Bahnverkehr Wichtige Etappe im S-Bahn-Marathon

2025 soll der Endbahnhof der Rhein-Neckar-S 1 nicht mehr Homburg sein, sondern Zweibrücken. Die S 1 ist schon heute mit ihrem La
2025 soll der Endbahnhof der Rhein-Neckar-S 1 nicht mehr Homburg sein, sondern Zweibrücken. Die S 1 ist schon heute mit ihrem Laufweg zwischen Homburg und Osterburken die längste deutsche S-Bahn-Linie.

„Für die S-Bahn macht der Wahlkampf Pause“ berichtete die RHEINPFALZ vor genau zehn Jahren über einen einstimmigen Beschluss des rheinland-pfälzischen Landtags. Er war die wichtigste politische Weichenstellung für die S-Bahn nach Zweibrücken. Die Vorgeschichte ist kompliziert. Strittig war sogar, wo Zweibrücken liegt.

In den 1990er-Jahren war Rheinland-Pfalz bundesweit beachteter Vorreiter bei der Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken. Ein heißer Kandidat war schon damals die Strecke von Homburg nach Zweibrücken. Hier ging es aber lange Zeit überhaupt nicht voran. Grund dafür war, dass an der Reaktivierung dieser Verbindung vor allem die rheinland-pfälzische Stadt Zweibrücken interessiert war, der stillgelegte Streckenabschnitt zwischen Homburg und Einöd aber komplett auf saarländischem Gebiet liegt. Die saarländische Landesregierung wollte von der Reaktivierung dieser Strecke anfangs nichts wissen.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung pochte lange Zeit auf das Territorialprinzip bei der Finanzierung des Projekts. Das hätte bedeutet, dass das lange eher desinteressierte Saarland auch noch den größten Teil der Kosten hätte tragen müssen.

RHEINPFALZ-Umfrage ergibt riesige Mehrheit für Projekt

Ende 2010 kam plötzlich Bewegung in die Angelegenheit. Bei einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der RHEINPFALZ-Lokalredaktion Zweibrücken sprachen sich Ende Oktober 92 Prozent der Befragten für eine Reaktivierung der Bahnstrecke von Homburg nach Zweibrücken aus. 70 Prozent waren dafür, dass Rheinland-Pfalz einen Teil der saarländischen Kosten übernimmt. In diesen frappierenden Zahlen schlug sich die langjährige Arbeit von Bürgern aus Zweibrücken und Umgebung nieder, die sich mit viel Engagement für das Reaktivierungsprojekt eingesetzt hatten. Sie hatten immer wieder das Gespräch mit Politikern (fast) aller Parteien bis hin zu Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) in dessen Sprechstunde im heimischen Steinfeld gesucht. Sozusagen die Inkarnation des unermüdlichen Engagements für das Projekts ist Bernhard Marschall vom Verein zur Förderung des Schienenverkehrs in und um Zweibrücken.

Zu einem akuten Thema der Landespolitik wurde die S-Bahn nach Zweibrücken Ende 2010 vor allem dadurch, dass die FDP-Fraktion im Mainzer Landtag einen Antrag für die Wiederinbetriebnahme und Elektrifizierung der Bahnstrecke Homburg–Zweibrücken einbrachte und bei der Finanzierung das Abrücken vom Territorialprinzip forderte. Die Federführung hatte dabei der frühere Staatssekretär Günter Eymael.

Zur Überraschung nicht zuletzt auch des damals SPD-geführten Mainzer Wirtschaftsministeriums erklärte sich Ministerpräsident Kurt Beck am 15. Dezember im Landtag bereit, die Hälfte der auf das Saarland entfallenden Kosten zu übernehmen. Damit eröffnete sich die Chance für eine breite Mehrheit im Mainzer Landtag. Der FDP-Antrag wurde am 27. Januar an den zuständigen Wirtschaftsausschuss überwiesen. In der Ausschusssitzung am 10. Februar gab es dann aber zunächst eine böse Überraschung. Es gelang nicht, sich auf einen gemeinsamen Text zu einigen, obwohl es in der Sache eigentlich keinen relevanten Dissens gab. Höhepunkt (oder Tiefpunkt) der Sitzung war der Streit zwischen der SPD-Abgeordneten Margit Mohr und ihrem FDP-Kollegen Günter Eymael über die Frage, ob Zweibrücken in der Westpfalz oder in der Südwestpfalz liege. Der drohende Eklat, dass die SPD mit ihrer damaligen absoluten Mehrheit den von der CDU unterstützten FDP-Antrag ablehnt, wurde dann aber gerade noch vermieden.

SPD und Opposition einigen sich auf Text

Sehr disziplinierend auf die streitenden Landtagsabgeordneten wirkte die Anwesenheit mehrerer Bürger aus Zweibrücken, die in alle damals im Landtag vertretenen Parteien (SPD, CDU und FDP) gute Drähte hatten. Vor dem Sitzungssaal bemühten sich Abgeordnete nach Kräften, den für das Zweibrückener S-Bahn-Projekt engagierten Bürgern glaubhaft zu machen, dass sie das Projekt trotz des seltsamen Streits im Ausschuss befürworten. Tatsächlich gelang es, die verbliebenen Differenzen bis zur nächsten Plenumssitzung auszuräumen. In der Sache schloss sich die SPD de facto den Forderungen des FDP-Antrags an, die Liberalen opferten dafür lediglich etwas Oppositionsrhetorik im Text. Auf dieser Basis gab es am 25. Februar im Mainzer Landtag dann mitten in einem für rheinland-pfälzische Verhältnisse extrem polarisierten Landtagswahlkampf einen einstimmigen Beschluss für die S-Bahn nach Zweibrücken und die Mitfinanzierung des saarländischen Anteils.

Auf Ablehnung folgt halbherzige Kooperation

Damit war eine entscheidende Voraussetzung geschaffen, aber voran ging es erst einmal trotzdem nur im Schneckentempo. Seitens des Saarlandes folgte nun auf anfängliche strikte Ablehnung und totales Desinteresse immerhin eine Phase halbherziger Kooperation mit minimalen Fortschritten im Planungsprozess. Plausibel war allerdings das Argument, dass das Saarland keine weitreichenden Verpflichtungen eingehen wollte, solange unklar war, wie es mit den Regionalisierungsmitteln weiter geht, die die Länder vom Bund für den regionalen Schienenverkehr erhalten. Die strittige Frage der Regionalisierungsmittel wurde in den Jahren 2015 und 2016 geklärt. Erst als 2016 aus einem primär für die neuen Bundesländer gedachten 200-Millionen-Euro-Extratopf auch das Saarland 1 Million pro Jahr zusätzlich bekam, war das in Saarbrücken der Anstoß, sich endlich zu einer positiven Entscheidung durchzuringen. Anfang 2017 kündigte die damalige saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) an, dem „fairen Angebot“ aus Mainz für eine Mitfinanzierung zuzustimmen.

Allerdings hielt sich das Saarland immer noch eine Hintertür offen, die in Zweibrücken und Umgebung für einiges Misstrauen sorgte. Im weiteren Planungsverlauf sollte noch einmal die Wirtschaftlichkeit des Projekts überprüft werden. Im Juli 2020 stellte der Bund als Vorhabenträger und Hauptfinanzierer aber dann klar, dass er keinen Bedarf für eine neuerliche Nutzen-Kosten-Untersuchung sieht. Seitdem stehen die Signale definitiv auf Grün.

Grenzüberschreitende Angelegenheit für Schreiner

Bei einem Besuch in Zweibrücken kündigte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) nun an, dass sie hofft, den fälligen Bau- und Finanzierungsvertrag im Sommer unterschreiben zu können. Um das Projekt kümmert sich in ihrem Auftrag Werner Schreiner in einer speziellen Doppelfunktion. Zum einen ist er immer noch als S-Bahn-Projektleiter für den Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) tätig, dessen Geschäftsführer er früher war. Zum anderen ist er Beauftragter der Ministerpräsidentin für grenzüberschreitende Angelegenheiten. Damit sind zwar eigentlich vor allem deutsch-französische Themen gemeint. Gerade bei der S-Bahn nach Zweibrücken hat sich aber gezeigt, dass die Kooperation über die rheinland-pfälzisch-saarländische Landesgrenze hinweg manchmal komplizierter ist als die über die deutsch-französische.

Kommentar: Harte Geduldsprobe

Bernhard Marschall engagiert sich schon seit Jahrzehnten für das Bahn-Reaktivierungsprojekt.
Bernhard Marschall engagiert sich schon seit Jahrzehnten für das Bahn-Reaktivierungsprojekt.
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