Bahnverkehr Pfälzer Ost-West-Hauptbahn lange gesperrt

An den letzten beiden Juli-Wochenenden und an allen Wochenenden im August wird die Bahnstrecke zwischen Neustadt (Foto) und Kais
An den letzten beiden Juli-Wochenenden und an allen Wochenenden im August wird die Bahnstrecke zwischen Neustadt (Foto) und Kaiserslautern gesperrt. Als Ersatz für die Züge fahren Busse.

Viele Züge sind derzeit wegen des 9-Euro-Tickets deutlich stärker frequentiert als sonst. Eine kritische Situation droht in der Pfalz ab Ende Juli. Die Ost-West-Hauptstrecke ist dann an sechs Wochenenden unterbrochen, weil der Abschnitt Kaiserslautern–Neustadt wegen Bauarbeiten gesperrt ist.

Der Fahrgastzuwachs durch das 9-Euro-Ticket trifft auf der Ost-West-Hauptstrecke durch die Pfalz vor allem den Regional-Express RE1 von Mannheim über Kaiserslautern und Saarbrücken nach Trier (und weiter nach Koblenz). Vor allem wenn die Züge nur mit einem einzelnen Triebwagen mit 270 Sitzplätzen fahren, reicht die Kapazität oft nicht aus. Nicht zuletzt um den RE1 zu entlasten, sind auf den parallel laufenden S-Bahn-Linien die Platzkapazitäten am Wochenende aufgestockt worden.

Ersatzbusse im Zehn-Minuten-Takt

Ganz schwierig wird die Situation aber an den Wochenenden vom 23./24. Juli bis zum 27./28. August. Dann wird der Abschnitt zwischen Kaiserslautern und Neustadt an sechs Wochenenden hintereinander wegen Bauarbeiten komplett gesperrt. Fernzüge (die derzeit in manchen Fällen eine Alternative zur 9-Euro-Ticket-bedingten Enge im RE bieten) fallen aus oder werden weiträumig umgeleitet, auch der RE 1 fährt östlich von Kaiserslautern nicht. Anstelle der S-Bahn-Züge fahren zwischen Kaiserslautern und Neustadt Busse, die für die Strecke etwa doppelt so lange brauchen. Der Zeitverlust beträgt damit (im günstigsten Fall) rund 30 Minuten gegenüber der S-Bahn und noch deutlich mehr gegenüber dem RE 1. Für die Ersatzbusse zwischen Kaiserslautern und Neustadt ist ein 10-Minuten-Takt vorgesehen.

Billig-Fernverkehr ist der wohl größte Stressfaktor

Umfangreiche Bauarbeiten wie die auf der Strecke von Kaiserslautern nach Neustadt werden mit langem Vorlauf geplant. Das sehr kurzfristig eingeführte 9-Euro-Ticket konnte dabei nicht berücksichtigt werden. Ob auf einer Strecke mit hoher 9-Euro-Ticket-Relevanz gebaut wird, ist deshalb derzeit mehr oder weniger Glückssache. Die Sommerferien werden generell gerne für größere Bauarbeiten genutzt, weil dann normalerweise das Verkehrsaufkommen etwas geringer ist. In diesem Jahr ist dies allerdings wegen der 9-Euro-Tickets in vielen Fällen anders.

Dabei hat sich im ersten Monat gezeigt, dass es massive Kapazitätsengpässe durch das 9-Euro-Ticket nicht nur auf den notorischen Problemstrecken an die Nord- und Ostseeküste gibt, sondern auch fast überall dort, wo durch das Fast-Gratis-Angebot Verkehrsströme über weitere Entfernungen entstanden sind – ähnlich wie das schon 1995 in der Anfangsphase des Schönes-Wochenende-Tickets war, mit dem bis zu fünf Personen für 15 DM deutschlandweit in Regionalzügen fahren konnten.

Regionalzüge fahren nonstop München–Nürnberg

Wegen solcher Verkehrsströme wurden nun zusätzliche Regional-Express-Züge eingerichtet, die nonstop (!) von Nürnberg nach München und zurück fahren. Bezeichnend für die aktuelle Lage ist auch, dass für diese Züge Fahrzeuge eines privaten Unternehmens verwendet werden, zu denen frühere Locomore-Wagen gehören. Dieses Wagen fuhren zeitweise in Locomore-Zügen von Stuttgart über Heidelberg nach Berlin.

Die Deutsche Bahn (DB) und ihre Wettbewerber im Regionalverkehr verfügen nur in sehr begrenztem Umfang über Fahrzeugreserven, mit denen sich das Platzangebot erweitern lässt. In der Pfalz war das noch am ehesten im S-Bahn-Verkehr zwischen Kaiserslautern und Mannheim möglich, der aber nun ab Ende Juli von der Streckensperrung im Pfälzerwald betroffen ist.

Sozialverband fordert Anschluss-Angebot

Angesichts des Anklangs, den das 9-Euro-Ticket findet, gibt es immer mehr Forderungen, das Angebot auch nach dem geplanten Auslaufen Ende August weiterzuführen. Der Sozialverband Deutschland fordert günstige Angebote für den Nah- und Regionalverkehr für die Zeit nach dem Ende des 9-Euro-Tickets. „Die Politik muss jetzt die Chance nutzen und langfristige Weichen für nachhaltige und bezahlbare Mobilität stellen, indem ÖPNV und Nahverkehr verbessert und für jeden bezahlbar werden“, sagte Verbandspräsident Adolf Bauer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Als Beispiel nannte er ein 365-Euro-Jahresticket, wie es in Wien eingeführt wurde.

Nach Ansicht von Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn, sollten zunächst das Schienennetz und der Bahnverkehr für eine stärkere Nachfrage ausgebaut und vorbereitet werden, bevor günstiger Nahverkehr angeboten wird. Zugleich müsse der Autoverkehr zum Beispiel über höhere Parkgebühren deutlich verteuert werden. „Nur über diesen Weg kann eine Verkehrswende und die Verlagerung von der Straße auf die Schiene gelingen“, sagte Naumann den Funke-Zeitungen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Bundesfinanzminister Christian Lindner (beide FDP) haben sich gegen eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets ausgesprochen und auf die Kosten von monatlich über 1 Milliarde Euro verwiesen. Lindner sagte: „Schritte in Richtung des kostenfreien ÖPNV sind kritisch, weil Knappheiten dann nicht über den Preis gesteuert werden können.“ Es bestünde die Gefahr, dass ohne Preise Kapazitäten unnötig und übermäßig genutzt würden.

Weniger Staus dank 9-Euro-Ticket

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