Meinung Bei der Rente wären mutigere Schritte nötig gewesen

Nach den Sparbeschlüssen der Ampelkoalition fehlen der Deutschen Rentenversicherung jährlich 1,1 Milliarden Euro.
Nach den Sparbeschlüssen der Ampelkoalition fehlen der Deutschen Rentenversicherung jährlich 1,1 Milliarden Euro.

Das Rentenpaket soll dafür sorgen, dass Beiträge zur Rente länger stabil bleiben. Gleichzeitig greift die Ampel ungeniert in die Rentenkasse. Das ist nicht vorausschauend.

Wie schon die große Koalition oder Rot-Grün zuvor, bedient sich auch die Ampel bei der Rentenversicherung. Nach der Klatsche durch das Karlsruher Verfassungsgericht hat die Regierung bei der hektischen Suche nach Sparmöglichkeiten für die fehlenden Milliarden auch beim Bundeszuschuss den Rotstift angesetzt. Der aber ist keine Subvention für eine schlecht wirtschaftende Sozialversicherung. Mit dem Geld werden Leistungen bezahlt, die die Politik gewollt hat, die gesamtgesellschaftlich wichtig sind und damit eigentlich steuerfinanziert sein sollten: wie die Grundrente oder die Mütterrente. Gleichzeitig sollen damit die Folgen des demografischen Wandels abgefedert werden. Wenn jetzt mit den Babyboomern jährlich immer mehr Menschen in Rente gehen, stehen ihnen gleichzeitig immer weniger Beitragszahler gegenüber.

Auch wenn Details noch nicht offengelegt wurden: Das einst Aktienrente und jetzt Generationenkapital getaufte Instrument zur Finanzstabilisierung ist viel zu mager ausgestattet. Bis 2030 sollen jährlich zehn Milliarden Euro in einen Fonds fließen, um mit dessen Erträgen die Beitragshöhe stabil gehalten werden. Zu bedenken ist die hohe Volatilität bei Fonds, selbst bei jenen mit geringerem Anlagerisiko. Und sollte der Fonds ähnlich rigiden Anlageregeln unterliegen, wie sie die Deutsche Rentenversicherung (DRV) beachten muss, werden die Erträge kaum ins Gewicht fallen. So musste die DRV in der Niedrigzinsphase mehrere Hundert Millionen Euro an Minuszinsen verkraften, weil sie sich wegen strenger gesetzlicher Vorgaben nur äußerst eingeschränkt am Kapitalmarkt bewegen darf.

Um die Rentenfinanzen für viele Jahre auf stabile finanzielle Beine zustellen, wären mutigere Schritte nötig gewesen, die auch diese Regierung offenbar nicht zu gehen wagte. Etwa die Riester-Rente auf neue Füße zu stellen. Seit Längerem ist überdeutlich, dass private Altersvorsorge zu einer immer wichtigen Säule im Gesamtsystem Rente wird. Doch viele Angebote im komplexen Policen-Dschungel haben sich bisher eher als Renditekiller entpuppt. Gelohnt hat sich das Geschäft meist für Banken und Versicherungen. Doch dieser Geburtsfehler der Riester-Rente wurde nie beseitigt. Nötig wären wenige Anlagemöglichkeiten mit einer verlässlichen Renditeaussicht und ein klares und verständliches Regelwerk. Das bisherige ist es nicht.

Ebenfalls nicht im Rentenpakte II enthalten ist der schon länger diskutierte Vorschlag, Selbstständige verpflichtend ins Rentensystem zu integrieren. Das hätte, auch wenn die Wirtschaftsforscher des Ifo-Instituts sich jüngst kritisch äußerten, Vorteile und könnte helfen, die Beiträge für alle stabil zu halten.

Viel wichtiger jedoch als immer wieder an Stellschrauben bei der Rentenversicherung zu drehen, sind wirksame Weichenstellungen am Arbeitsmarkt: Mehr Menschen eine Beschäftigung zu verschaffen, die sozialversicherungspflichtig ist. Die Minijobs haben diese Erwartung nicht erfüllt. Wohingegen der Mindestlohn mit Blick auf Altersarmut und Rentenbeitragseinnahmen sicher einen positiven Effekt hat. Doch das allein reicht nicht.

Und es reicht auch nicht, zufrieden damit zu sein, dass der Arbeitsmarkt boomt und sich viele Beschäftigte über hohe Tarifabschlüsse freuen können. Denn längst nicht alle genießen deutliche Lohnsteigerungen, etwa weil sie in nicht tarifgebundenen Betrieben oder in Branchen mit marginalen Abschlüssen beschäftigt sind. Das von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) avisierte Gesetz, wonach öffentliche Aufträge ab einer bestimmten Summe nur an Firmen vergeben werden dürfen, die Tariflöhne zahlen, wäre ein Anfang.

Hier lesen Sie einen ausführlichen Hintergrund-Beitrag zu den Baustellen bei der Rentenversicherung.

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