Neustadt Wie „Foi“ zur ausgezeichneten Geschäftsidee wurde

Die Tafel wird noch gut sichtbar am Laden installiert: Stephanie Selig (links) und Mara Theisen.
Die Tafel wird noch gut sichtbar am Laden installiert: Stephanie Selig (links) und Mara Theisen.

Ein Unverpackt-Laden mitten in der Fußgängerzone – so manche Stadt beneidet Neustadt darum. Damit ist die – nun prämierte – gute Idee aber noch lange kein Selbstläufer. Deshalb wollen die Inhaberinnen etwas ändern.

„Dass Unverpackt-Läden subventioniert werden und nicht die Müllverbrennungsanlagen. Oder eine Verpackungssteuer.“ Stephanie Selig muss nicht lange überlegen, bevor sie antwortet. Die dazu gehörende Frage: Was würde sich die „Foi“-Mitinhaberin von Land und Kommune wünschen? Ein Wunsch, den sie am Montag direkt adressieren kann. Neben Neustadts Umweltdezernentin Waltraud Blarr ist der rheinland-pfälzische Staatssekretär David Profit aus dem Verbraucherschutzministerium zu Gast.

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass Stephanie Selig und Mara Theisen ihren Unverpackt-Laden in der unteren Hauptstraße eröffnet haben. Ein Selbstläufer sei er nicht, sagen beide, obwohl sich das Geschäft positiv entwickelt habe. Vor allem in der Pandemie seien die Menschen ganz bewusst gekommen.

Zu wenig Konsum

Der Haken an der Sache: Zwar sei die Nachfrage da, der Konsum hinke aber hinterher. Sprich: Es wird einfach nicht genug gekauft. Ohne das gleichzeitig betriebene Café wäre es sehr schwer. „Ich bin froh, dass wir es haben“, so Theisen. Trotzdem wollen sie die finanzielle Last künftig auf mehr Schultern verteilen.

Aus dem herkömmlichen Verkaufsladen soll ein von vielen finanziertes Projekt werden. Dabei werden die Betriebskosten zum Beispiel über monatliche Beiträge von einer Gemeinschaft getragen, deren Mitglieder im Gegenzug Gutscheine für den Einkauf im Laden erhalten. Natürlich können auch Nicht-Mitglieder weiter bei „Foi“ einkaufen. Begleitet wird das gemeinschaftsbasierte Wirtschaften von der Myzelium Unternehmergesellschaft in Neuhausen, die bereits den Speyerer Unverpackt-Laden unterstützt hatte. „Die Verantwortung für Nachhaltigkeit wird damit auch ein wenig auf die Konsumenten übertragen“, so Theisen und Selig.

Zwei ziehen den Hut

Vor diesem Konzept ziehen der Staatssekretär und die Umweltdezernentin symbolisch den Hut. David Profit hat zudem ein besonderes Schild dabei, eines, das für „Foi“ als „Ort der Nachhaltigkeit“ werben soll. Das Land sei stolz auf diese Geschäftsidee, weil es drei wesentliche Aspekte vereine: regionale Produkte – „sogar Quinoa aus dem Odenwald“ –, kein Verpackungsmüll und jeder müsse nur so viel kaufen, wie er eben brauche.

Geht es nach dem Ministerium, wird sich irgendwann einmal ein Netzwerk solcher „Orte der Nachhaltigkeit“ durch Rheinland-Pfalz ziehen. Das ist ebenso im Interesse der Kommunen und ihrer Spitzenverbände, die das Projekt unterstützen. Der Neustadter Unverpackt-Laden ist der zweite Ort, der diese Auszeichnung erhält. Erster im künftigen Netzwerk war eine Energiegenossenschaft im Rhein-Lahn-Kreis.

Als Signal, dass auch die Stadt hinter „Foi“ steht, will Blarr die Auszeichnung verstanden wissen. Angesichts jüngster Statistiken, wonach die Deutschen immer mehr statt weniger Abfall produzierten, sei das wichtiger denn je.

Und wie sieht’s privat aus?

Wie der Staatssekretär privat versucht, beim Einkauf nachhaltig zu sein? Er gehe viel auf den Markt, würde sich aber auch einen Unverpackt-Laden in seiner Nähe wünschen, weil er Hülsenfrüchte und Nudeln mag, sagt Profit. Den Besuch in Neustadt nutzt er, um Linsen mitzunehmen. „Ich habe aber die Dose vergessen“, bringt er eine Sache zur Sprache, die laut Selig und Theisen durchaus eine Hemmschwelle für potenzielle Kunden sein kann.

Dabei müsse sich keiner Sorgen machen, nicht optimal für den Einkauf bei „Foi“ vorbereitet zu sein, sagt Selig. Wer keinen eigenen Behälter dabei hat, um sich die gewünschte Menge abzufüllen, kann sich ein Glas aus dem Spendenkorb nehmen. Wer sich nicht gleich zurechtfindet, dem helfen die Inhaberinnen auch gern. Und das, sagt Selig durchaus selbstbewusst, sei auch eine weitere Stärke des Neustadter Unverpackt-Ladens: „Die Kunden schätzen uns, vielleicht, weil wir nicht dogmatisch sind.“

Kontakt

Unverpackt-Laden „Foi“, auf Hochdeutsch „Fein“, Hauptstraße 86, geöffnet dienstags bis freitags 9.30 bis 18 Uhr, samstags 8 bis 14.30 Uhr, www.unverpackt-neustadt.de

Infos über den Wettbewerb „Ort der Nachhaltigkeit“ finden Sie hier.

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