Ludwigshafen Aus Skepsis wurde Solidarität

Ohne Helfer geht es nicht: Mehr als 20 Ehrenamtliche kümmern sich jeden Dienstag um die Ausgabe.
Ohne Helfer geht es nicht: Mehr als 20 Ehrenamtliche kümmern sich jeden Dienstag um die Ausgabe.

Jeden Dienstag können sich Bedürftige im Maxdorfer Jugendhaus eine Kiste Lebensmittel gegen einen geringen Obolus holen. Es sind Spenden von der Frankenthaler Tafel, die die Ehrenamtlichen vom Netzwerk Hilfe und vom Seniorenbeirat der Verbandsgemeinde organisieren. Vor drei Jahren wurde die Aktion ins Leben gerufen. Die Eröffnung der ersten Tafel in Deutschland jährt sich morgen zum 25. Mal.

«Maxdorf.»Dienstag, halb zwölf vor dem Maxdorfer Jugendhaus, die ehrenamtlichen Fahrer vom Seniorenbeirat treffen ein. 14 sind es insgesamt, die sich abwechseln und die Lebensmittel von der Tafel in Frankenthal holen. Hubert Gnilka fährt heute mit dem Jugendbus nach Frankenthal, ein anderer schwingt hinter das Steuer des Bürgerbusses und fährt zu Kartoffel Kuhn nach Frankenthal. Der Bauer spendet die Kartoffeln. „Für die Bedürftigen in Maxdorf wären eigentlich die Tafeln in Ludwigshafen oder Bad Dürkheim zuständig“, sagt Hubert Gnilka, doch nur Frankenthal hatte noch einen Überschuss an Lebensmittel. Die Fahrer nehmen mit, was sie bekommen. „Wir kaufen ja nicht ein, wir bekommen nur die Überreste. Da weiß man nie, was es gibt“, sagt Hubert Gnilka. Im Sommer ist es mehr Obst und Salat, im Winter sind es eher haltbare Dinge. Zwischen 25 und 35 Menschen kommen jeden Dienstag ins Maxdorfer Jugendhaus, um sich für symbolische zwei Euro die Waren abzuholen, etwa 30 sind es an diesem Dienstag. Angefangen hat alles mit der Flüchtlingswelle vor drei Jahren im März 2015. Damals wurden die Bedürftigen mit dem Bürgerbus zur Tafel in Frankenthal gefahren, doch schnell überstieg die Nachfrage die Sitzplätze im Bus. Dann wurden die Lebensmittel in einer Garage nahe dem Rathaus verteilt, doch schon bald konnten sie ins Jugendhaus umziehen. Dort sei es viel einfacher, die Lebensmittel zu sortieren, erklärt Hubert Gnilka. Mit seinen 67 Jahren ist er einer der „Jüngsten“ im Team. Mit zwei motivierten Syrern als Trägerhilfen fährt er in der Mörscher Straße in Frankenthal vor und lässt sich die gerichteten Kisten in der begehbaren Kühl- und Tiefkühlzelle zeigen. Marianne Möller leitet dort mit ihrem Mann die Ausgabe. „Mit den Maxdorfern kann man prima zusammenarbeiten, das ist eine wahre Freude“, sagt sie. Sechsmal die Woche geben sie und ihr Team Lebensmittel aus. Dienstags kommen die Maxdorfer, an den anderen Tagen sind es Teams aus Beindersheim, Lambsheim und Bobenheim-Roxheim. Als Dank gibt es für die Helfer aus Maxdorf heute einen Strauß Tulpen. Kaum ist der Bus beladen, geht’s zurück ins Jugendhaus. Dort richten bereits zehn Ehrenamtliche vom Netzwerk Hilfe und der Diakonie die Tische für die Ausgabe. Während an die ersten Besucher Nummern verteilt werden und von ihnen das Geld eingesammelt wird, verteilen die anderen die Lieferung auf die Kisten. Alles wird erst auf die Tische gestapelt, um einen Überblick zu bekommen, dann werden die Kisten gepackt. In jede kommen die gleichen Lebensmittel. Drei Packungen Rundkäse werden in Teile geschnitten und verpackt, damit auch jeder etwas davon abbekommt. Schweinefleisch kommt in die wenigsten Kisten, es wird nach Halal sortiert. Neben Frühstückscerealien, Dosen mit Tomaten und Butter gibt es auch Besonderheiten, wie Lachslasagne, fertige Sandwiches und sogar Kuchen. Die Ware steht kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum, ist ansonsten aber in Ordnung. Wer bereits länger hierher kommt, plant im Voraus. Diesmal ist viel Leberkäse, Wurst und Aufschnitt dabei. Darüber freuen sich die Alteingesessenen aus Maxdorf und Umgebung. Eine Frau mittleren Alters hält ihre schwarze Tasche fest, das Laufen fällt ihr schwer. Sie kommt seit zwei Jahren zur Ausgabe, war zuvor berufstätig. Als ihr Mann einen Hirnschlag erlitt, blieb sie daheim, um ihn zu pflegen. Mit dem Pflegegeld kommt sie in etwa auf Harz-IV-Niveau, erzählt sie. „Da ist es schön, die Tafel als Unterstützung zu haben, das ist eine große Ersparnis.“ Ihren wöchentlichen Speiseplan richte sie nach den Dingen aus, die sie am Dienstag holt. Verderbliches muss gleich gekocht werden, anderes hebt sie auf und kauft noch Zutaten dazu. „Für den symbolischen Obolus ist die Kiste sehr gut gefüllt“, sagt sie. Sie nimmt noch Damen aus Birkenheide mit, die nicht mobil sind. Generell sei die Hilfsbereitschaft untereinander sehr groß. Früher habe es eine strikte Trennung zwischen Flüchtlingen und Dorfbewohnern gegeben. Nun sprechen die Flüchtlinge besser Deutsch und immer mehr Dorfbewohner nehmen das Angebot wahr, so dass sich die Gruppen durchmischen. Die anfängliche Skepsis habe sich in Solidarität verwandelt, meint Gnilka. Und so geht das Engagement auch über die Essensausgabe hinaus: „Wir helfen auch mal beim Ausfüllen von Formularen oder bei der Wohnungssuche“, erzählt Ingrid Petruch, eine der Helferinnen.

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