Kandel Neue Ärzte wollen attraktive Angebote

Es geht nicht mehr nur ums Heilen: Der gewachsene Verwaltungsaufwand und die Digitalisierung stellen Hausärzte vor neue Herausfo
Es geht nicht mehr nur ums Heilen: Der gewachsene Verwaltungsaufwand und die Digitalisierung stellen Hausärzte vor neue Herausforderungen. Unser Symbolfoto zeigt eine Videosprechstunde.

Hausärzte sind in Kandel weiter Mangelware. Doch mit einem Runden Tisch und Gesprächen mit zwei Medizinerinnen sind erste Schritte getan. Und die Südpfalz-Docs können auch einer weiteren Kommune im Kreis Hoffnung machen.

„Einen neuen Hausarzt haben wir immer noch nicht“, sagt Elfriede Daussmann. Doch immerhin hat ihnen inzwischen eine Kandeler Praxis die Rezepte für wichtige Medikamente ausgestellt. Denn die Lage in Kandel hat sich verschärft. Aus der RHEINPFALZ hatten die Senioren nach dem Urlaub Anfang Juli erfahren, dass ihr Hausarzt, der Allgemeinmediziner Karl Heinz Ecker, verstorben und seine Praxis geschlossen ist. Nun sucht das Ehepaar Daussmann wie viele andere Patienten der Praxis einen neuen Arzt im engeren Umkreis, bislang vergeblich.

Notfalldienstzentrale als Notlösung

Zwar gab es den versprochenen Rückruf von der Krankenkasse. „Aber die junge Frau hat mir gesagt, sie könne mir auch nicht helfen“, sagt Elfriede Daussmann. „Ich könne ja nicht von heute auf morgen kommen und ein Rezept brauchen, die Ärzte bräuchten eine Vorlaufzeit.“ Auch die Kassenärztliche Vereinigung konnte auf Nachfrage keinen Arzt vermitteln. Dort bot man dem Ehepaar an, über die Notfalldienstzentrale im Krankenhaus an Rezepte und Medikamente zu kommen. „Das ist ja keine Lösung auf Dauer“, gibt Elfriede Daussmann zu bedenken.

Das Problem ist auch im Rathaus bekannt. Für Mitte Juli hatte Stadtbürgermeister Michael Niedermeier (CDU) deshalb die Ärzte in der Stadt zu einem Runden Tisch geladen. „Die Sitzung war sehr effizient“, lobt der Allgemeinmediziner und Thomas Rother. Es seien auch viele niedergelassene Fachärzte und Vertreter der Verwaltung des Krankenhauses vor Ort gewesen. Zu den Ideen zählte zum Beispiel, dass die Klinik ein akademisches Lehrkrankenhaus werden soll. Dann könnten schon junge Ärzte im praktischen Jahr die Stadt Kandel und die Südpfalz kennenlernen. „Das ist ja eine hochattraktive ländliche Region“, sagt Rother.

Einzelkämpfer gibt es kaum noch

Das Problem sei von der Politik lange nicht genug beachtet worden, kritisiert er mit Blick nach Mainz und Berlin. Denn die Altersstrukturen bei den Ärzten seien ja bekannt. Die Einzelpraxis sei vom Aussterben bedroht. Er selbst habe sich vor gut 20 Jahren niedergelassen, „aber heute würde ich das einzeln nicht noch mal machen“. Ein Grund: Der rasant gestiegene Aufwand hinsichtlich der Verwaltung und der Digitalisierung, Stichwort elektronische Patientenakte. „Die EDV-Kosten alleine sind in den vergangenen Jahren um 60 Prozent gestiegen“, schätzt er. Die Pandemie habe die Situation noch verschärft, da nun immer mehr Bescheinigungen digital ausgestellt werden mussten.

Aber zumindest für Kandel gibt es Hoffnung, sagt Jonas Hofmann-Eifler von den Südpfalz-Docs. In diesem Netzwerk haben sich Mediziner aus der Südpfalz und angrenzenden Regionen zusammengeschlossen. Der Ärztemangel in der Stadt sei „absehbar“ gewesen. Nun habe man zwei Ärztinnen gefunden, die echtes Interesse haben. „Jetzt liegt es an der Politik, wir haben als gemeinnütziger Verein die Vorarbeit gemacht“, sagt Hofmann-Eifler. Auf einen Hinweis der Südpfalz-Docs hin habe Verbandsbürgermeister Volker Poß (SPD) inzwischen Kontakt mit den beiden Medizinerinnen. Nun müsse man ein attraktives Angebot unterbreiten, mahnt Hofmann-Eifler. Dazu könnte gehören: Die Garantie auf einen Kita-Platz, Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche für den Ehepartner, Mietzugeständnisse oder die Vermittlung eines günstigen Bauplatzes ... Auch für die Praxis gibt es klare Voraussetzungen: mindestens 200 Quadratmeter, barrierefrei und voll digitalisiert.

Südpfalz-Docs arbeiten an Konzept

Sollte dies der Verbandsgemeinde auf finanziellen Gründen nicht möglich sein, dann sollte man „mit Unternehmen und der Wirtschaftsförderung reden oder Gesundheitsfonds gründen“, schlägt Hofmann-Eifler vor. Ein gewisser Konkurrenzkampf unter den Kommunen sei derzeit wohl nicht zu vermeiden. Doch auf dem Weg zu größeren Gesundheitszentren werde noch viel Zeit ins Land gehen. Diese müssten jedoch unbedingt in der Hand der Hausärzte bleiben und natürlich auch über die Grenzen einer Verbandsgemeinde hinweg arbeiten, „damit nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht“. Dann habe man auch Zugang zu größeren Fördertöpfen sagt Hofmann-Eifler, der mit dem 80 Mitglieder starken Verein schon an einem entsprechenden Konzept feilt.

Und der Südpfalz-Doc hat noch eine gute Nachricht für die Region: Eine „erfahrene Hausärztin aus Baden-Württemberg“ möchte eine Filiale ihrer Praxis in Germersheim etablieren, kann Hofmann-Eifler schon verraten. Auch hier sei das Zentrum fest in der Hand der Medizinerin.

Kontakt

https://www.suedpfalzdocs.de/

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