Politik EU-Gipfel: Kontra für Merkels Pläne

Beim ersten EU-Gipfel, der sich mit dem mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021 bis 2027 beschäftigte, sagte Litauens Regierungschefin Dalia Grybauskaite: Die Mittel aus den EU-Strukturfonds seien dafür bestimmt, die Lebensverhältnisse in der EU anzugleichen, „und nicht für irgendetwas anderes“. Der Luxemburger Regierungschef Xavier Bettel findet die Idee ebenfalls nicht überzeugend: Durch Kürzungen würden nicht die Regierungen, sondern die Bürger bestraft. Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei hatten sich trotz eindeutiger EU-Beschlüsse und eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) geweigert, Italien und Griechenland Flüchtlinge abzunehmen, die in besonders hoher Anzahl in den beiden Ländern ankamen. Nach Ende des Gipfels relativierte Merkel ihren Vorstoß: Länder, die in erhöhtem Maße mit der Aufnahme von Flüchtlingen beschäftigt sind, könnten durchaus auch finanziell belohnt werden. Ihr Vorschlag könne also nicht nur als Bestrafung verstanden werden, sondern als positiver Anreiz für Länder, die mehr leisten als andere. Sie ließ zudem erkennen, dass sie hinter verschlossenen Türen unter den anderen Staats- und Regierungschefs wenig Rückhalt für die geplanten neuen Kriterien bekommen hat. Während der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bei seiner Ankunft in Brüssel auf den Vorschlag von Merkel nicht eingegangen war, kam vehementer Protest vom polnischen Europaminister. Konrad Szymanski sagte: „Wer immer ein solches politisches Manöver plant, dem kann ich nur sagen: Das wäre ein Fehler.“ Die Staats- und Regierungschefs gaben grünes Licht für die Verkleinerung des Europäischen Parlaments. Nach dem Austritt der Briten soll es von 751 auf 705 Sitze schrumpfen. Die 73 Sitze Großbritanniens fallen nicht komplett weg. 14 Mitgliedstaaten, deren Bevölkerung gewachsen ist, sollen ab 2019 mehr Abgeordnete nach Straßburg schicken dürfen. Ein Gerangel gibt es weiterhin bei der Frage, wie der nächste Kommissionspräsident bestimmt wird. Das EU-Parlament hatte kürzlich beschlossen, dass es 2019 keinen Nachfolger für Jean-Claude Juncker akzeptieren würde, der zuvor nicht als Spitzenkandidat der europäischen Parteienfamilien bei den Europawahlen angetreten ist. Die Staats- und Regierungschefs machten bei dem Gipfel deutlich, dass die Parteien zwar Kandidaten aufstellen könnten. Es gebe aber keinen Automatismus, dass die Regierungen in den Hauptstädten einen dieser Kandidaten auch vorschlagen werden. leitartikel seite 2

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