INTERVIEW Games-Journalist Plass-Fleßenkämper: „Spiele nicht nur abfeiern, auch Probleme benennen“

Benedikt Plass-Fleßenkämper ist Lesern von Spielezeitschriften als Redakteur und Chefredakteur der fun generation und Gründungsm
Benedikt Plass-Fleßenkämper ist Lesern von Spielezeitschriften als Redakteur und Chefredakteur der fun generation und Gründungsmitglied von GamePro bekannt. Heute ist er selbstständig und schreibt unter anderem für Spiegel Online, Golem.de und PC Games.

Sie sprechen stundenlang über Games, Konsolen und die Videospielbranche: Sönke Siemens, Olaf Bleich, Andreas Altenheimer und Benedikt Plass-Fleßenkämper. Der Games-Insider-Podcast erfreut sich zunehmender Beliebtheit – auch, weil man die Initiatoren als Macher mehrerer Spielemagazine kennt. Benjamin Ginkel spricht mit Plass-Fleßenkämper aus Alzey über Spielejournalismus, Tabus und darüber, ob es denn noch einen Games-Podcast braucht.

Herr Plass-Fleßenkämper. Wie kommt’s, dass ein Mittvierziger aus Alzey sich intensiv mit Games beschäftigt?
Das ist eine lange Geschichte. Als gebürtiger Wormser hat es mich 1999 in die Spielebranche verschlagen, wo ich seitdem in verschiedenen Funktionen tätig war. Los ging’s in Würzburg bei der Zeitschrift Fun Generation, wo ich mein Talent als „Blattmacher“ entdeckt und viel gelernt habe. Dann kam ein Angebot, als PR-Manager bei Blackstar Interactive in Worms zu arbeiten. Nach eineinhalb Jahren wollte ich dann in den Journalismus zurück, weil ich bemerkt habe, dass mein Herz daran hängt. Seitdem bin ich selbstständig und leite eine Medienagentur – natürlich mit Schwerpunkt auf Spielejournalismus.

Gutes Stichwort! Ist Spielejournalismus denn überhaupt Journalismus – oder erweitertes Marketing für die Spieleverlage?
Das ist ein Fachjournalismus, wie es ihn in anderen Fachsparten ebenso gibt. Aber ja, die Nähe zu den Herstellern ist tatsächlich oft ein Problem, da über Spiele immer mal wieder zu positiv berichtet wird. Mein Ansatz ist es allerdings, das Thema mit solidem journalistischem Handwerk anzugehen und mich kritisch damit auseinanderzusetzen. Mit Reportagen oder Hintergrundgeschichten versuche ich dazu beizutragen, dass der Spielejournalismus ernst genommen wird.

Und das geht als selbstständiger Journalist? Ist man da nicht besonders auf die Unterstützung der Verlage angewiesen?
Mit meiner Art, Themen journalistisch anzugehen, bin ich tatsächlich schon angeeckt. Aber ich schreibe ja mittlerweile kaum noch selbst, sondern koordiniere und redigiere einen Stamm von Autoren, die für meine Agentur arbeiten und beispielsweise Spiegel Online oder auch Fachmedien wie PC Games beliefern. Ich sehe auch vermehrt junge Kollegen, die Spiele nicht nur abfeiern, sondern sich intensiv auch mit Problemen beschäftigen – etwa den Arbeitszeiten bei Spieleentwicklern kurz vorm Abgabetermin des Spiels.

Wenn Sie nicht nur positiv berichten, sondern auch mal den Finger in eine Wunde legen, sprechen die Spielehersteller dann noch mit Ihnen?
Da gibt’s schon mal einen nicht so netten Anruf, aber die deutsche Spielebranche ist immer noch ein Dorf, das aber in den vergangenen Jahren deutlich größer geworden ist. Wenn man so lange dabei ist, kennt man sich. Ich bin seit 1999 in der Branche. Davon abgesehen muss man als Journalist, das wissen Sie ja, ehrlich sagen, was Sache ist – egal in welcher Sparte. Man muss integer sein.

Das schätzen offenbar die Kunden ihrer Agentur und die Zuhörer des Games Insider Podcast an Ihnen.
Hoffentlich. Es ist zumindest unser Anspruch, in jeder Folge ein Thema fundiert zu beleuchten. Die ersten beiden Episoden haben wir noch mit Labern bestritten, und erzählt, was wir in der Vergangenheit gemacht haben. Wir haben aber schnell gemerkt, dass wir gute Themen brauchen, weil wir starke Konkurrenz haben.

Im Games Insider Podcast werden auch kontroverse Themen besprochen, beispielsweise der Dauerbrenner: Braucht es Wertungen für Spiele? Gibt’s im Podcast Tabus?
Kaum. Was journalistisch aufgearbeitet werden kann, gehen wir an. Die Corona-Pandemie halten wir, so gut es geht, raus, damit die Podcast-Folgen möglichst zeitlos sind.

Klingt nach viel Vorbereitung: Es reicht also nicht, sich abends virtuell zu treffen und mal eben den Podcast aufzunehmen?
(lacht) Allein schon die Themensuche und sich Fragen auszudenken, kostet Zeit. Dann gibt’s für die Kollegen zu jeder Folge noch ein ausgearbeitetes Handout vorab, damit die sich vorbereiten können. Dazu kommt manchmal noch die Suche nach einem Experten für einen O-Ton. Mit Aufnahme und Nachbereitung ist da ein Arbeitstag weg.

Bei zwei Folgen im Monat und weiteren Podcast-Formaten ... Lässt sich mit Podcasts etwas verdienen?
Naja. Ertrag und Aufwand müssen sich da noch ein wenig einpendeln. Wir gucken immer, wie wir es optimieren können. Auf der anderen Seite gibt’s stetig mehr Menschen, die uns finanziell via Patreon oder Steady mit monatlichen Zahlungen unterstützen. Was wiederum den Druck auf uns erhöht, Qualität zu liefern.

Gibt’s einen Konkurrenzkampf zwischen den Games-Podcasts? Immerhin geht’s ja um Geld.
Überraschenderweise nicht wirklich. Im Gegenteil: Man hilft sich gegenseitig, etwa, indem man sich wechselseitig einlädt. Jeder Podcast ist anders, hat andere Schwerpunkte.

Spieleveteranen, Insert Moin, Stay Forever – die Liste an Podcasts zu Computer- und Videospielen ist lang. Seit Oktober 2019 nun den Games-Insider-Podcast. Gibt’s dafür noch einen Platz?
Offenbar schon, das zeigen unsere Zugriffszahlen und die wachsende Anzahl derer, die uns finanziell unterstützen. Zum eigentlichen Hauptpodcast gibt’s deswegen für die Unterstützer eine Reihe von weiteren Podcasts, sogenannte Premium-Formate. Da geht’s beispielsweise in „Making Mags“ um Spielezeitschriften oder im „Conference Call“ darum, was uns aktuell beschäftigt.

Info

Der Games-Insider-Podcasts ist auf allen üblichen Plattformen zu finden, außerdem in der Übersicht auf www.spielejournalist.de.

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