Verkehrspolitik Kritik an Wissings Klima-„Sofortprogramm“
Weil im Verkehr und in Gebäuden zu viel Treibhausgase ausgestoßen werden, muss die Bundesregierung beim Klimaschutz nachsitzen. Am Mittwoch präsentierten drei Ministerien Aufhol-Programme. Doch zugleich wurde klar: Das geplante große Klimapaket liegt erstmal auf Eis. Zu groß sind die Differenzen zwischen FDP-geführten Ministerien wie dem Verkehrsressort auf der einen und von den Grünen geführten Ministerien wie dem Wirtschaftsressort auf der anderen Seite.
Während das SPD-geführte Bau- und das grün-geführte Wirtschaftsministerium gemeinsam auftraten, präsentierte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sein Programm für den Verkehrssektor allein. 2021 waren die verkehrsbedingten CO2-Emissionen mit 148 Millionen Tonnen drei Millionen Tonnen höher als laut Klimaschutzgesetz zulässig. Wissing legte am Mittwoch ein „Sofortprogramm“ vor und setzt darin unter anderem auf einen Ausbau der Ladeinfrastruktur für Autos und Lkw, auf mehr Radverkehr, mehr und bessere Busse und Bahnen und weniger Verkehr durch mehr Homeoffice.
Experte sieht „gigantische Umsetzungslücke“
Für Malte Hentschke-Kemper von der Klima-Allianz Deutschland enthält Wissings Plan „keine ausreichenden Maßnahmen, um die im Klimaschutzgesetz geforderten Reduktionsziele für die kommenden Jahre zu erreichen.“ Der Experte spricht von einer „gigantischen Umsetzungslücke“, die sich nicht mit E-Fuels und der Förderung von Elektro- und Hybridfahrzeugen schließen lasse.
Laut Alex Auf der Maur, der beim Baseler Prognos-Institut die Klimamodelle für den Verkehrssektor leitet, ist weiterhin damit zu rechnen, dass der Verkehrssektor seine Klimaziele auch in den kommenden Jahren verfehle. „Die zusätzlichen Maßnahmen reichen nicht aus, um auf den Zielpfad zurückzukommen“, sagt er dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“.
Ähnlich sieht das Wiebke Zimmer von der Agora Verkehrswende. Auf die Frage, was in Wissings Programm fehle, sagte sie dem „Spiegel“: „Eigentlich alles.“ Nötig sei weiterhin ein Gesamtkonzept. Zentrale Elemente müssten darin eine Reform von Kfz-Steuer und Dienstwagenprivileg sein, damit die von der Bundesregierung erhofften 15 Millionen Elektroautos bis 2030 auch tatsächlich kommen. Außerdem unter anderem massive Investitionen in die Schiene und ein Tempolimit. „Wenn wir im Verkehr nicht alle Hebel ziehen, ist das Klimaziel nicht zu schaffen“, betonte Zimmer.