Meinung Missbrauch in der Kirche: Was sich ändern muss, damit sich was ändert

Peter Kohlgraf (r), Bischof von Mainz, kommt bei der Vorstellung der Missbrauchsstudie in Mainz.
Peter Kohlgraf (r), Bischof von Mainz, kommt bei der Vorstellung der Missbrauchsstudie in Mainz.

Die am Freitag veröffentlichte Studie zum Missbrauch im Bistum Mainz seit 1945 ist schockierend. Das Unrecht, das auf über 1100 Seiten anhand von Original-Zitaten sichtbar wird, ist schwer auszuhalten. Opfer wurden oftmals diskreditiert. Und das nicht nur von der Bistumsleitung, die brüderliche Barmherzigkeit bei den Tätern walten ließ. Auch in der Gemeinde wurden sie angegriffen von Mitgliedern, die zum Pfarrer hielten. Nicht die Bischöfe, sondern die Presse und die Öffentlichkeit erzeugten einen Reformdruck. In der Studie kommen die Autoren Ulrich Weber und Johannes Baumeister zu dem Schluss, dass es das System war, das den Nährboden dafür geschaffen hat, dass die Täter weiter ihr Unwesen treiben konnten. Doch wer ist „das System“? Nicht nur die Bischöfe, die Bistumsleitung. Es fängt früher an: bei der Priesterausbildung. Die wenigsten Täter in der Studie waren pädophil. Die Autoren gehen von narzisstischen Tendenzen bei ihnen aus. In der Ausbildung seien psychosexueller Reife und persönliche Eignung zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden. Mangelhafte Kontrolle, Verantwortung, Organisation und Führung in der Kirche hätten einen weiteren Beitrag geleistet. Auch das Prozedere der Anzeigenerstattung falle den Betroffenen schwer. Doch es ist auch die Frage, wie vor Ort Aufklärung und Prävention betrieben wird: in den Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen. Nur 30 Prozent Rücklaufquote hatte die Fragebogenaktion der Autoren bei den Gemeinden und Caritas-Einrichtungen. „Das zeigt: Die Notwendigkeit vor Ort wird nicht gesehen“, so Weber. Ist dem so, wäre das bitter. Es braucht mehr als den amtierenden Mainzer Bischof Peter Kohlgraf, der beteuert Aufklärung betreiben zu wollen.

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