Rhein-Pfalz Kreis Still gesessen

Zu oft seien die Sitze der AfD in den Kreisgremien leer geblieben, kritisiert Peter Christ, Fraktionschef der CDU im Rhein-Pfalz
Zu oft seien die Sitze der AfD in den Kreisgremien leer geblieben, kritisiert Peter Christ, Fraktionschef der CDU im Rhein-Pfalz-Kreis. Ein Blick in das Rats- und Bürgerinformationssystem bestätigt diesen Eindruck.

Der erste Schritt ist ein Zugeständnis. „Richtig ist“, schreibt Christiane Christen in einer Stellungnahme zur Arbeit ihrer AfD-Fraktion im Rhein-Pfalz-Kreis seit der Kommunalwahl 2014, „dass die Fraktion im Laufe dieser Zeit starken Veränderungen ausgesetzt war. Erst habe Karl Strubel die Fraktion verlassen, dann sei Stefan Scheil zurückgetreten. In dieser „dünnen und ständig wechselnden Zusammensetzung“ habe man Prioritäten setzen müssen, schreibt Christen. Ihre Sicht der Dinge verkündet sie Mitte Dezember auf Facebook, wenige Tage nach der letzten Zusammenkunft des Kreistags im Jahr 2018. Denn in diesem Gremium hatte CDU-Fraktionschef Peter Christ eine volle Breitseite für die AfD parat. Wer sich so verhalte, sagte er, der sollte sich überlegen, ob er noch einmal antritt. Christ meinte damit die seiner Ansicht nach mangelhafte Mitarbeit der AfD in den Kreisgremien und äußerte seine Kritik mit Blick auf die Kommunalwahl im Mai – womöglich auch als erste kleine Spitze im anstehenden Wahlkampf. Um seine Argumentation zu stützen, hatte sich Christ ein paar Statistiken zurechtgelegt. Die AfD habe nur die Hälfte der Sitzungen besucht, im Kreisausschuss sei sie in jeder dritten Sitzung anwesend gewesen und im Sozialausschuss überhaupt nicht. Bei der Wahl 2014 kam die AfD im Kreis auf knapp acht Prozent der Wählerstimmen und erhielt vier Sitze im Kreistag. Zudem sitzt sie in 15 weiteren Gremien. Konkret sind das der Kreisausschuss, der Ausschuss für Bau, Planung und Verkehr, der Ausschuss für Kultur, Schule und Sport, der Jugendhilfeausschuss und dessen Unterausschuss sowie der Schulträgerausschuss. Hinzu kommen der Sportstättenbeirat, die Beiräte für die vier Kreisbäder sowie die Kuratorien der Kreismusik- und der Kreisvolkshochschule sowie des Altenzentrums Limburgerhof. „Dass die AfD bei mancher Bäderbeiratssitzung gefehlt hat, in der so wichtige Dinge besprochen wurden wie der Tag der offenen Tür beim neu eröffneten Kreisbad Römerberg“, könne man kritisieren, schreibt Christen in ihrer Stellungnahme, obwohl das Kreisbad wegen Sanierungsarbeiten noch geschlossen ist. Tatsächlich blieb ihr Stuhl in vier von sechs Sitzungen des Beirats für das Kreisbad Römerberg-Dudenhofen seit September 2014 leer. Nachzuprüfen ist das im Rats- und Bürgerinformationssystem des Rhein-Pfalz-Kreises, wo alle Anwesenheitslisten zu finden sind. In den Beiratsbesprechungen der übrigen Kreisbäder war die AfD größtenteils anwesend, vor allem vertreten durch Rainer Eherer und Herbert Wacker-Ochs. Den Vorwurf von Peter Christ, besonders in den „wichtigen“ Ausschüssen durch Abwesenheit zu glänzen, bezeichnet Christen in ihrem Schreiben als „unverschämte Behauptung“ und „falsch“. Der Vorwurf, dass sie nicht ein einziges Mal im Sozialausschuss anwesend gewesen sei, sei eine Lüge. Kritik kommt derweil auch aus den eigenen Reihen. Karin Trapp, Mitglied im AfD-Kreisverband Rhein-Pfalz/Frankenthal, wandte sich in einem offenen Brief, der der RHEINPFALZ vorliegt, direkt an Christen. Darin bezeichnet Trapp den Auftritt Christens im Kreistag als „makaber“. „Wir sind blamiert“, schreibt sie an die Parteikollegin. „Nicht einfach Du, sondern wir alle. Jetzt stehen wir wirklich als die tumben Versager da, die an ihren eigenen Ansprüchen scheitern.“ Sie fürchtet, dass Christen geringschätzig mit dem Votum der AfD-Wähler umgeht. Diesen Brief leitete David Gabath, Vorsitzender des Kreisverbands, auf Trapps Bitte hin an die AfD-Mitglieder im Kreis weiter. Laut Christen hat auch sie den Kreisvorsitzenden gebeten, ihre Stellungnahme zu verteilen. Doch Gabath habe sich „leider geweigert“. Ein weiterer Blick in das Ratsinfosystem soll Aufschluss über die genauen Abwesenheitszeiten der AfD bringen. In der aktuellen Wahlperiode gab es bislang 20 Kreistagssitzungen, in jeder war die AfD vertreten. Bei den Sitzungen des Kreisausschusses sieht das anders aus: Dieses wichtige Gremium kam bis jetzt 48-mal zusammen, 19-mal blieb der AfD-Platz leer. Das entspricht etwa 40 Prozent. Ähnlich sieht es im Bauausschuss aus, in 45 Sitzungen fehlte die AfD ebenfalls 19-mal, was rund 42 Prozent entspricht. Aktuelles Mitglied ist Tobias May. Im Kultur-, Schul- und Sportausschuss waren es bei 15 Sitzungen sieben Fehltermine. Einzig im Jugendhilfeausschuss war die AfD durch die Bobenheim-Roxheimerin Ursula Reinhart mit einer Ausnahme in jedem der 18 Treffen vertreten. Und auch Christiane Christen selbst kann ihre Teilnahme im Sozialausschuss nachweisen – jedoch nur für zwei Sitzungen. Seit September 2015 blieb ihr Stuhl sechsmal leer, und es gab seither sechs Sitzungen. Eine Aussage über alle Sitzungen hinweg lässt sich nur schwer treffen, da manche Ausschüsse hin und wieder gemeinsam tagen und die Teilnehmer aus verschiedenen Gremien kommen. Die Fehlquote der AfD dürfte aber bei etwa 35 Prozent liegen. Klar auszumachen ist jedoch der Zeitpunkt, ab dem die Anwesenheit der AfD drastisch zurückgegangen ist – das Jahresende 2015. Damals zog sich Stefan Scheil zurück. War seine Anwesenheitsbilanz im Kreis- sowie Bauausschuss nahezu makellos, waren seine Nachfolger weit weniger präsent. Im Kreisausschuss heißt die Nachrückerin nun mal Christiane Christen.

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