Lieferkettengesetz Deutschen Unternehmen drohen Probleme in Xinjiang

Ein Angehöriger der uigurischen Minderheit; im Hintergrund ein Mitglied der chinesischen Sicherheitskräfte in Xinjiang.
Ein Angehöriger der uigurischen Minderheit; im Hintergrund ein Mitglied der chinesischen Sicherheitskräfte in Xinjiang.

Wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Provinz Xinjiang könnten deutsche Unternehmen bald gezwungen sein, ihre dortigen Aktivitäten einzuschränken oder ganz einzustellen. Auch die BASF ist dort tätig.

In der Provinz im Nordwesten Chinas wird die muslimische Minderheit der Uiguren unterdrückt. Mit Inkrafttreten des geplanten Lieferkettengesetzes erscheine „eine Pflicht deutscher Unternehmen zum Abbruch der Geschäftsbeziehungen zu ihren chinesischen Zulieferern fast unausweichlich“, wenn diese Zwangsarbeiter einsetzten, heißt es in einem von den Grünen in Auftrag gegebenen Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags. Andernfalls drohten den deutschen Unternehmen Bußgelder. In Einzelfällen könne sich auch eine „individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmensmitarbeitern“ ergeben. Deutsche Unternehmen mit Niederlassungen in Xinjiang beschäftigten zwar selbst keine uigurischen Zwangsarbeiter, könnten aber von „günstigen Marktkonditionen“ und Lieferketten chinesischer Zulieferunternehmen profitieren.

In dem Gutachten wird darauf verwiesen, dass durch das vom Kabinett im März auf den Weg gebrachte Lieferkettengesetz eine neue Rechtslage entstehe. Zwar seien durch die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen verpflichtet, Menschenrechte zu achten, wo immer sie ihre Geschäftstätigkeit ausüben. Die Umsetzung sei jedoch rechtlich nicht einklagbar. Das ändere sich in Deutschland, sobald das Lieferkettengesetz in Kraft trete.

Hohe Bußgelder drohen

Der Gesetzentwurf sieht für große Unternehmen Bußgelder von bis zu zwei Prozent des jährlichen Umsatzes vor, wenn sie nicht gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße bei ihren weltweiten Zulieferern vorgehen. Betroffen wären ab 2023 zunächst Unternehmen mit mehr als 3000 in Deutschland Beschäftigten und ab 2024 auch Firmen ab 1000 Beschäftigten. Der Bundestag berät am Donnerstag über den Entwurf.

Neben anderen deutschen Firmen ist auch die BASF in Xinjiang tätig. Nach eigenen Angaben betreibt der Chemiekonzern in der Stadt Korla mit der Markor Group zwei Produktionsstätten als Joint Ventures. In zwei Anlagen werde Butandiol (BDO) und Polytetrahydrofuran (PolyTHF®) hergestellt. In den beiden Joint Ventures sind demnach insgesamt 124 Vollzeitbeschäftigte tätig.

BASF: Bei Prüfungen keine Hinweise auf Zwangsarbeit

Ein Unternehmenssprecher teilte mit, dass bei beiden Joint Ventures im vierten Quartal 2019 ein internes Audit durchgeführt worden sei. Dieses habe keine Hinweise auf Verstöße gegen den konzerneigenen Verhaltenskodex ergeben. Im 1. Halbjahr 2020 seien die Arbeitsverhältnisse vor Ort erneut überprüft worden. Zusätzlich seien im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Hintergrundprüfungen der Lieferanten der Joint Ventures in Korla durchgeführt worden. Bei „keiner dieser Überprüfungen“ seien Hinweise auf Zwangsarbeit oder andere Menschenrechtsverletzungen entdeckt worden. Der Sprecher betonte, dass neben Gesetzen und Vorschriften sehr hohe ethische Standards „fester Bestandteil unserer weltweiten Unternehmenskultur“ seien. Der BASF-Verhaltenskodex gelte „an allen unseren Standorten“. Dieser Kodex regele die Verhaltensanforderungen an alle BASF-Mitarbeiter im Umgang mit Geschäftspartnern, Behörden, Kollegen und der Gesellschaft, unter anderem in den Bereichen Menschenrechte, Arbeits- und Sozialstandards.

Die Grünen forderten die deutschen Unternehmen auf, Konsequenzen zu ziehen. „Jedes deutsche Unternehmen muss sich jetzt ernsthaft die Frage stellen, ob es Geschäftsbeziehungen nach Xinjiang unter diesen Bedingungen weiter aufrechterhalten will“, sagte die menschenrechtspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Margarete Bause.

Kritik von der Industrie

Kritik an dem geplanten Gesetz kam vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Hauptgeschäftsführer Joachim Lang forderte eine Ombudsstelle in Deutschland, bei der weltweite Menschenrechtsverletzungen gemeldet werden können. „Diese Aufgabe dem Mittelständler aus Paderborn oder Kusel zu übertragen, wird an den Umständen vor Ort weniger ändern, als möglich und nötig wäre“, kritisierte Lang.

Menschenrechtsorganisationen zufolge sind in Xinjiang mindestens eine Million Angehörige der Uiguren und anderer muslimischer Minderheiten in Haftlagern eingesperrt. Dort werden sie den Angaben zufolge zur Aufgabe ihrer Religion, Kultur und Sprache gezwungen und teilweise auch misshandelt. Peking weist die Vorwürfe zurück und spricht von Ausbildungs- und Arbeitsprogrammen gegen Extremismus.

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