Karabach-Konflikt Beziehungspflege im Südkaukasus: Annäherung zwischen Türkei und Armenien

Der türkische Präsident legt in der Außenpolitik Wert auf gute persönliche Beziehungen.
Der türkische Präsident legt in der Außenpolitik Wert auf gute persönliche Beziehungen.

Der türkische Präsident will nach einem Ende des Karabach-Konflikts die Beziehungen zu Armenien normalisieren. Im armenischen Premier Paschinjan glaubt Erdogan einen Partner dafür gefunden zu haben.

Recep Tayyip Erdogan nimmt den armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan gegen Kritik in Schutz: Paschinjan trage keine Schuld an Provokationen, die zum jüngsten Angriff Aserbaidschans auf Karabach geführt hätten, sagte er jetzt. Schon zuvor hielt Erdogan große Stücke auf Paschinjan. Er rechnete es dem armenischen Ministerpräsidenten hoch an, dass dieser im Juni zu seiner Vereidigung für seine dritte Amtszeit nach Ankara kam, während die meisten westlichen Spitzenpolitiker zu Hause blieben.

Erdogan, der in der Außenpolitik Wert auf gute persönliche Beziehungen zu internationalen Politikern legt, vergisst so etwas nicht. Paschinjan habe sich mit der Reise in die Türkei über große innenpolitische Hürden hinweggesetzt, sagte Erdogan nach einem Treffen mit dem Premier bei der Vereidigungsfeier. Der Besuch sei ein „wichtiger Schritt“ gewesen.

Osmanischer Völkermord

Erdogan und der 2018 ins Amt gekommene Paschinjan haben sich im vorigen Oktober zum ersten Mal persönlich getroffen. Der türkische Staatschef sagte damals, er glaube an das „Ziel einer vollständigen Normalisierung“ der Beziehungen zu Armenien. Bisher wird dies durch den Karabach-Konflikt, bei dem die Türkei auf der Seite ihres Verbündeten Aserbaidschan steht, und den Streit um den osmanischen Völkermord an den Armeniern im Ersten Weltkrieg verhindert. Die beiden Nachbarstaaten unterhalten keine diplomatischen Beziehungen, die Grenze ist seit 30 Jahren geschlossen.

Jetzt machte Erdogan vor türkischen Journalisten bei der UN-Vollversammlung in New York deutlich, dass er die jüngsten Gefechte in Karabach nicht als Auseinandersetzung zwischen Aserbaidschan und Paschinjans armenischer Regierung verstanden wissen will. Schuld seien vielmehr armenische „Proleten“ in Karabach. Deren kürzliche Wahl eines eigenen Präsidenten sei Aserbaidschan und Armenien gleichermaßen gegen den Strich gegangen.

Schrittweise Verbesserungen

Zwischen der Türkei und Armenien hat es in den vergangenen zwei Jahren kleine Verbesserungen und mehr Kontakte auf Regierungsebene gegeben. Nach mehrjähriger Unterbrechung starteten Anfang 2022 neue Direktflüge zwischen Istanbul und Eriwan. Der Karabach-Konflikt blockierte bisher jedoch größere Fortschritte. Offene Grenzen und normale Beziehungen mit Armenien könnten der türkischen Exportwirtschaft helfen und den politischen Einfluss Ankaras im Kaukasus stärken. Armenien würde seine Isolation im Kaukasus durchbrechen und wäre weniger von Russland abhängig.

Über Nacht werden sich die türkisch-armenischen Beziehungen nicht erholen. Viel wird davon abhängen, ob Berg-Karabach ohne Massenvertreibungen in den aserbaidschanischen Staat eingegliedert wird und ob die Spannungen zwischen den bisher verfeindeten Staaten Aserbaidschan und Armenien abnehmen. Wenn neue Konflikte ausbrechen sollten, dürfte sich die Türkei wie bisher an die Seite von Aserbaidschan stellen.

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