Wirtschaft Opel-Werke in Gefahr?

Das Opel-Werk Kaiserslautern besteht seit 52 Jahren.
Das Opel-Werk Kaiserslautern besteht seit 52 Jahren.

«Rüsselsheim.»Die stockende Sanierung des Autobauers Opel gefährdet nach Auffassung des Automarkt-Experten Ferdinand Dudenhöffer den Bestand der Werke in Eisenach und Kaiserslautern.

Dass die IG Metall mit politischer Unterstützung auf die Einhaltung bestehender Tarifverträge poche, könnte dem neuen Mutterkonzern PSA als Vorwand für bislang ausgeschlossene Werkschließungen dienen, sagte der Direktor des CAR-Centers an der Universität Duisburg-Essen: „Am Ende könnte die Schließung der beiden Opel-Werke in Kaiserslautern und Eisenach stehen.“ Nur der Stammsitz Rüsselsheim sei wegen der dort sitzenden Entwicklung und der sehr modernen Produktion für PSA unverzichtbar. Die Peugeot-Mutter PSA hatte am Montag eine Investitionsentscheidung für Eisenach verschoben, nachdem Verhandlungen mit IG Metall und Betriebsrat nicht zur gewünschten Kostensenkung geführt hatten. Die Arbeitnehmer bestehen auf der Erfüllung älterer Tarifverträge, die noch mit dem Opel-Vorbesitzer General Motors abgeschlossen und von PSA übernommen worden waren. Darin sind nach Lesart des thüringischen Wirtschaftsministers Wolfgang Tiefensee (SPD) beispielsweise zwei Modelle für das Werk Eisenach vorgesehen. PSA will dort aber nur einen Geländewagen bauen und nennt dazu keine Zahlen für einen möglichen Arbeitsplatzabbau. Nach den vorerst erfolglosen Gesprächen muss Opel zum April auch die Tariferhöhung im Metall-Flächentarif von 4,3 Prozent zahlen. Dudenhöffer sieht Opel aktuell in sehr schlechter Verfassung: Die Verkäufe seien in Deutschland trotz neuer SUV-Modelle in den ersten drei Monaten abgesackt, auch für Europa seien keine besseren Zahlen zu erwarten. In diesem und dem folgenden Jahr seien außer dem Nutzfahrzeug Combo keine neuen Fahrzeuge mehr geplant: „Opel steckt in einem Produktloch. Die hohen Lohnkosten machten die deutschen Werke im PSA-Verbund sehr teuer, zumal die Produktivität nicht dem Branchenstandard entspreche, sagte Dudenhöffer weiter. Die Gewerkschaft IG Metall sei aus seiner Sicht in ihrer Strategie gefangen, da sie selbstverständlich nicht dulden könne, dass gültige Tarifverträge vom Unternehmen nicht eingehalten werden. „Die festgefahrene Situation könnte PSA-Chef Carlos Tavares als Begründung dienen, doch noch die Werke Eisenach und Kaiserslautern zu schließen“, sagte der Auto-Professor. Derzeit versucht Opel, mit Kurzarbeit und hohen Abfindungen das vorhandene Arbeitsvolumen zu senken. Die Höhe möglicher Abfindungen von bis zu 275.000 Euro ohne Zuschläge zeige deutlich den Ernst der Lage, meinte Dudenhöffer. Für die rund 18.000 Beschäftigten in Deutschland sind bis Jahresende betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Opel will die Sanierung nach eigenem Bekunden ohne Entlassungen und Werkschließungen bewältigen. Größere Investitionen hat PSA aber bislang nur für Opel-Werke außerhalb Deutschlands freigegeben. Eisenach hat rund 1800 Beschäftigte, im Komponentenwerk Kaiserslautern arbeiten laut Betriebsrat rund 2700 Menschen, darunter etwa 300 Leiharbeiter. Deren Anzahl war Ende 2017 verringert worden. Von Kurzarbeit blieb der Standort Kaiserslautern bislang verschont. Ein aktuelles Statement zur Lage in Kaiserslautern war gestern Nachmittag von Betriebsratschef Lothar Sorger nicht zu erhalten. Auch die Kündigung sämtlicher Händlerverträge sei überhaupt nicht hilfreich bei dem Vorhaben, mehr Autos zu verkaufen, ergänzte Dudenhöffer. Ziel seien neue Vereinbarungen, mit denen Leistung und Profitabilität des Handels gesteigert werden könnten, sagte dazu gestern ein Opel-Unternehmenssprecher in Rüsselsheim. In Europa werden demnach rund 1600 Verträge gekündigt, auf Deutschland entfallen davon 385. Nur zwölf dieser Betriebe solle kein neues Angebot gemacht werden, kündigte Opel-Deutschlandchef Jürgen Keller in einem Interview mit dem Fachblatt „Autohaus“ an. Von einer Ausdünnung des Vertriebsnetzes könne deshalb keine Rede sein. Die neuen Verträge sollen jetzt verhandelt werden und Keller zufolge Anfang 2020 in Kraft treten. Volker Weismann aus Frankenthal, Obermeister der Innung des Kraftfahrzeuggewerbes Vorderpfalz, sagte gestern auf Anfrage, es lägen noch keine neuen Vertragsangebote vor. Opel wolle offenbar Teile des Vertriebsnetzes umwandeln und als Hersteller den Direktvertrieb fördern. Der Handel solle wohl „ein bisschen ausgehebelt“ werden. Pfalzweit gibt es laut Weismann noch zwölf Opel-Händler.

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