Rheinpfalz „Super Eis, Kurt“

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Nein, als Voralpenland kann man Kaiserslautern nun wirklich nicht bezeichnen. Sinken die Außentemperaturen aber deutlich und stabil unter den Gefrierpunkt, dann kann im Westen Kaiserslauterns, nahe dem Bahnheim, ausgerichtet von der Sektion Kaiserslautern des Deutschen Alpenvereins (DAV), einem eher alpinen Vergnügen nachgegangen werden: Eisklettern.

Da steht sie, die Eiswand. Gut 25 Meter hoch und geschätzte acht Meter breit schmiegt sie sich an die Beton-Außenhaut des Spitzbunkers. Erhellt von Baustrahlern glitzern und funkeln die bizarren Eisformationen. Eigentlich viel zu schön und zu schade, um spitzes Metall in sie zu treiben. Eigentlich. Es nützt aber alles nichts. Denn genau das wollen die Kletter-Enthusiasten vom DAV tun. Mit Steigeisen (Kostenpunkt: etwa 200 Euro) an den Schuhen und zwei spitzen Eisgeräten (jeweils rund 200 Euro) in den Händen die Wand erklimmen. Eisgeräte erinnern ein wenig an nicht ganz so stark gebogene Sicheln. Eisklettern im nicht-alpinen Raum, in Kaiserslautern, ganz knapp vor den Toren der Stadt. Rund ein halbes Dutzend Kletterer sind, trotz Eiseskälte, am Donnerstagabend an den Bunker nahe der Pariser Straße gekommen. Dick eingepackt und mit Helmen und Stirnlampen ausgerüstet. Wer eine halbe Stunde dem Treiben am Bunker zuschaut, kennt den Spitznamen von Kurt Scheuermann, ohne ihn danach gefragt zu haben. „Na, Eismeister, bist Du zufrieden?“, spricht ihn ein Vereinskollege an. Kurt Scheuermann ist es. Er steht am Fuße des Bunkers und betrachtet sein Werk. Das entsteht immer dann, wenn die Wettervorhersage einige Tage klirrende Kälte verspricht. Dann fließt am Bunker einige Tage das Wasser. Bis die bizarren Eisformationen entstanden sind, müssen schon 30 bis 40 Kubikmeter Wasser fließen. „Wir haben Baustahlmatten und Drahtgeflechte an die Außenwand des Bunkers angebracht“, berichtet Scheuermann von unterstützenden Maßnahmen fürs Eis. Der Bunker, im Jahr 1939 errichtet, ist etwa 25 Meter hoch und steht, im wahrsten Wortsinn, bombenfest. Muss er auch, denn er will übers Eis an der Außenhaut bestiegen werden. Wie es richtig (flott) geht, das zeigt Thomas Breier, beim Lautrer DAV der Ausbildungsreferent. Was von unten mühelos aussieht, das zeugt von großem Geschick und Fertigkeit. „Super Eis, Kurt“, heißt es nach dem Aufstieg. Der Eismeister lächelt zufrieden. Seit 17 Jahren ist Kurt Scheuermann fürs Eis am Bunker zuständig. In drei Jahren habe es leider nicht geklappt, ansonsten war die Wetterlage immer mindestens ein paar Tage optimal. Will heißen: „Kälte aus dem Osten, tagsüber Minusgrade und nachts so um die Minus acht Grad“, beschreibt Scheuermann. Treffen die Bedingungen zu – Scheuermann checkt dazu immer wieder die Wettervorhersage – , dann fließt Wasser. Nach einer Woche zieren dann die karge Bunkerwand beeindruckende Eiskristalle. Und warum macht man das? „In einigen Wochen fahren wir zum Eisklettern ins Mont-Blanc-Gebiet. So bereiten wir uns vor“, verrät Scheuermann. Denn die Schlagtechnik, mit der die Eisgeräte ins Eis getrieben werden, die müsse immer wieder geübt werden. So weit, so gut. Aber warum will man grundsätzlich an großen Eismassen nach oben klettern? „Es ist herrlich in der Natur und man kommt an Orte, wo man sonst nicht hinkommt“, sagt Scheuermann und schwärmt von blauem Eis, einem beeindruckenden Anblick. „Es ist ein schöner Wahnsinn.“

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