Politik Wohlsein!

Wie gut, dass die Weinernte in Berlin schon abgeschlossen ist, sonst hätte Orkan Xavier am Donnerstag die letzten Trauben weggepustet. Obwohl: Der Schaden wäre vergleichsweise gering gewesen. Allzu viele saure Beeren hingen nicht auf dem Hauptstadt-Terroir. In Kreuzberg landeten 150 Kilogramm Spätburgunder im Eimer, in Wedding waren es um die 100 Kilo Grauburgunder. Ein Vollernter war nicht vonnöten. Die amtlichen Winzer vom Bezirksamt hatten schon vorab erklärt, dass es eine schlechte Ernte sein werde. Das sagen sie jedes Jahr. Frost, Pilzbefall, Mehltau, Regen, ach je, Berlin ist einfach noch nicht so weit für den Prädikatstropfen mit Abgang. Was mit den Trauben passiert, ist für die Berliner ohnehin ein Mirakel. Im „Tagesspiegel“ stand, dass nach der Lese das Abfüllen in Flaschen beginnt. Na ja, ein paar Arbeitsschritte liegen noch dazwischen. Die Kellermeister sind allerdings nicht in der Hauptstadt beheimatet. Die Kreuzberger Soße wird in Wiesbaden und Ingelheim von zwei Weingütern ausgebaut, während man in Achkarren am Kaiserstuhl die Weddinger Ernte in den „Hauptstadtsekt“ verwandelt. Das ganze Prozedere müsste eigentlich die Pfälzer Abgeordneten auf den Plan rufen: Um die Hauptstadttrauben kümmern sich hessische und badische Winzer. Hallo, warum keine Pfälzer? Müsste nicht SPD-Mann Gustav Herzog, Mitglied im Parlamentarischen Weinforum des Bundestages, mit seinem Parteifreund, dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, mal ein ernstes Wörtchen reden? Ist doch gerade Herzog einer der enthusiastischsten Werber für Pfälzer Gewächse. Im Wahlkampf bekamen alle Promi-Redner in Herzogs Wahlkreis Kaiserslautern ein Kistchen mit edlem Rebensaft aus dem Zellertal als Geschenk. Und erfreut zeigte sich der Pfälzer Sozialdemokrat, dass es in der SPD-Bundestagsfraktion nun eine „verbesserte Geschenkkultur“ gebe. So habe die neue Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles ihren Vorgänger Thomas Oppermann mit Rotwein von der Ahr beglückt. Die scheidende Parlamentarische Geschäftsführerin Christine Lambrecht bekam einen deutschen Weißwein, weil sie deutschen Rotwein nicht mag. „Das werde ich in dieser Wahlperiode ändern“, drohte Herzog bereits. Wenn Frau Lambrecht überzeugt werden kann, dann kommt auch bald der Hauptstadtwein aus Pfälzer Kellern. Wa?

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