Meinung AfD: Eindeutiges Urteil mit ungewissen Folgen

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, sieht sich in seinem Kurs bestärkt.
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, sieht sich in seinem Kurs bestärkt.

Die AfD ist mit ihrer Klage gegen den Verfassungsschutz erwartungsgemäß gescheitert. Jetzt also ein Parteiverbotsverfahren – und das Thema ist erledigt? So einfach wird das nicht funktionieren.

Die Richter des Oberverwaltungsgerichts für Nordrhein-Westfalen haben sich mehr Zeit genommen als geplant. Statt nach nur zwei Tagen mündlicher Verhandlung zu entscheiden, gab es fünf weitere Sitzungstermine in Münster. Geduldig ließen der Vorsitzende Gerald Buck und seine Kollegen die Prozessbevollmächtigten der AfD unzählige Anträge vorbringen, mit denen sie nachzuweisen versuchten, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die Partei zu unrecht als sogenannten rechtsextremistischen Verdachtsfall führt.

Es hat nichts geholfen, das Urteil ist eindeutig: Die AfD darf vom Inlandsgeheimdienst beobachtet werden. Es lägen „hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte“ dafür vor, dass die Partei sich gegen die Menschwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip richtet, ist der Senat überzeugt.

Das sind schwerwiegende Vorwürfe, umso wichtiger war eine gründliche Prüfung des Sachverhalts. Das ist der Rechtsstaat auch jenen schuldig, die gerne gegen das „System“ agitieren. Denn man darf nicht vergessen, dass es hier um gewichtige Eingriffe geht, stehen Parteien doch unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Überhaupt ist ein „Frühwarnsystem“ wie der Verfassungsschutz, der durch seine Arbeit in den politischen Wettstreit eingreifen kann, eine deutsche Besonderheit gemäß dem Konzept der wehrhaften Demokratie – nach den Erfahrungen in der Weimarer Republik mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus.

Paraderolle als verfolgte Unschuld

Letztlich stand bei dem Verfahren in Münster vor allem für das Bundesamt viel auf dem Spiel. Hätte das Gericht die Einstufung der Partei und die Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln für nicht rechtens erklärt, wäre die Behörde blamiert gewesen. Ihr Präsident Thomas Haldenwang hat den Kampf gegen rechte Umtriebe vorangetrieben und sich mehrfach dezidiert darüber geäußert, für wie gefährlich er die AfD hält. Die Vertreter der Partei wiederum hätten sich als verfolgte Unschuld inszenieren können, ihre Paraderolle. Dabei braucht es eigentlich keinen offiziellen Extremismus-Stempel, um zu erkennen, dass die AfD keineswegs so harmlos ist, wie sie sich gibt.

Was folgt nun daraus? Der Verfassungsschutz dürfte wohl bald aufgrund einer erweiterten Materialsammlung aus Äußerungen und Redebeiträgen von Mitgliedern und Funktionären die Gesamtpartei als „gesichert extremistisch“ bewerten; das ist die nächste Stufe, für einzelne Landesverbände gilt das schon. Und die Debatte um ein mögliches Parteiverbot wird weiter Fahrt aufnehmen.

Nicht die Gerichte müssen die AfD in die Schranken weisen

Der nächste logische Schritt ist ein solches Verfahren aber keineswegs. Denn hier liegen die Hürden viel höher. Der bloße Verdacht wie im aktuellen Urteil genügt dann nicht mehr. Eine Partei kann nur verboten werden, wenn sie eine verfassungsfeindliche Haltung „auch in aktiv-kämpferischer, aggressiver Weise umsetzen will“, wie das Bundesverfassungsgericht betont. Ein schwieriger Nachweis, der in einem womöglich jahrelangen Verfahren erbracht werden müsste. Mit ungewissem Ausgang.

Auch nach dem Urteil von Münster sollte man es nicht den Gerichten überlassen, die AfD in die Schranken zu weisen. Das kann der Wähler viel besser tun.

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