Afghanistan Taliban: Wollen mit Berlin enge Beziehungen
„Wir wollen starke und offizielle diplomatische Beziehungen zu Deutschland“, sagte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid der „Welt am Sonntag“. Demnach wünschten sich die Taliban von Berlin ebenso wie von anderen Ländern finanzielle Unterstützung, humanitäre Hilfe und Kooperation bei Gesundheit, Landwirtschaft und Bildung. Die Deutschen seien in Afghanistan immer willkommen gewesen, sagte Mudschahid der Zeitung. „Leider haben sie sich dann den Amerikanern angeschlossen. Aber das ist jetzt vergeben“, sagte Mudschahid.
Die Bundesregierung setzt auf Gespräche mit den Taliban, um nach dem Ende der militärischen Evakuierungsaktion die Ausreise weiterer Schutzsuchender aus dem Land zu ermöglichen. Bundesaußenminister Heiko Maas hatte vor wenigen Tagen gesagt: „Wenn es politisch möglich wäre und wenn die Sicherheitslage es erlaubt, dann sollte auch Deutschland in Kabul wieder eine eigene Botschaft haben.“ Der SPD-Politiker betonte aber auch, dass eine diplomatische Vertretung keine Anerkennung einer Taliban-Regierung bedeute.
Die Bundesregierung hat die Botschaft in Kabul geschlossen. Botschafter Markus Potzel wurde ins katarische Doha entsandt, um dort Gespräche mit den Islamisten zu führen.
US-General: Bürgerkrieg droht
US-Generalstabschef Mark Milley sagte am Wochenende bei einem Besuch in Ramstein in einem Interview mit Fox News: „Ich weiß nicht, ob die Taliban in der Lage sein werden, ihre Machtstellung zu festigen und eine Regierung zu etablieren.“ Seine Einschätzung sei, „dass sich die Lage wahrscheinlich zu einem Bürgerkrieg auswachsen wird“. Zu befürchten sei, dass sich Al-Kaida neu formiert, die Extremisten des Islamischen Staats (IS) ihren Einfluss ausbauen „oder eine Vielzahl anderer Terrorgruppen“ sich am Hindukusch breit machen.
Die FDP fordert die Bundesregierung auf, die Türkei „finanziell und technisch“ beim Weiterbetrieb des Flughafens in der afghanischen Hauptstadt Kabul zu unterstützen. Die Türkei könne „als mehrheitlich muslimisches Land eher mit den Taliban verhandeln als andere Nato-Partner“, sagte FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff der „Welt am Sonntag“.
UNHCR: Hungersnot im Winter
Nach Einschätzung der Vereinten Nationen droht Afghanistan spätestens im kommenden Winter eine Hungersnot. Schon jetzt wisse jeder Dritte im Land nicht, wo er seine nächste Mahlzeit herbekommen solle, sagte Chris Melzer vom Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Es gebe zudem 3,5 Millionen Vertriebene innerhalb Afghanistans. Darunter seien viele Bauern, die ihre Felder nicht mehr bestellen könnten.