Mainz Plakate feiern Renaissance im Corona-Wahlkampf

Manche Parteien hängen deutlich mehr Plakate in diesem Landtagswahlkampf.
Manche Parteien hängen deutlich mehr Plakate in diesem Landtagswahlkampf.

Die Parteien dürfen diesmal schon früher plakatieren als sonst. Einige setzen so viele Plakate ein wie nie zuvor bei einer Landtagswahl. Die Wirkung auf die Wählerschaft ist nach Einschätzung von Kommunikationswissenschaftlern aber begrenzt.

Schon lange umstritten, oft als platt und oberflächlich kritisiert, erlebt das Wahlplakat in Corona-Zeiten eine Art Renaissance. Vor der Landtagswahl am 14. März legen die großen Parteien mehr Gewicht als sonst auf ihre Plakat-Botschaften. Es wird bereits früher plakatiert. Und manche Parteien hängen deutlich mehr Plakate auf als bei früheren Landtagswahlen.

Zwar sei auch die Wirkung von Plakaten in der Corona-Krise eingeschränkt, weil deutlich weniger Menschen auf den Straßen unterwegs seien, erklärt der Mainzer Publizistikwissenschaftler Marcus Maurer. Aber der direkte Kontakt mit den Wählern, etwa an Infoständen, bei Kundgebungen oder an der Haustür, entfalle am Ende vielleicht vollständig, „sodass den Parteien gar nicht mehr viel an Werbeformen übrig bleibt“. Die Reichweite sozialer Medien sei ebenfalls eingeschränkt. „Neben Plakaten fallen mir dann bloß noch Hauswurfsendungen ein. Die werden aber natürlich auch gerne ungelesen weggeworfen.“

Plakatierung schon deutlich früher

Wegen der Corona-Einschränkungen hat es der Landeswahlleiter in Bad Ems den Städten ermöglicht, den sonst vier bis sechs Wochen vor dem Wahltermin angesetzten Beginn der Plakatierung schon auf den 20. Januar vorzuziehen. „Aufgrund des aktuell bestehenden Infektionsgeschehens im Land ist davon auszugehen, dass sich die stimmberechtigte Bevölkerung in einem beträchtlichen Umfang für eine Stimmabgabe mittels Briefwahl entscheiden wird“, hieß es dazu in einem Rundschreiben. Es müsse den Briefwählern ermöglicht werden, sich bereits deutlich vor dem Wahltermin eine Meinung bilden zu können. „Es gibt ja in diesen Zeiten fast keine andere Möglichkeit, als Politiker auf sich aufmerksam zu machen“, sagt der Direktor des Städtetags Rheinland-Pfalz, Fabian Kirsch.

Die SPD verbreitet ihren auf Ministerpräsidentin Malu Dreyer gemünzten Slogan „Wir mit ihr“ auf 1850 Großflächenplakaten, darunter 1350 mobile Großflächen, die als Wesselmanntafeln bezeichnet werden, und rund 70.000 Plakaten im Format A1 und A0. „Insgesamt haben wir damit deutlich mehr Plakate als im Wahlkampf 2016“, sagt ein Parteisprecher.

Außenwerbung statt persönlicher Gespräche

„Plakate sind von zentraler Bedeutung für unseren Wahlkampf, da sie alle Menschen erreichen und an die Landtagswahl erinnern“, sagt SPD-Landesgeneralsekretär Daniel Stich. Da im Lockdown Veranstaltungen, Infostände und persönliche Gespräche kaum möglich seien, komme der Außenwerbung eine besondere Bedeutung zu. Eine größere Wirkung als Plakate sieht Stich jedoch bei „maßgeschneiderten Werbemaßnahmen“ wie dem datengetriebenen Haustür-Wahlkampf und Online-Targeting. „So mobilisieren wir genau die richtigen Wählerinnen und Wähler mit den richtigen Themen.“

Die CDU will rund 100.000 Wahlplakate aufstellen und den zentralen Slogan „Wir machen das“ mit regionalen Themen ergänzen wie „Mittel! Rhein! Brücke! Jetzt!“ oder „Ausbauen: Mobilfunk! Breitband! Straßen! B10!“ Die Menge der Bestellungen von Seiten der Kandidaten sei „insgesamt deutlich erhöht“, erklärt die Partei. „Plakate sind weiterhin ein essenzieller Bestandteil unseres Wahlkampfs, um Themen und Personen in die Fläche zu bekommen“, erklärt Generalsekretär Gerd Schreiner.

FDP „Plakate sorgen für Präsenz im Straßenbild“

Auch bei der FDP wird von einer Rekordzahl von Plakaten gesprochen. Über den Landesverband werden 23.000 Plakate im Format A1 und A0 ausgeliefert – doppelt so viele wie vor der Wahl 2016. Hinzu kommen mehr als 350 Großflächen-Plakate – im Vergleich zu 300 bei der letzten Landtagswahl. „Plakate sorgen für eine Präsenz im Straßenbild und lenken die Aufmerksamkeit auch auf digitale Veranstaltungen und Formate, die nun in großer Zahl und vielfältigster Form durchgeführt werden“, erklärte Spitzenkandidatin Daniela Schmitt.

„Das Plakat hat tatsächlich nicht sehr viele Vorteile“, sagt Maurer, dessen Forschungsschwerpunkt die politische Kommunikation ist. „Es fällt natürlich am Straßenrand auf, wenn es gut gemacht ist. Aber tieferschürfende Botschaften können da nicht transportiert werden.“

Botschaft muss kurz und eingängig sein

Plakatwerbung müsse in der Regel schnell verarbeitet werden, im Vorbeilaufen oder Vorbeifahren, deshalb seien Bilder meist sinnvoller als Texte, sagt Maurer. „Wenn ein Plakat eine wirksame Botschaft transportieren will, muss sie schon sehr kurz und eingängig sein.“

Plakate haben die Aufgabe, Mitglieder und Anhänger zu bestärken, auch an die Stimmabgabe zu erinnern. „Plakate sollen vor allem Wechselwähler mobilisieren“, heißt es im „Handbuch Medienwissenschaft“. Auch potenzielle Nichtwähler sollen so angesprochen werden. „Bekannte Politiker werden noch bekannter, Sympathien werden verstärkt.“

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