Meinung Die Klima-Kleber haben sich verrannt
Sie haben es wieder getan, dieses Mal gleich an mehreren Orten. Klima-Aktivisten der Letzten Generation haben am Donnerstag an verschiedenen Flughäfen den Betrieb gestört oder zeitweise zum Erliegen gebracht. Anders als ihre Gesinnungsgenossen in Österreich, die vergangene Woche das Ende solcher und ähnlicher Aktivitäten verkündeten, halten die Aktivisten hierzulande an ihren Blockaden und Klebe-Aktionen fest.
Dabei müsste ihnen längst klar sein, dass sie sich verrannt haben. Wer versucht, ein im Grundsatz richtiges Ziel mit den falschen Mitteln und Methoden zu erreichen, der wird höchstwahrscheinlich scheitern. Genau dieses Schicksal droht der Letzten Generation. Statt, was notwendig und wünschenswert wäre, in der Bevölkerung mehr Verständnis für die Dringlichkeit klimapolitischer Maßnahmen zu wecken, bewirken die Blockaden, ob von Straßen oder Flughäfen, genau das Gegenteil: Viele Menschen fühlen sich gestört und genervt, akzeptieren es nicht, bei der Fahrt zur Arbeit oder bei der Flugreise in den Urlaub behindert zu werden. Und so mancher Politiker nutzt die Gelegenheit, auf der Empörungswelle gegen die „Klima-Chaoten“ zu surfen und so gleichzeitig davon abzulenken, dass die Politik bislang nicht willens und fähig ist, endlich ihre Hausaufgaben in Sachen Klimaschutz zu erledigen.
Woher rührt die Empörung, die den Klima-Klebern entgegenschlägt?
Woher aber rührt die Empörung, die teilweise in regelrechten Hass umschlägt, die den Klima-Klebern entgegenschlägt? Das Behindern des Verkehrs allein kann nicht der Grund sein: Als Landwirte zu Beginn des Jahres bundesweit Autobahnen und andere Straßen blockierten, stieß das nicht ansatzweise auf solche Kritik und Ablehnung. Offensichtlich wird der Protest der Bauern, wenngleich er Zumutungen für viele Bürger mit sich bringt, als in weiten Teilen legitim und nachvollziehbar betrachtet. Wehren sich hier doch, so die verbreitete Sichtweise, hart arbeitende Menschen gegen Regelungen und Maßnahmen, die sie im Extremfall in ihrer beruflichen Existenz gefährden. Dagegen erscheint Widerstand angebracht, ja geradezu geboten.
Hingegen gelten die Vertreter der Letzten Generation im besten Fall als naive Träumer und Spinner, die ihren Mitbürgern vorschreiben wollen, wie sie zu leben und was sie zu unterlassen haben. Vor allem nerven sie, weil sie penetrant auf die Folgen unserer Wohlstands-, Konsum- und Wegwerfgesellschaft für Klima und Umwelt hinweisen – und so zumindest bei dem einen oder anderen das ansonsten sorgsam abgeschirmte schlechte Gewissen ans Tageslicht ziehen.
Es bleibt richtig, Versäumnisse zu benennen und zu kritisieren
Bundesinnenministerin Nancy Faeser bezeichnet die Aktionen der „Letzten Generation“ als „gefährlich und dumm“. Der Ministerin sollte bewusst sein, dass sich aus Sicht von Klimaschützern das klimapolitische Handeln – beziehungsweise Nicht-Handeln – dieser und vieler anderer Regierungen mit Blick auf die absehbaren Folgen für künftige Generationen ähnlich charakterisieren lässt.
Diese Versäumnisse zu benennen und zu kritisieren, ist und bleibt richtig und notwendig. Das Vorgehen der Letzten Generation hat sich diesbezüglich als ungeeignet und kontraproduktiv erwiesen. Die Klebe-Aktivisten sollten die Kraft aufbringen, sich davon zu lösen.