Grünstadt 130-jährige Familientradition endet

Im Forsthaus Erlenbach, wo ab 1884 schon sein Urgroßvater Johann Kaspar Waldhüter im Heidenfeld (jetzt: Revier Wattenheim) war, dann Großvater Adam (1920 bis 1940) und Vater Adam (1940 bis 1974) hat Otto F. Decker das Licht der Welt erblickt. Klar, dass er Förster werden musste. Jetzt bricht er die 130-jährige Familien-Tradition: Er übergibt sein Revier einen Tag nach seinem 65. Geburtstag an Martin Burger und geht zum 1. Mai in Ruhestand.

Der Kollege aus Nordhessen wird aber nur acht Monate für den heute zirka 1600 Hektar großen Waldbereich zuständig sein. „Zum 1. Januar 2015 wird mein Revier aufgelöst“, erklärt Decker. Der Staatswaldanteil wird Förster Armin Neufeld aus Weidenthal zugeschlagen. Um den Gemeindewald – Hinterer Wattenheimer Wald, Gerolsheim, Lambsheim und etwa 30 Hektar Battenberger Hinterwald – kümmert sich dann die Leiterin des Reviers Jerusalemsberg, Isabelle Behret. Derzeit laufen viele Prozesse gleichzeitig: Zertifizierungen, Zehn-Jahres-Inventur und die interne Revision. Daneben ist Decker mit seinem großen „Abschiedsprojekt“ beschäftigt, einer geplanten Beweidung durch Auerochsen im Raum Frankenstein, in die zahlreiche Kooperationspartner eingebunden sind. Mit so viel Arbeit wie Deckers berufliche Laufbahn endet, hat sie auch begonnen. Aufgrund von Vertretungseinsätzen hatte er teilweise 6000 Hektar Wald zu betreuen. Kaum hatte er im November 1974 das Revier von seinem Vater übernommen, bekam er es mit den Folgen der Klimaveränderung zu tun: großflächiger Schneebruch. „Über 5000 Festmeter Schadholz mussten aufbereitet werden“, erinnert er sich. Auf die geräumten Freiflächen wurde vorwiegend die klimaresistente Douglasie gepflanzt. Die Gastbaumart bildete einen enormen Zuwachs. Nach und nach würden die Stämme nun auf zehn Metern Höhe von Ästen befreit, um nach weiteren 50 Jahren Wertholz zu erhalten, erzählt Decker. „Heftige Spuren haben Stürme wie Wiebke und Lothar sowie Borkenkäferkalamitäten hinterlassen.“ Dank der Einführung naturnaher Bewirtschaftung hätten sich im Forst aber inzwischen vielfältige, stabilere Strukturen entwickelt. Viele Fortbildungen zur Nachhaltigkeit seien veranstaltet worden. Durch die seit der letzten großen Forstreform 2004 getrennte technische und biologische Produktion hat sich die Arbeit stark verändert. Sie wird bestimmt von aufwändigen Planungen und Dokumentationen am PC, einem komplizierten System von Abstimmungen und anspruchsvoller Tätigkeit im Gelände. Eigene Mitarbeiter hat Decker seither nicht mehr. Als die Dienstkleidung noch aus unpraktischen Knickerbockern und Kniestrümpfen bestand, Anfang der 1970er Jahre, beschäftigte er ständig vier Holzfäller und drei Kulturfrauen, die sich um die Anpflanzungen kümmerten. Damals wohnte Decker in vierter Generation mit seiner Frau Doris im Forsthaus Erlenbach. Das sehr abgelegene, von Schwarzschimmel befallene Gebäude, in dem das erstgeborene Kind im Babyalter starb, konnten die Eheleute 1987 verlassen und nach Carlsberg ziehen. In der Hauptstraße richteten sie sich in einem leerstehenden, über 100 Jahre alten Haus ein, in dem es bis heute immer wieder etwas instand zu setzen gibt. „Renovierungen sind unser Hobby“, erzählen die beiden. Sie unternehmen auch viele Reisen und Rucksackwanderungen. Zu Fuß haben sie den Jakobspilgerweg absolviert, mit einem alten Bulli (VW-Bus) waren sie in Albanien und am Nordkap. 19 Autos hat Otto Decker im Laufe seiner 47-jährigen Dienstzeit im Wald „verheizt“. Viele Anekdoten fallen ihm dazu ein. So hatte er im Winter 1983/84 eine Charleston-Ente, einen Citroen 2 CV in schwarz-roter Lackierung. Als er damit hinter einem Weihnachtsbaum-Dieb her war, geriet er auf eisglatter Straße ins Schleudern, überschlug sich und landete in einem flachen Weiher. Von den 3500 Mark Schaden ist ihm nur ein Bruchteil vom Dienstherrn ersetzt worden. Decker: „Heute bekommt ein Förster, der mindestens 15.000 Kilometer im Jahr fährt, einen Wagen gestellt.“ (abf)

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