Politik Neue Antidiskriminierungs-Beauftragte: Streitbare Publizistin

Die Publizistin Ferda Ataman nimmt nach ihrer Wahl auf der Besuchertribüne im Bundestag den Applaus der Regierungsfraktionen ent
Die Publizistin Ferda Ataman nimmt nach ihrer Wahl auf der Besuchertribüne im Bundestag den Applaus der Regierungsfraktionen entgegen.

Die Personalie ist umstritten, jetzt wurde Ferda Ataman zur Antidiskriminierungs-Beauftragten der Bundesregierung gewählt. Warum sich viele an der 43-Jährigen stören.

Vier Jahre war die Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vakant. Dass Ferda Ataman den Posten übernehmen soll, sorgte für hitzige Kontroversen. Die von der Ampel-Regierung vorgeschlagene Politologin und Publizistin ist für viele ein rotes Tuch. Am Donnerstag erhielt sie aber die erforderliche Mehrheit. Auf Ataman entfielen 376 Ja-Stimmen, 278 Abgeordnete stimmten gegen sie, 14 enthielten sich.

Die 1979 in Stuttgart geborene und in Nürnberg aufgewachsene Ataman ist Journalistin, Autorin und Diversitäts-Expertin. Sie studierte Politikwissenschaften mit dem Schwerpunkt „Moderner vorderer Orient“, schon an der Universität konzentrierte sie sich auf die Themen Migration und Integration. Ihr erster Job nach dem Studium: Sie arbeitete für den CDU-Politiker Armin Laschet, der 2005 Integrationsminister in Nordrhein-Westfalen wurde – und eine Redenschreiberin mit türkischem Hintergrund suchte.

Horst Seehofers Abneigung

2007 machte Ataman eine Ausbildung an der Berliner Journalistenschule und arbeitete danach in verschiedenen Zeitungsredaktionen. Von 2010 bis 2012 leitete sie das Referat Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. 2009 gründete sie das Netzwerk „Neue deutsche Medienmacher*innen“ mit, das sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzt. Von 2013 bis 2016 leitete die 43-Jährige, deren Eltern aus der Türkei nach Deutschland kamen, den Mediendienst Integration, eine wissenschaftliche Plattform für Journalisten zu den Themen Migration, Integration und Asyl.

Dem vom damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eingeführten Heimatministerium bescheinigte Ataman, das sei „vor allem Symbolpolitik für potenziell rechte Wähler“. Der CSU-Politiker boykottierte dann im Juni 2018 den Integrationsgipfel im Kanzleramt, weil er sich von Ataman mit der „Blut und Boden“-Ideologie der Nazis in Verbindung gebracht sah.

Die Bezeichnung „Kartoffel“

Mit ihrem 2019 erschienenen Buch „Hört auf zu fragen. Ich bin von hier“ löste Ataman eine Debatte über Zugehörigkeit in Deutschland aus. Wenig später sorgte sie mit ihrer „Spiegel“-Kolumne „Heimatkunde“ für Aufruhr, in der es um die Frage ging, wie Deutsche ohne Migrationshintergrund genannt werden könnten. Dass sich viele „Ureinheimische“ an der Bezeichnung „Kartoffel“ stören und diese als rassistisch empfinden, kann Ataman nicht verstehen – schließlich würden auch Menschen mit Migrationshintergrund „ständig nach Wurzeln, Religionen oder Stämmen sortiert“.

Als klar war, dass Ataman Leiterin der Antidiskriminierungsstelle werden soll, gab es empörte Reaktionen. Der Parlamentsgeschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, sprach von einer „krassen Fehlbesetzung“. Ataman sei eine „linke Aktivistin“ und bisher vor allem mit „verbalen Ausfällen gegenüber Menschen ohne Migrationshintergrund“ aufgefallen. Die FDP-Politikerin Linda Teuteberg kritisierte, dass Ataman eine Reihe von Tweets gelöscht haben soll, die sie möglicherweise in Bedrängnis gebracht hätten. Und auch unter Migranten ist Ataman umstritten. Ihr gehe es nur um „muslimisch geprägte MigrantInnen“, kritisierte die Initiative MigrantInnen für Säkularität und Selbstbestimmung. Andere Organisationen wie der Rat für Migration begrüßten die Personalie aber.

Die Antidiskriminierungsstelle ist beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelt. Die Leitung, die bis 2018 Christine Lüders innehatte, war jahrelang vakant, weil bisher das Ministerium den Posten besetzte – wogegen es Konkurrentenklagen gab. Erstmals hatte nun der Bundestag das letzte Wort.

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