischer Höhepunkt ist das für Mittwoch geplante Gespräch mit Chinas Nummer zwei, Ministerpräsident Li Qiang. Und selbstverständlich geht es für einen bayerischen Regierungschef im Reich der Mitte immer um handfeste Wirtschaftsinteressen. Denen wolle er mit seiner Anwesenheit „Begleitschutz geben“, sagt er.

Optik und Inhalt

Aber Söder wäre nicht Söder, würde er bei Reiseplanungen nicht Wert darauf legen, dass es viele schöne Fotos und Videos gibt, die in den sozialen Medien viele Klicks generieren. Böse Zungen behaupten ja, eine schöne Optik sei Söder immer wichtiger als der Inhalt.

Insgesamt darf man bei Söders aktuellem Reisepensum zudem noch eine weitere Frage stellen: Versucht da ein Möchtegern-Kanzlerkandidat gerade, sich außenpolitisch zu profilieren? Zumal auch in der CSU viele einräumen, ein „geborener Außenpolitiker“ sei der innenpolitische Polterer nun mal nicht, da müsse er noch dazulernen.

Tatsächlich ist dies bereits Söders fünfte Auslandsreise der neuen Legislaturperiode, also seit Herbst. Eine Halbtagestour nach Brüssel und ein eintägiger Trip nach Serbien sind da mitgezählt. Kurz vor Weihnachten besuchte Söder Israel. Und vor wenigen Wochen war er für drei Tage in Schweden, samt Hundeschlittenfahrt – und einem Termin bei Königin Silvia. Letzteres im Gegensatz zu CDU-Chef Friedrich Merz, der vor Söder in Stockholm war. So etwas wird in Söders Delegation aufmerksam registriert. Der größte Erfolg der Schweden-Reise indes dürfte in den Augen Söders seine eigene Karaoke-Performance im ABBA-Museum gewesen sein – denn dieses kurze Video war sofort der Renner in den sozialen Medien.

Wichtig für Bayern

Auffällig ist Söders aktuelles Reisepensum schon allein deshalb, weil er in den vergangenen Jahren nur wenig unterwegs war. Erst wegen Corona, dann wegen der erstmaligen Unions-Wirren um die K-Frage vor der Bundestagswahl 2021, dann wegen der bayerischen Landtagswahl 2023. Gerade in dieser Zeit war Söder jedes bayerische Bierzelt wichtiger als ein Termin bei einem ausländischen Regierungschef.

Nun aber scheint das anders zu sein. Deshalb ist Söder jetzt ja auch für mehrere Tage in China. Ministerpräsident Li Qiang, den Söder vergangenes Jahr in München bei der Sicherheitskonferenz empfangen hatte, hat ihn eingeladen. Diesem Ruf ist Söder gefolgt, auch weil er um die Bedeutung Chinas für die bayerische Wirtschaft weiß: Das Land ist im Weltmaßstab der größte und wichtigste Handelspartner Bayerns.

Strauß – das große Vorbild

Im Reich der Mitte sind zahlreiche Firmen und Konzerne mit Hauptsitz in Bayern aktiv – dazu zählen beispielsweise BMW und Siemens. Auch deshalb pflegt der Freistaat enge politische Kontakte ins kommunistisch regierte China, hat dort mittlerweile drei Partnerprovinzen. Legendär ist zudem ein Besuch von CSU-Übervater Franz Josef Strauß beim „Großen Vorsitzenden“ Mao Tsetung im Jahr 1975. Strauß habe damals das Tor nach China geöffnet – das wolle er fortführen, sagt Söder.

In Sichuan, einer dieser drei Partnerprovinzen Bayerns, freut sich Söder, dass er empfangen wird wie der Regierungschef eines Staates: Polizeieskorte, geräumte Straßen, ein gemeinsamer Termin mit dem Gouverneur und dem Parteisekretär der Kommunistischen Partei von Sichuan. „Es scheint ein Zeichen der Wertschätzung zu sein“, sagt Söder. „Man merkt, dass Bayern hier einen guten Klang hat.“

Real- statt Moralpolitik?

Kritiker werfen Söder wie schon dessen Vorgängern vor, bei außenpolitischen Kontakten zu unkritisch zu sein. Der Historiker Frank Bösch gibt gegenüber der Münchner „Abendzeitung“ zu Protokoll: „Weiterhin gilt, dass die CSU Menschenrechten nicht ganz so hohen Stellenwert einräumt und auch mit sozialistischen Diktaturen wie China eng kooperiert.“

Söder hingegen sagt: „Bei all diesen Gesprächen ist es so, dass es immer auch eine Ansprache der schwierigen Themen gibt.“ Er mache aber Real- statt Moralpolitik: Es gehe darum, im Gespräch zu sein und in kleinen Schritten vielleicht Veränderungen zu erreichen.

Auch anderer Untertitel möglich

Das wäre dann große, das wäre Bundes- und internationale Politik. Doch dass Söder mit der Chinareise nun mögliche Kanzlerkandidaten-Ambitionen deutlich machen wolle, „sehe ich nicht“, sagt Ex-CSU-Chef Erwin Huber. Allerdings fügt er hinzu: „Aber außenpolitische Erfahrung ist für einen CSU-Vorsitzenden immer gut“. Und Söder lerne ja schnell.

Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing am Starnberger See, hingegen meint: Natürlich könne man die Reise auch mit dem Untertitel lesen: „Da wandelt ein Ministerpräsident nicht nur auf den Spuren seines großen Vorbilds, sondern sendet auch Signale in die Debatte um die Kanzlerkandidatur“.

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