Politik Zinsen für Steuersünder zu hoch

«München.» Die Finanzämter verlangen von säumigen Steuerzahlern nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) zu hohe Zinsen. Geklärt werden muss die Höhe der Zinssätze letztlich vom Bundesverfassungsgericht.

Das oberste deutsche Finanzgericht hat „schwerwiegende“ Zweifel daran geäußert, ob der seit 1961 unveränderte Satz von sechs Prozent pro Jahr angesichts der dauerhaften Niedrigzinsen noch verfassungsgemäß ist (Aktenzeichen IX B 21/18). Der gestern veröffentlichte Beschluss mit Bezug auf ein Verfahren am Finanzgericht Köln bezieht sich auf die Jahre seit 2015. Die Entscheidung gefällt hat der IX. Senat, dem Gerichtspräsident Rudolf Mellinghoff vorsitzt. Der Leitzins der Europäischen Zentralbank liegt seit 2011 unter einem Prozent. Das BFH mit Sitz in München urteilte, nun sei der Gesetzgeber am Zug. Er habe das Problem mit den Niedrigzinsen zwar erkannt und vergleichbare Sätze an anderer Stelle geändert, bei den Nachzahlungszinsen bisher aber nichts getan, rügte der BFH. Das Bundesfinanzministerium erklärte, der Zinssatz liege seiner Auffassung nach im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen. Ein anderer Senat des BFH hatte noch vor wenigen Monaten die von den Finanzämtern verlangten Nachzahlungszinsen für das Jahr 2013, aber auch die Guthabenzinsen als unproblematisch erachtet. Beim Bundesverfassungsgericht liegen dem Wirtschaftsprüfer-Verband IDW zufolge bereits zwei Verfassungsbeschwerden vor, die sich auf die Jahre bis 2012 und 2014 beziehen. Bis zur endgültigen Klärung dürften damit alle betroffenen Steuerbescheide als vorläufig gelten. Wer bisher keinen Widerspruch gegen seinen Steuerbescheid eingelegt hat, geht allerdings nach einem Karlsruher Richterspruch wohl leer aus.

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