Rhein-Pfalz Kreis Nur Stroh im Kopf

Ein Bettbezug als letztes Hemd: der Schneemann 2010.
Ein Bettbezug als letztes Hemd: der Schneemann 2010.

Fort ist der Frost, geschmolzen ist der ganze Schnee. Wie soll man da einen riesigen Schneemann bauen, um die Vertreibung des Winters zu feiern? Und wie schafft man es, einen Schneemann anzuzünden? Darüber hat sich Nils in Gerolsheim erkundigt, wo seit Jahren schon zum Frühlingsbeginn ein großer Schneemann durch den Ort getragen und verbrannt wird.

„Damit er schön brennt, brauchen wir natürlich brennbare Sachen“, erklärt Reinhold Kuales. Er muss es wissen, denn er ist Feuerwehrmann. Gut zehn Leute aus den Vereinen haben sich mit dem Bürgermeister Erich Weyer auf dem Bauhof verabredet. „So vier bis fünf Stunden brauchen die schon – meist sind wir nach zwei Abenden fertig“, sagt Irmgard Gurdan. Das Wichtigste ist eine alte Euro-Palette erfahre ich. Denn später muss der Schneemann mit dem Gabelstapler auf den Wagen gehoben werden. Auf die Palette wird aus mehreren Latten eine Holzpyramide geschraubt. An der Mittellatte werden in Zweidrittelhöhe lange Querlatten für die Arme genagelt. Anschließend spannen die Bastler eine grobe äußere Hülle aus Hasendraht auf. Wie eine riesige Tüte wird das obere Ende locker zusammengebunden und mit Drahtschlaufen an die Holzarme gehängt. Und jetzt kommt das Stroh zum Ausstopfen. Da dürfen die Kinder mithelfen. Lachend erzählen sich die erfahrenen Bauleute alte Anekdoten: „Weißt du noch, wie der Otto früher immer im Bauch Silvesterkracher versteckt hat?“ Immer wieder wird geprüft, damit der Schneemann nicht zu fett wird oder zu dünn bleibt. Wo Rücken und Bauch ist, wird erst zum Schluss entschieden. Und jetzt kommt der Kopf: Wieder laufen die Helfer mit dem Hasendraht um die Palette, aber oberhalb der Armlatten. Derweil bastelt Reinhold Kuales mit seinem Sohn Matthias an dem Pappzylinder. In der Ecke warten schon zwei schwarze Spraydosen. „Darf ich wieder?“, fragt Matthias. „Ja klar, aber pass auf die Jacke auf“, lautet die Antwort, während der Vater mit sichtlichem Spaß die Spraydosen schüttelt. Der Schneemann wird nur Stroh im Kopf haben. Aber um das reinzustopfen, müssen die Kinder von den Erwachsenen hochgehoben werden. Noch ist die gut zweieinhalb Meter große Puppe splitterstrohnackt. Alte weiße Betttücher werden des Schneemanns letztes Hemd sein. Ausrangierte Kissenbezüge bedecken seine Arme. Für den Schal muss natürlich ein buntes Laken her. Jetzt hoffen in Gerolsheim alle auf gutes Wetter am Sonntag. Denn um 14 Uhr treffen sich die Kinder am Kerweplatz mit ihren Stäben, die sie selbst gebastelt und mit bunten Bändern verziert haben. „Darauf könnt ihr eine Frühlingsbrezel stecken“, verspricht der Bürgermeister. Nach dem Umzug durchs Dorf, angeführt vom Schneemann, wird der Winter dann ganz offiziell verbrannt. Termin Sonntag, 11. März, 14 Uhr am Kerweplatz an der Weet. Das Ortskartell bewirtet die Familien mit Kaffee und Kuchen, Würstchen und Getränken.

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