Meinung Europawahl: Demokratie unter Druck
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Europa rückt nach rechts. In Italien, Ungarn und den Niederlanden bestimmen die Nationalisten längst den politischen Alltag. Ebenso in Österreich, Belgien oder Skandinavien, und es ist im Moment sehr wahrscheinlich, dass die nächste Präsidentin Frankreichs Marine Le Pen heißen wird. Nach der Europawahl sitzen auch im EU-Parlament mehr Rechtspopulisten. Das heißt nicht, dass Brüssel nun handlungsunfähig wird. Die Mehrheiten werden auch in der nächsten Legislatur in der demokratischen Mitte gefunden werden.
In zentralen Bereichen werden allerdings die politischen Auseinandersetzungen wesentlich härter. Das muss kein Nachteil sein. Seit Jahren stöhnen selbst viele Abgeordnete über die schwerfällige „Konsensmaschine EU“. Bisweilen blieben bei der akribischen Suche nach Kompromissen, die keinem Land wirklich weh tun sollten, die eigentlichen Ziele auf der Strecke. Ein Beispiel ist die Asylpolitik. Über Jahre wurde darüber verhandelt und mehrere Male wurde der Durchbruch verkündet, wirklich gelöst wurde das Problem aber nicht. Erst durch den Druck der postfaschistischen italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni wurde kurz vor der Wahl eine Reform des EU-Asylgesetzgebung möglich.
Die Rechtspopulisten werden die EU allerdings nicht kapern. Die inhaltlichen Unterscheide zwischen den verschiedenen Gruppen sind schlicht zu groß. Zudem verfolgt im Lager der Nationalisten jeder seine eigenen Interessen, was in vielen Politikbereichen eine notwendige Kooperation fast unmöglich macht. Sie werden die Pro-Europäer in Zukunft allerdings häufiger zwingen, deutlicher Farbe zu bekennen und Entscheidungen besser zu erklären. Allein das wäre ein Gewinn für die Demokratie und damit auch für Europa.
![Am 9. Juni wird das Europa-Parlament neu gewählt. Am 9. Juni wird das Europa-Parlament neu gewählt.](/cms_media/module_img/13016/6508314_17_rubrikbig_imago0442687511h.webp)