Politik Hass im Netz: Heftige Kritik an Löschgesetz

Zielscheibe der Kritik: Minister Maas im Bundestag.
Zielscheibe der Kritik: Minister Maas im Bundestag.

«Berlin.» Bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs gestern im Bundestag hagelte es Kritik an den Plänen, die Heiko Maas (SPD) noch vor der Sommerpause durchs Parlament bringen will. Die Linken-Abgeordnete Petra Sitte monierte, die rechtliche Beurteilung von Inhalten werde privaten Unternehmen überantwortet. Das könnte aber eine komplizierte Abwägungsfrage sein. Im Zweifel würden die Konzerne dann auch legale Äußerungen im großen Stil löschen. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz sagte, das Gesetz sei damit eine Gefahr für die Meinungsfreiheit. Er kritisierte zudem die geplante Regelung, nach der soziale Netzwerke künftig Auskunft über die Identität mutmaßlicher Täter geben können. Die Union teilt das Ansinnen von Maas. Auch vom Koalitionspartner kommt aber Kritik. Leider sei der Vorschlag für das Gesetz nicht früher gekommen. Nun stehe man unter erheblichem Zeitdruck, sagte die Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU). Sie schlug vor, die Beurteilung der Inhalte an ein Verfahren ähnlich dem der Altersfreigabe bei Filmen durch eine freiwillige Selbstkontrolle anzulehnen. Der Justizminister wies die Kritik zurück. „Es geht bei unserem Gesetz darum, dass Äußerungen, die gegen Strafgesetze verstoßen, aus dem Netz gelöscht werden“, sagte Maas und nannte als Beispiele Aufrufe zu Mord oder Gewalt, Bedrohungen, Beleidigungen und Volksverhetzung. Dem Vorwurf, die Meinungsfreiheit könne eingeschränkt werden, entgegnete er, durch das Klima der Angst, das durch Hass im Netz herrsche, könnten sich Menschen aus der Debatte zurückziehen: „Die größte Gefahr für die Meinungsfreiheit ist ein Zustand, in dem ohne Konsequenz beleidigt, bedroht und eingeschüchtert werden kann.“ Die Betreiber der sozialen Netzwerke – insbesondere Facebook, Twitter und Youtube – sollen mit der Neuregelung verpflichtet werden, offenkundig strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu löschen. In komplizierteren Fällen bekommen sie sieben Tage Zeit. Das Gesetz sieht bessere Beschwerdemöglichkeiten für die Nutzer und Bußgelder in Millionenhöhe für die Unternehmen vor, wenn ein „systematisches Versagen“ vorliegt. Am Tag vor der Beratung im Parlament hatte die „Allianz für Meinungsfreiheit“ unter anderem die Fraktionschefs von Union und SPD vor einem „gesetzgeberischen Schnellschuss“ gewarnt. Nach Auffassung des Bündnisses, zu dem der Branchenverband Bitkom oder der Deutsche Journalisten-Verband gehören, werden die Ursachen strafbarer Hetze außer acht gelassen. Zugleich werde der offene Meinungsaustausch im Netz gefährdet. Leitartikel seite 2

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