Rheinland-Pfalz Regionale Angebote weiterentwickeln

KLINGENMÜNSTER (jüm). Die psychiatrische Krankenhaus-Versorgung in der Pfalz hat sich in den vergangenen 20 Jahren grundlegend gewandelt. DIE RHEINPFALZ hat dazu sechs der neun Spitzenkandidaten zur Bezirkstagswahl am 25. Mai befragt. Die Dezentralisierung der Therapieangebote begrüßen diese Bewerber grundsätzlich. Unterschiede werden aber bei der Ausgliederung von Servicetätigkeiten erkennbar.

Bis Ende der 90er Jahre war die psychiatrische Krankenhaus-Versorgung in der Pfalz weitgehend beim Pfalzklinikum in Klingenmünster konzentriert. Heute bietet allein diese Einrichtung an zehn Standorten ambulante und stationäre Dienstleistungen an und unterhält über 1000 Betten- oder Therapieplätze. Mit über 1800 Mitarbeitern und einem Umsatz von rund 100 Millionen Euro ist das Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie die mit weitem Abstand größte Einrichtung des Bezirksverbandes Pfalz. Aus Sicht des Bezirkstagsvorsitzenden Theo Wieder (CDU) hat sich die Regionalisierung „bestens bewährt“. Dadurch werde „eine bestmögliche psychiatrische Versorgung zu den Menschen vor Ort gebracht“. Dieser Prozess sei noch nicht abgeschlossen: Bei Bedarf würden weitere Angebote etwa in der Südpfalz entwickelt. Wie Wieder betrachtet Günter Eymael (FDP) die Regionalisierung („hat sich sehr bewährt“) auch als „Jobmotor“. Nach Überzeugung von Manfred Petry (Freie Wähler) gilt es, die Kapazitäten in den Bereichen Tageskliniken, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie „Betreuen-Fördern-Wohnen“ auszubauen. Bei letzterem handelt es sich um Einrichtungen, in denen Menschen leben, die durch ihre seelische Erkrankung mehr oder weniger dauerhaft beeinträchtigt sind. Kurze Wege für Patienten und deren Angehörige tragen zu einer besseren Versorgung bei, sagt Günther Ramsauer (SPD). Gemeindenahe Psychiatrie stelle einen wichtigen Baustein der Gesundheitspolitik des Landes und der Pfalzklinik dar. Die Einrichtung von Wohnheimen vor Ort müsse vorangetrieben werden. Bei der Betreuung seelisch kranker Kinder und Jugendlicher bedürfe es weiterer Anstrengungen hinsichtlich Kapazitäten und Dezentralisierung. Die Bevölkerungsentwicklung lässt, so Ruth Ratter (Grüne), erwarten, dass alte Menschen stärker auf ambulante, tagesstrukturierende Maßnahmen angewiesen sein werden. Sinnvoll sei die Ausweitung des Angebots dort, wo es keine alternativen wohnortnahen Unterstützungen etwa für Demenzkranke gebe. Brigitte Freihold (Linke) plädiert dafür, die Regionalisierung weiterer Fachgebiete wie beispielsweise Forensik oder Neurologie voranzutreiben. Seit 1998 firmiert das Pfalzklinikum als „Anstalt des öffentlichen Rechts“. Dabei handelt es sich laut Wieder auch heute noch um die richtige Rechtsform: Sie gewährleiste die betriebliche Unabhängigkeit und stelle den öffentlichen Einfluss des Bezirksverbandes als Gewährträger sicher. Der Klinik-Verwaltungsrat brauche allerdings mehr Kompetenzen, um seine Kontrolltätigkeit zu intensivieren, meint Eymael. Der Verwaltungsrat hat nach den Worten von Ramsauer lernen müssen, dass die Vorteile der Handlungsfreiheit in der Geschäftsführung die kontinuierliche Kontrolle nicht überflüssig machen. Fragen etwa zur Verantwortlichkeit der Aufsichtsführenden stünden im Raum, fügt Ratter hinzu. Wie die meisten Spitzenkandidaten hält Freihold die Anstalt für eine Rechtsform, die beibehalten werden sollte. Demgegenüber erinnert Petry daran, dass die Freien Wähler 1998 die GmbH-Lösung aus wirtschaftlichen Erwägungen und mit Blick auf eine durchgreifende Kontrollfunktion für die bessere Alternative gehalten haben. 2005 wurde die Pfalzklinikum Service GmbH (PSG) gegründet, in die Gebäudemanagement, Reinigung oder Speiseversorgung mit dem Ziel ausgelagert wurden, Kosten zu senken. Diese Ausgliederung habe sich bewährt, sagt Wieder. Weitere Ausgliederungen halte er gegenwärtig nicht für sinnvoll. Die Verselbstständigung von Service-Tätigkeiten hat sich laut Eymael positiv auf die Pfalzklinik-Bilanz ausgewirkt, neue Arbeitsplätze seien geschaffen worden. Weiteren Privatisierungsbedarf sehe er nicht. Die PSG habe zu Kosteneinsparungen geführt, so auch Petry. Die Schaffung der PSG war laut Ramsauer dem Kostendruck der Krankenkassen geschuldet. Neue Mitarbeiter würden einen niedrigeren Tarif erhalten. Die PSG sei für die SPD „ein nicht sehr gewünschtes Kind“, weshalb seine Partei kein Interesse an der Erfassung weiterer Bereiche habe. Eine weitere Aufsplitterung würden laut Ratter auch die Grünen mit Skepsis sehen. Die Linke lehnt, so Freihold, ein solches Outsourcing ab, da es oftmals zu deutlichen Qualitätsverlusten führe. Sollten aktuelle, die Klinik betreffende Fragestellungen künftig öffentlich, statt wie bisher meist nichtöffentlich im Klinik-Verwaltungsrat diskutiert werden? Eigentliches Führungs- und Beschlussorgan für das Pfalzklinikum als Anstalt des öffentlichen Rechts ist der Verwaltungsrat, sagt Wieder. Die Freien Wähler stehen laut Petry einer öffentlichen Diskussion kritisch gegenüber. Einmal jährlich sollte in öffentlicher Bezirkstagssitzung ausführlich über Tätigkeiten, Probleme und Herausforderungen berichtet und diskutiert werden, meint dagegen Eymael. Zur Zurückhaltung rät Ramsauer, da in der politischen Debatte, zumal in Wahlkampfzeiten, die Gefahr falscher Interpretationen oder Zungenschläge bestehe. Der Informationsfluss ist laut Ratter durch den Vorsitzenden sicherzustellen. Dagegen meint Freihold, Perspektiven und Probleme von Bezirksverbands-Einrichtungen wie der Klinik sollten nicht in Bezirksverbands-Gremien, sondern direkt und unmittelbar diskutiert werden.

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