Politik Das Ende einer Freundschaft

Der US-Präsident demontiert öffentlich seinen Justizminister Jeff Sessions. Den Politiker, der sich im Wahlkampf als erster der 100 Senatoren hinter Donald Trump gestellt hat. Nun ist der Minister in Ungnade gefallen. Denn Trump treibt die Wut, dass er die Russland-Affäre einfach nicht los wird.

Fast eine Stunde nahm sich der US-Präsident für sein jüngstes Interview mit der „New York Times“ Zeit, und über weite Strecken war er bestens gelaunt, berichten die Journalisten. Doch bei einem Thema hörte der Spaß für Donald Trump auf: der Russland-Affäre. Also der Frage, ob die Russen im Wahlkampf 2016 mitgemischt haben, um seiner Konkurrentin Hillary Clinton zu schaden – und ob das mit Wissen und Wollen der Republikaner geschah. Trump möchte die lästigen Ermittlungen loswerden und kennt dabei weder Freund noch Feind. Diesmal traf es seinen Justizminister Jeff Sessions. Der Mann aus Alabama im Süden der USA hat sich im Wahlkampf als erster der 100 Senatoren hinter Donald Trump gestellt. Das Amt des Justizministers galt insofern auch als eine Art Belohnung für den 70-Jährigen. Aber nach seinem Amtsantritt fiel er bei Trump schnell in Ungnade. Denn Sessions erklärte im März kurz nach seiner Ernennung, er werde sich aus den Ermittlungen rund um mutmaßliche Russland-Kontakte des Trump-Teams während des Präsidentschaftswahlkampfes heraushalten. Zuvor war bekannt geworden, dass der Republikaner bei einer Anhörung nicht angegeben hatte, sich 2016 mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak getroffen zu haben. Der Rückzug Sessions aus den Ermittlungen war aus Trumps Sicht ein unverzeihlicher Fehler. „Jeff Sessions nimmt den Job, tritt den Job an, erklärt sich für befangen, was ich offen gesagt für sehr unfair gegenüber dem Präsidenten halte“, wütete Trump. Seine Meinung: „Sessions hätte sich niemals zurückziehen sollen, und wenn er sich zurückziehen wollte, hätte er mir das sagen sollen, bevor er den Job angenommen hat. Dann hätte ich jemand anderes genommen.“ Sessions ließ die Kritik abprallen. Er werde nicht zurücktreten, sagte er. Die öffentliche Demontage zeigt, wie sehr die Nerven des Präsidenten bloß liegen. Immerhin ermitteln in der Affäre neben der Bundespolizei FBI mehrere Kongressausschüsse und ein vom Justizministerium eingesetzter Sonderermittler. Auch den würde Trump am liebsten rausschmeißen, so wie er es mit dem früheren FBI-Chef James Comey getan hatte. Aber seine Berater haben ihm abgeraten. Stattdessen schlug Trump nun auf den parteiübergreifend geachteten Sonderermittler Robert Mueller ein. Er warf ihm Interessenskonflikte vor und warnte ihn davor, die Ermittlungen auf die Finanzverhältnisse der Familie Trump auszuweiten. Und in der Rage bekam auch Vize-Justizminister Rod Rosenstein einen mit, der die Aufsicht über die Russland-Untersuchung führt. Sein Vergehen: die falsche Herkunft. „Rod Rosenstein, der aus Baltimore kommt“, ätzte Trump. „Es gibt sehr wenige Republikaner in Baltimore, wenn überhaupt. Also, er kommt aus Baltimore.“ Trumps Nervosität ist nicht verwunderlich. Zwar haben die Ermittler bisher keine stichfesten Beweise für Absprachen zwischen seinem Wahlkampfteam und Russland gefunden. Aber es kommen immer neue kompromittierende Details ans Licht. So hatten sich sein Sohn Donald Trump Junior, Schwiegersohn Jared Kushner und der damalige Wahlkampfmanager Paul Manafort mit einer russischen Anwältin getroffen, die ihnen belastendes Material über Clinton versprochen hatte. Für Irritation sorgte auch, dass sich Trump beim G-20-Gipfel in Hamburg zum Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zurückzogen hat – entgegen der Gepflogenheiten zwar mit russischem, aber ohne amerikanischen Dolmetscher. Er habe mit Putin vor allem „Nettigkeiten“ ausgetauscht, sagte Trump der „New York Times“. Entgegen Trumps Wunsch bleibt die Russland-Affäre auf der Tagesordnung. Am Montag soll der Schwiegersohn vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagen. Am Mittwoch sind dann Sohn Trump Jr. und Manafort im Justizausschuss dran. Einer der größten Kritiker des Präsidenten in den eigenen Reihen in Sachen Russland wird im Kongress dann allerdings fehlen: Der republikanische Senator John McCain ist an Krebs erkrankt. Die Ärzte entdeckten einen Hirntumor bei dem 80-Jährigen. Der Vietnamkriegsveteran ist ein politischer Haudegen, der über die Parteigrenzen hinweg geschätzt wird und kein Blatt vor den Mund nimmt. Er misstraut Putin und hält es für erwiesen, dass die Russen die US-Wahl manipulieren wollten. Nach Aussage seiner Ärzte hat McCain sich von der Operation erstaunlich gut erholt. Seine zugrundeliegende Gesundheit sei „exzellent“ und McCain selbst „guter Dinge“. Der US-Präsident wünschte dem Senator eine baldige Genesung. McCain sei schon immer ein Kämpfer gewesen, erklärte Trump. Ex-Präsident Barack Obama, gegen den McCain 2008 angetreten war, nannte den einstigen Konkurrenten auf Twitter „einen amerikanischen Helden“. Der Krebs wisse nicht, mit wem er es aufgenommen habe, schrieb Obama: „Mach ihm die Hölle heiß, John.“

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