Politik Fünf Sterne und Lega machen milliardenschwere Versprechen

Luigi Di Maio ist Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, soll aber auf Druck des künftigen Koalitionspartners nicht Ministerpräsident we
Luigi Di Maio ist Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, soll aber auf Druck des künftigen Koalitionspartners nicht Ministerpräsident werden.

«Rom.»Hin zu Russland, weg von der EU, mehr Schulden und weniger Migranten: Der Regierungsvertrag zwischen der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der fremdenfeindlichen Lega in Italien steht.

Die beiden europakritischen Parteien einigten sich nach wochenlangem Taktieren auf ein Programm, das kostspielige Versprechen wie Steuersenkungen vorsieht. Dies dürfte aber kaum mit den Verpflichtungen in der Eurozone zu vereinbaren sein. Europakritische Passagen wurden dagegen wieder etwas entschärft. Eine Einigung über einen Regierungschef steht noch aus. Bis Montag soll er feststehen, damit Staatspräsident Sergio Mattarella Kandidaten wie Regierungsprogramm unter die Lupe nehmen kann. Den kompletten Koalitionsvertrag für die „Regierung des Wandels“ veröffentlichten die Sterne gestern auf ihrer Internetseite. Dort sollten alle Unterstützer der Anti-Establishment-Bewegung bis zum Abend abstimmen. Auch die Lega will ihre Mitglieder am Wochenende noch über das Regierungsprogramm entscheiden lassen. Es wird mit einer Zustimmung gerechnet. Anfang nächster Woche könnte Staatspräsident Sergio Mattarella dann einer der ungewöhnlichsten Regierungen des Landes seinen Segen geben. Die Sterne waren noch nie in einer nationalen Regierung und kämpften stets für die Abschaffung der alten politischen Kaste. Mit der Lega, die vor allem im reichen Norden des Landes stark ist, gibt es grundlegende Differenzen. Sterne-Chef Luigi Di Maio sprach dennoch von einer „Welle des Wandels“, an der nun alle Italiener teilhaben könnten. „Eine neue Ära wird beginnen.“ In ihrem Programm stehen Lega und Sterne-Bewegung für eine Außenpolitik ein, die die nationalen Interessen in den Mittelpunkt rückt und „die Interessen Italiens in Europa besser schützt“. Die Zugehörigkeit Italiens zur Nato wird bekräftigt. Gleichzeitig wird von einer Öffnung zu Russland gesprochen, das keine Bedrohung sei, sondern ein zunehmend wichtiger Wirtschaftspartner. Die Sanktionen müssten daher aufgehoben werden. Von einem Szenario zum Euro-Austritt war in dem Koalitionspapier nichts mehr zu lesen – dies hatte in einem durchgesickerten Entwurf noch für Unruhe gesorgt. Beim Punkt Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit ist davon die Rede, die europäischen Verträge „neu zu diskutieren“. Eine neue Regierung wolle das Defizit zwar drücken, aber nicht durch eine Sparpolitik, sondern durch Wirtschaftswachstum. Italien hat eine Staatsverschuldung von mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung – so viel wie kaum ein anderes Land der Welt und weit mehr als die in der Eurozone vorgesehenen 60 Prozent. Die Einführung von nur zwei Steuersätzen von 15 und 20 Prozent, von einem Grundeinkommen von 780 Euro im Monat und die Aufhebung der Rentenreform – alles in dem Regierungsvertrag enthalten – kosten nach Angaben von Experten rund 100 Milliarden Euro. Beide Parteien wollen weniger Migranten im Land haben. Die Abschiebung von rund 500.000 „Illegalen“ habe „Priorität“, heißt es. Statt für die Unterbringung der Migranten soll das Geld für Rückführungen ausgegeben werden. Zudem wollen die künftigen Regierungspartner die Dubliner EU-Verträge neu aushandeln, die besagen, dass Migranten dort Asyl beantragen müssen, wo sie erstmals die EU betreten haben. An Italiens Küsten kamen seit 2014 mehr als 630.000 Migranten über das Meer an. Die Stimmung im Land ist daher immer ausländerfeindlicher geworden – und der Frust wegen der EU immer größer, der es nicht gelungen ist, die Ankömmlinge auf ganz Europa umzuverteilen. Kommentar

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