Donnersbergkreis Kirchheimbolanden: Spezialkräfte stellen Räuber

Die Spezialkräfte der Polizei observierten den Tatort am Hotel Braun, in dessen Erdgeschoss sich die Sparda-Bank-Filiale befinde
Die Spezialkräfte der Polizei observierten den Tatort am Hotel Braun, in dessen Erdgeschoss sich die Sparda-Bank-Filiale befindet, unter anderem aus einem der Hotelzimmer. Zur Festnahme kreiste ein Polizei-Hubschrauber lange über dem Areal und leuchtete die Szenerie aus.

Vier Mitglieder einer Geldautomaten-Aufbrecher-Bande am Hotel Braun geschnappt

Für die Täter kommt der Zugriff völlig überraschend: Spezial-Einsatzkräften des Landeskriminalamts Baden-Württemberg ist es in der Nacht auf Mittwoch gelungen, vier mutmaßliche Geldautomaten-Räuber an der Sparda-Bank-Filiale in der Kirchheimbolander Uhlandstraße auf frischer Tat festzunehmen. Dem Einsatz gingen nach Auskunft der zuständigen Staatsanwaltschaft Karlsruhe und des Landeskriminalamts Baden-Württemberg umfangreiche Ermittlungen voraus. Demnach sollen die mutmaßlichen Täter zu einer polnischen Gruppe gehören, die bundesweit für Sprengungen von Geldautomaten verantwortlich sein soll.

Kirchheimbolanden im Visier

Offenbar hatten die Täter die Kirchheimbolander Sparda-Bank, die sich direkt unterhalb des Hotels Braun befindet, schon länger im Visier. Was sie aber nicht ahnten: Bei allen Vorbereitungen und dem Ausspähen der Tatobjekte war ihnen die Polizei bereits dicht auf den Fersen. Die Beamten hatten nach mehreren Automaten-Sprengungen im Landkreis Karlsruhe ein Fluchtfahrzeug sicherstellen und die Tatverdächtigen „lokalisieren“ können. „Im Rahmen unserer weiteren Ermittlungen konnten wir feststellen, dass sich diese Personen auch in Hessen und Rheinland-Pfalz bewegen“, erklärt Tobias Wagner von der Karlsruher Staatsanwaltschaft. In Zusammenarbeit mit den Polizeipräsidien in Mainz und Frankfurt sei dann der Einsatz in Kirchheimbolanden geplant worden.

Observation im Hotel-Zimmer

Als das Telefon von Martin Braun, Inhaber des Hotels in der Uhlandstraße, am Dienstagabend kurz nach 22 Uhr klingelt, hält er das, was ihm seine Mitarbeiterin berichtet, erstmal für einen Scherz: Mehrere Männer mit Funkgeräten im Ohr hätten sich an der Rezeption als Polizisten ausgewiesen und um ein Zimmer mit Blick auf den Parkplatz gebeten. „Heutzutage weiß man ja nie, ob das echte Zivilpolizisten sind“, sagt Braun im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Eine Nachfrage bei der örtlichen Dienststelle der Polizei bringt aber auch keine Klarheit. Von einem Polizeieinsatz will man dort nämlich nichts wissen. „Die Männer haben meiner Mitarbeiterin aber ihre Ausweise gezeigt. Dann haben wir zugestimmt. Wir hatten allerdings das Problem, dass wir ausgebucht waren“, sagt Braun. Nach kurzer Rücksprache habe man dann den Zivilbeamten einen Schlüssel zu den Housekeeping-Räumen gegeben, die ebenfalls einen guten Blick auf den gegenüberliegenden Supermarkt bieten. Dass sein Hotel und der Parkplatz nur kurze Zeit später Schauplatz eines spektakulären Polizeieinsatzes werden sollten, davon ahnte Braun freilich nichts – und legte sich wieder schlafen ...

Ein Täter auf der Flucht

Mit der Nachtruhe vorbei war es dann in Kirchheimbolanden kurz nach 2 Uhr nicht nur für die Hotelgäste: „Der Hubschrauber machte einen Höllenlärm und kreiste ewig lang über Kirchheimbolanden“, berichtet ein Anwohner. Ein Suchscheinwerfer habe alles aus der Luft in gleißendes Licht gesetzt. „Das sah aus wie im Film.“ Mehr als 40 Spezialkräfte, später unterstützt von der örtlichen Polizei, sind in Kirchheimbolanden vor Ort. Besagter Hubschrauber wartet ebenfalls in nächster Nähe bereits auf den Einsatz der Polizei, die sich an strategischen Stellen im gesamten Stadtgebiet unsichtbar postiert hat. Der Zugriff erfolgt kurz nach 2 Uhr. Die vier mutmaßlichen Täter sind gerade aus ihrem Wagen gestiegen, in dem sich offensichtlich alle notwendigen Utensilien zur Sprengung des Geldautomaten befinden, und haben begonnen, die Überwachungskameras in der Bankfiliale außer Betrieb zu nehmen. Nach Informationen der RHEINPFALZ gelingt einem Täter zunächst noch die Flucht, mithilfe des Hubschraubers kann der Mann aber auf freiem Feld gestellt werden. Ein weiterer mutmaßlicher Tatbeteiligter wird im Rahmen der anschließenden Ermittlungen in einer Wohnung im Kreis Bergstraße/Hessen festgenommen. Die Staatsanwaltschaft beantragt gegen alle fünf Tatverdächtigen im Alter von 32, 35, 39, 40 und 41 Jahren Haftbefehl.

Spurensicherung vor Ort

Gegen 13 Uhr rollen am Mittwoch zwei Kleinbusse der Polizei auf den Parkplatz der Kreisverwaltung. Zahlreiche Polizisten steigen aus, laufen über den Parkplatz, bleiben neben der Sparda-Bank-Filiale stehen. Mit Handschuhen ausgestattet durchsuchen sie die Hecken. Wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Mainz auf Anfrage der RHEINPFALZ mitteilt, handelt es sich dabei um ein Team der Spurensuche. Am Hit-Markt und auch gegenüber am Hotel Braun sowie der dort befindlichen Sparda-Bank-Filiale geht dagegen alles seinen gewohnten Gang. Höchstwahrscheinlich wäre das an diesem Tag nicht möglich gewesen, hätten die Täter in Kirchheimbolanden wie auch in vielen anderen Orten zugeschlagen. In Rheinland-Pfalz häufen sich die Fälle solcher Anschläge seit Langem. Das Polizeipräsidium Mainz hat deswegen eine zentrale Ermittlungsgruppe für Rheinland-Pfalz gebildet. Nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) haben Täter im vergangenen Jahr 23 Mal zugeschlagen, davon waren sie elfmal erfolgreich. Dass ihnen das in der Nacht auf Mittwoch in Kirchheimbolanden nicht gelang, freut nicht nur die Polizei. Für Hotelier Braun wären die Folgen einer Sprengung des Geldautomaten, der sich ja im Hotelgebäude befindet, nicht absehbar. Und auch Andreas Manthe, Sprecher der Sparda-Bank, zeigt sich gegenüber der RHEINPFALZ erleichtert: „Wir waren an anderen Orten schon mehrfach Opfer, teilweise mit erheblichem Sachschaden. Wir sind vor allem froh, dass niemand verletzt wurde.“ Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln nun fieberhaft weiter. Die große Frage: Können der Tätergruppe weitere Aufbrüche, vielleicht auch in der Region, zugeordnet werden, und gelingt es den Ermittlern, an die Hintermänner zu kommen?

Erst vor wenigen Tagen wurde ein Geldautomat mit erheblichem Sachschaden in Ludwigshafen gesprengt.
Erst vor wenigen Tagen wurde ein Geldautomat mit erheblichem Sachschaden in Ludwigshafen gesprengt.
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