Neustadt Jetzt eher Freude als Frust?

CDU-Ortsverbandsvorsitzender Otto Zimniak (links) und das Podium (von links): Marco Göring (CDU), Giorgina Kazungu-Haß (SPD), RH
CDU-Ortsverbandsvorsitzender Otto Zimniak (links) und das Podium (von links): Marco Göring (CDU), Giorgina Kazungu-Haß (SPD), RHEINPFALZ-Redakteur Ralf Joas, Johannes Steiniger (CDU) und Pascal Bender (SPD).

Löst die große Koalition (GroKo) von CDU und SPD auf Bundesebene weiter eher Frust als Freude aus? Diese Frage, verbunden mit Sachthemen, stand im Mittelpunkt der „Winzinger Gespräche“ am Donnerstagabend in der Alten Winzinger Kirche. Gefragt war aber auch, wie die Basis all das empfindet.

Seit Langem organisiert der CDU-Ortsverband Winzingen – in der Regel zwei Mal im Jahr – solche Runden, im Wechsel zu einem lokalen und einem bundesweiten Thema. Diesmal stellten sich Johannes Steiniger, CDU-Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Speyer-Neustadt, Giorgina Kazungu-Haß, SPD-Landtagsabgeordnete im Wahlkreis Neustadt, sowie die Vorsitzenden der Neustadter SPD und CDU, Pascal Bender und Marco Göring, den Fragen. Gestellt wurden diese von Ralf Joas, Politikredakteur der RHEINPFALZ aus Ludwigshafen. Dass es 160 Tage ab der Bundestagswahl im September 2017 gedauert hatte, bis die große Koalition stand, und dass bis dorthin einige Steine aus dem Weg geräumt werden mussten – daran erinnerte der CDU-Ortsverbandsvorsitzende Otto Zimniak zum Auftakt. Alle Podiumsteilnehmer hatten sich im Vorfeld eher kritisch mit einem Bündnis ihrer Parteien auseinandergesetzt, zum Teil andere Koalitionen bevorzugt. Johannes Steiniger wäre Jamaika, also CDU, Grüne, FDP, am liebsten gewesen. Nun aber muss auch er sich arrangieren und spricht von einem kollegialen CDU/SPD-Miteinander im Sport- sowie im Finanzausschuss des Bundestags, wo er Mitglied ist. Indes würden die Gesetzgebungsverfahren auch erst jetzt beginnen. Dass Vertrauen bei den Bürgern zurückgewonnen werden müsse, stehe außer Frage. Die Parole „Weiter so“ könne bei weniger Arbeitslosigkeit, steigenden Einkommen und Renten gelten, aber eben nicht bei Themen wie der inneren Sicherheit. Als Parlamentarierin sei sie natürlich auch pragmatisch, fasste Giorgina Kazungu-Haß ihre Erfahrungen mit Koalitionen zusammen. Klar sei, dass Deutschland weiter wachsen und prosperieren werde. Die Koalition dürfe sich nicht in eine Panikecke drängen lassen, sondern müsse die Sicherheit geben, dass hier Menschen seien, die sich wieder kümmerten. Die große Koalition werde nicht mit viel Herzblut verfolgt, so der persönliche Eindruck des CDU-Kreisverbandsvorsitzenden Marco Göring. Zu lange sei im Vorfeld gesagt worden, man wolle sie eigentlich nicht: „Wie soll da Aufbruchstimmung entstehen?“ Von der Zerrissenheit der SPD-Mitglieder berichtete Pascal Bender. Viele hätten bei der Befragung der großen Koalition zugestimmt, weil sie befürchteten, dass die Partei bei einer Neuwahl ganz untergehen könnte. Damit sei man gezwungen gewesen, staatspolitische Verantwortung zu übernehmen. Ein erstes Sachthema, gerade wegen der jüngsten Ereignisse in einer Flüchtlingsunterkunft in Ellwangen: die Flüchtlings- und Asylpolitik. Diskutiert wurde, ob ein Einwanderungsgesetz oder ein Fachkräftezuwanderungsgesetz, wie es der Koalitionsvertrag vorsieht, das richtige Mittel wäre. Oder ob es endlich an der Zeit ist, dass Rheinland-Pfalz im Bundesrat zustimmt, die nordafrikanischen Staaten als sichere Herkunftsländer zu deklarieren, statt sich wegen des grünen Koalitionspartners zu enthalten. Bender und Göring berichteten aus Neustadter Sicht von der guten Flüchtlingsarbeit, die in der Stadt Neustadt von vielen Seiten geleistet worden sei. Während der SPD-Chef vor allem mehr Geld von Bund und Land forderte, machte der CDU-Chef noch einmal klar, was auch bei bester Flüchtlingsarbeit vom Bürger kaum nachvollzogen werden könne: Dass eine rechtmäßige Abschiebung Tausende Euro koste. Wie so oft, war das Publikum in der Alten Winzinger Kirche sehr überschaubar, junge Leute waren kaum darunter. Zu den wenigen gehörte eine interessierte Schülerin, die auch nicht von der Veranstaltung enttäuscht wurde. Ihr Tipp: Stärker in Schulen für die „Winzinger Gespräche“ zu werben. Dann würde sicher auch mal ein Sozialkunde-Leistungskurs den Weg finden.

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