Kaiserslautern Fakten und Legenden

Machen sich Gedanken: Kurt Schäfer (links) und Lothar Dreher (rechts) beschäftigen sich schon lange mit den Sühnekreuzen. Sie be
Machen sich Gedanken: Kurt Schäfer (links) und Lothar Dreher (rechts) beschäftigen sich schon lange mit den Sühnekreuzen. Sie besser zu präsentieren, das können sich die Kommunalpolitiker Henning Schaumlöffel (Zweiter von links) und Manfred Dein gut vorstellen.

Das Geheimnis ihrer Herkunft umgibt die beiden steinernen Kreuze im Schwedelbacher Wald. Stumm ragen sie aus dem blätterbedeckten Boden unmittelbar oberhalb des Monkey-Kletterwaldes an der ehemaligen Straße nach Reichenbach. Die waagerechten Linien des vorderen Kreuzes sind kaum zu erkennen. Grüne Algen bedecken den Buntsandstein und das einst über ihm errichtete Holzdach – als Schutz gedacht, zu Zeiten, als im Kletterwald viel Betrieb war, wie Ortsbürgermeister Dieter Hirsch berichtet – liegt zusammengesunken auf dem senkrechten Kreuzarm. Viel deutlicher ist das eingemeißelte Symbol auf dem anderen Kreuz zu sehen: eine geöffnete Schere. Aber auch hier ist das Holzdach in schlechtem Zustand und liegt in seinen Einzelteilen rund um das Denkmal verstreut. „Die Dächer werden jetzt wieder entfernt“, verspricht jedoch Hirsch, der damit einer Forderung von Kurt Schäfer und Lothar Dreher, zwei seit ihrer Jugendzeit an der Heimatgeschichte interessierten Bürgern, nachkommen will. Bislang haben die Kreuze nicht preisgegeben, wann oder für wen sie errichtet wurden, und Kurt Schäfer schätzt, dass sie es auch niemals tun werden. Denn es gibt keine schriftlichen Hinweise auf die Entstehung der beiden Kreuze, berichtet der 75-jährige Hobbyhistoriker aus Weilerbach. Auf die beiden Schwedelbacher Steinzeichen wurde er eben durch Lothar Dreher aufmerksam. Der 77-Jährige, für den die Kreuze „zur Geschichte unseres Dorfes dazugehören“, würde gerne mehr über sie erfahren oder herausfinden. Die fehlenden Urkunden oder schriftlichen Erwähnungen in alten Chroniken oder anderem Schriftgut erschweren jedoch die Forschung. Immerhin: Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um sogenannte Sühnekreuze, die im Mittelalter aufgestellt wurden, um an Menschen zu erinnern, die ermordet oder im Streit erschlagen wurden. Zwischen 1300 und 1530 hielt sich dieser Brauch, bei dem sich die Familien der Opfer und Täter privat auf eine Art Entschädigung für die Tat einigten. Dazu gehörte oftmals die Aufstellung eines Sühnekreuzes am Ort der Tat oder einem nahegelegenen Verkehrsweg. Vorübergehende sollten dadurch angeregt werden, ein Gebet für den aus dem Leben Gerissenen zu sprechen. Dass es sich im Schwedelbacher Fall zumindest bei einem Verstorbenen um einen Schneider gehandelt hat, darauf könnte die Schere hindeuten. Sie könnte aber ebenso gut die Tatwaffe darstellen, macht Kurt Schäfer deutlich. Als nahezu sicher auszuschließen sei hingegen, dass es sich bei den Steinkreuzen um Sühnekreuze für zwei Streithähne, die sich gegenseitig umgebracht haben sollen, handelt, wie es zwei Legenden nahelegen (siehe „Zur Sache“), sagt Schäfer. Dafür stünden sie erstens mit rund 20 Metern zu weit auseinander und zweitens seien sie zu unterschiedlich, was ihre Machart angehe. Während die Schere durchaus mit einer gewissen Kunstfertigkeit gestaltet worden sei, könne es sich bei den als Strickerspießen interpretierten Linien auch lediglich um Wetzrillen oder nachträglich hinzugefügte Zeichen handeln, meint Schäfer. Unterstützt wird er in dieser Meinung von Gernot Werner, der sich in dem 2018 erschienen Sammelband Nr. 43 der „Steinkreuzforschung. Studien zur deutschen und internationalen Flurdenkmalforschung“ mit den Schwedelbacher Denkmälern auseinandersetzt. Dort heißt es: „Wenn die Geschichte wahr wäre, dann könnte man erwarten, dass bei gleichem Anlass die Denkmäler gemeinsam errichtet wurden. Sie müssten dann von mindestens ähnlicher Gestalt und Größe sein. Dies trifft aber nicht zu.“ Auch der von Schäfer kontaktierte Herausgeber der Schriftenreihe und einer der besten Kenner steinerner Kreuze in Deutschland, Rainer Schmeissner, verweist darauf, dass die allermeisten Sagen, die sich um solche Kreuze ranken, erst entstanden, „als der ursprüngliche Setzungsgrund längst in Vergessenheit geraten war“. Er vermutet anhand von vorgelegten Fotografien, dass es sich bei den Schwedelbacher Exemplaren um Kreuze aus dem frühen 16. Jahrhundert handeln könnte, schränkt jedoch ein, dass „eine Expertise aus der Ferne abzugeben“ wenig sinnvoll sei. Das aber, was sicher über die Kreuze gesagt werden könne, sollte auf Informationstafeln zusammengefasst werden, wünschen sich Dreher und Schäfer. „Es ist schon etwas Besonderes, wenn man sowas auf der Gemarkung hat“, unterstreicht Schäfer die Bedeutung der Kreuze. Sie hätten der Gemeinde Schwedelbach bereits vor fünf Jahren diesen Vorschlag gemacht, passiert sei allerdings bislang nichts. Aber auch das soll sich bald ändern, sagt Dieter Hirsch. Die Idee „mit der Hinweistafel wurde ebenfalls aufgenommen, genau dort läuft der Musikantenweg vorbei, und das Ganze liegt zur Zeit bei der ADD in Trier zur Bearbeitung vor“. Das sei über die Verbandsgemeinde Weilerbach gelaufen, berichtet der Ortsbürgermeister. Solche Dinge ließen sich nicht immer „von heute auf morgen“ erledigen, verweist er auf den größeren touristischen Kontext, in den die Tafeln eingebettet werden sollen, und damit verbundene langwierige Genehmigungsverfahren. Einen Vorteil hat dieses Vorgehen aber: Das ganze Vorhaben könne durch das Leaderprogramm gefördert werden.

Desolater Zustand: Die vor rund zehn Jahren errichteten Holzdächer, die die Steinkreuze wohl vor herabfallenden Ästen schützen s
Desolater Zustand: Die vor rund zehn Jahren errichteten Holzdächer, die die Steinkreuze wohl vor herabfallenden Ästen schützen sollten, sind mittlerweile marode. Sie sollten entfernt werden, fordern Kurt Schäfer und Lothar Dreher.
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