Brexit Nordirland bleibt Zankapfel zwischen Brüssel und London

Die Unionisten in Nordirland machen weiter Druck auf die britische Regierung.
Die Unionisten in Nordirland machen weiter Druck auf die britische Regierung.

Jahrelang hat der Streit um den Status Nordirlands die Brexit-Verhandlungen bestimmt. Doch wer glaubte, mit dem endgültigen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union kehre endlich Ruhe ein, hat sich getäuscht.

Gut einen Monat nach seinem Inkrafttreten wird das mühsam ausgehandelte Nordirland-Protokoll schon wieder infrage gestellt. Diese Woche soll ein Krisentreffen der EU und Großbritanniens in London Lösungen suchen. Aber einfach wird es nicht.

Aus britischer Sicht läuft es nicht rund mit den vereinbarten Sonderregeln für Nordirland. Zu Jahresbeginn klafften Lücken in Supermarktregalen, weil Transporte aus dem übrigen Vereinigten Königreich in die britische Provinz nun kontrolliert werden müssen. Bürger und Unternehmen klagen über bürokratische Hürden. Die pro-britischen Unionisten in Nordirland laufen Sturm. Wegen Gewaltdrohungen gegen Grenzbeamte wurden Kontrollen gestoppt.

Impfstofflieferung legt Lücken bloß

Und dann war da auch noch die EU-Kommission, die mit einem schrägen Manöver im Streit über Corona-Impfstoffe Öl ins Feuer gegossen hat. Zeitweise sah es so aus, als nähme Brüssel Kontrollen an der Landgrenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland in Kauf, um Impfstoff-Exporte zu überwachen. Dabei war doch das Hauptziel des Nordirland-Protokolls, genau diese Kontrollen und eine feste Grenze zwischen beiden Teilen der gemeinsamen Insel zu verhindern.

Denn das könnte den zerbrechlichen Friedensprozess in Nordirland ins Wanken bringen, wo sich jahrzehntelang Befürworter einer Vereinigung mit Irland und die Anhänger der Union mit Großbritannien einen blutigen Bürgerkrieg lieferten. Das Nordirland-Protokoll sieht vor, dass die Insel ein gemeinsamer Wirtschaftsraum bleibt und für Nordirland anders als im übrigen Vereinigten Königreich weiter Regeln von EU-Binnenmarkt und Zollunion gelten.

Johnson schickt Gove vor

Deshalb soll nun an den Häfen kontrolliert werden, wenn Ware übers Meer von Großbritannien beispielsweise ins nordirische Belfast kommt. Damit entsteht eine Warengrenze zwischen Nordirland und dem übrigen Königreich.

Premierminister Boris Johnson hat dies nie klar eingestanden, denn die Unionisten in Nordirland waren von Anfang an unzufrieden. Dabei war es Johnson, der das Protokoll aushandelte. Sein treuer Gehilfe aus Tagen des Brexit-Referendums, Staatsminister Michael Gove, setzte nun ein brisantes Schreiben an den zuständigen EU-Kommissionsvize Maros Sefcovic auf. Gove forderte, die eigentlich nur für bis zu sechs Monate vorgesehenen Übergangsfristen bis 2023 zu verlängern. „Falls es nicht möglich sein sollte, sich auf ein Vorgehen zu einigen, das der von uns vorgeschlagenen Weise entspricht, wird Großbritannien alle ihm zu Verfügung stehenden Mittel in Erwägung ziehen“, schrieb Gove. Die Drohung dahinter: London könnte ebenfalls den Notfallmechanismus von Artikel 16 bemühen und die Kontrollen auf Dauer aussetzen.

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