Kommentar Vorteil Putin im Stellungskrieg: Ohne Rücksicht auf Verluste

Ein ukrainischer Soldat steht hinter einer Panzerartillerie, die an einer Frontlinie in der Region Charkiw auf russische Truppen
Ein ukrainischer Soldat steht hinter einer Panzerartillerie, die an einer Frontlinie in der Region Charkiw auf russische Truppen schießt.

Weil der Kreml-Chef keine Rücksicht auf seine Bevölkerung nehmen muss, ist er im Menschenleben verschleißenden Stellungskrieg klar im Vorteil.

Viele ukrainische Soldaten sind inzwischen schon fast zwei Jahre an der Front. Heimaturlaub gibt es selten. Sie sind größtenteils Wehrpflichtige, die in einem anderen Leben Fabrikarbeiter oder Musiker, IT-Fachmann oder Lehrer waren. Sie sind in den Krieg gezogen, um ihre Heimat gegen einen übermächtigen Aggressor zu verteidigen. Ihr Mut und ihr Durchhaltevermögen hat die Welt beeindruckt, ihnen viel Lob – auch von EU und Nato – eingebracht. Schließlich halten die Ukrainer Russlands Truppen fern.

Zögerlichkeit hat Menschenleben gekostet

Trotzdem waren und sind die EU-Staaten extrem zögerlich, die Ukraine mit dem zu unterstützen, was sie braucht und was Leben retten könnte: zum Beispiel Flugabwehrtechnik, Panzer und Drohnen. Die deutsche Debatte um die Lieferung von Taurus-Raketen kann man in der Ukraine niemandem vermitteln. Denn die Zögerlichkeit Deutschlands und der EU ist einer der Gründe dafür, dass Russland und die Ukraine nun im Stellungskrieg verharren.

Kreml-Chef Wladimir Putin kann aus dem Vollen schöpfen und seine Mitbürger gewissenlos an der Front verheizen. In seinem Riesenreich traut sich kaum einer aufzumucken. Kiew dagegen kann, gemessen an Moskau, nur ein Bruchteil der Menschen zu den Waffen rufen. Auch ist die Ukraine als demokratischer Staat auf Zustimmung und Unterstützung ihrer Bürger angewiesen. Parlamentarische Regeln müssen – zum Glück – eingehalten werden. Das kostet Zeit. Zeit, die die Ukraine nicht hat.

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