Rheinland-Pfalz Neonazi-Partei meldet sich zurück

Tritt bei der Kommunalwahl in seinem Pfälzer Wohnort Weidenthal an: Klaus Armstroff, der Bundesvorsitzende der Partei III. Weg.
Tritt bei der Kommunalwahl in seinem Pfälzer Wohnort Weidenthal an: Klaus Armstroff, der Bundesvorsitzende der Partei III. Weg.

«Speyer.» Die römische Ziffer III ziert den Schokoguss eines Kuchens, der im Spätsommer 2018 neben frischen Waffeln und einer Ketchup-Flasche auf einem Buffet-Tisch bereitsteht: für einen „Familien- und Gemeinschaftstag“ irgendwo in der Pfalz. Die Kleinen dürfen dabei basteln und auf „Wikinger-Schatzsuche“ gehen. Doch vor allem soll ihnen eine bestimmte „Weltanschauung“ beigebracht werden, die, so sagen es Verfassungsschützer immer wieder, recht ungeniert an den Nationalsozialismus der Hitler-Zeit anknüpft. Denn die römische Ziffer auf dem Schokokuchen steht für die Partei III. Weg. Deutschlandweit soll sie etwa 500 Mitglieder zählen, in Rheinland-Pfalz etwa 50. Unter ihnen sind altbekannte Pfälzer Extremisten, viele waren früher in der NPD. So wie Klaus Armstroff, der in Weidenthal (Kreis Bad Dürkheim) wohnt und seit der Gründung seiner neuen Partei im Jahr 2013 als Bundesvorsitzender an deren Spitze steht. Oder wie Mario Matthes, der aus dem Rhein-Pfalz-Kreis stammt und 2009 von der Mainzer Uni flog, nachdem er einen linken Studenten verprügelt hatte. Beim III. Weg hat es der Mann mit dem straff gezogenen Seitenscheitel zum regionalen Anführer gebracht, er ist „Stützpunktleiter Pfalz“. Bundesweit 18 derartige Dependancen zählt die Neonazi-Truppe mittlerweile, im Internet vermelden sie stolz ihre jeweiligen Aktivitäten: Fackelmärsche und Sonnwend-Feiern, Vorträge und Kampfsport-Kurse, Flugblatt-Verteilaktionen und Patrouillengänge im Bürgerwehr-Stil. Und klassische Kundgebungen auf öffentlichen Plätzen, bei denen Parteifunktionäre ihre Reden schwingen. Gleich drei von ihnen sollen heute bei einer derartigen Veranstaltung in Speyer ans Mikrofon. Etwa gleichzeitig – ab 12.15 Uhr – findet auf dem Berliner Platz eine Gegenkundgebung statt, bei der unter anderem die neue Speyerer Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) sprechen wird. Die Polizei hat sich nach eigenen Angaben gut vorbereitet. Mit wie vielen Extremisten sie tatsächlich rechnen, halten die Behörden allerdings geheim. Szenekenner gehen davon aus, dass der III. Weg sich bemühen wird, wenigstens ein paar Dutzend Anhänger zu mobilisieren. Denn ausgerechnet in der Wohnregion ihres Bundesvorsitzenden Armstroff ist die Partei zuletzt kaum in Erscheinung getreten. Der „Stützpunkt Pfalz“ vermeldete 2018 neben dem internen „Familien- und Gemeinschaftstag“ kaum eigene Veranstaltungen, bei ausländerfeindlichen Demonstrationen in Kandel tauchten Anhänger des III. Wegs allenfalls als Mitläufer auf. 2014 und 2015 waren sie noch deutlich aktiver: Sie meldeten Kundgebungen an, stopften Flugblätter in Briefkästen und kamen zu Einwohnerversammlungen, in denen es um neue Flüchtlingsheime ging. Doch politischer Erfolg blieb für sie trotzdem aus: Bei den Landtagswahlen 2016 ernteten sie landesweit nur knapp 2000 Wählerstimmen. Ähnlich mau war für den III. Weg schon die Kommunalwahl zwei Jahre zuvor ausgegangen: Da war der Bundesvorsitzende Armstroff aus dem Bad Dürkheimer Kreistag geflogen, in den er 2009 noch als NPD-Mitglied eingezogen war. Trotzdem hat er angekündigt, beim nächsten Urnengang am 26. Mai 2019 wieder anzutreten, diesmal will der gelernte Elektriker wenigstens in den Rat seines Wohnorts Weidenthal. Und bei der Europawahl, die am gleichen Tag stattfindet, will seine Partei ebenfalls auf den Stimmzetteln vertreten sein. Dabei kommt es für sie gar nicht so sehr darauf an, ob sie tatsächlich nennenswert Wählergunst einheimst. Schon das bloße Antreten bei Urnengängen sichert ihr Überleben. Denn die Armstroff-Truppe ist ein Sammelbecken für Extremisten, die sich zuvor in der mittlerweile verbotenen Neonazi-Kameradschaft „Freies Netz Süd“ tummelten. Als dessen Nachfolgeorganisation könnte dem III. Weg daher ebenfalls leicht die Zwangsauflösung drohen. Doch weil sie als Partei auftritt, steht die Organisation unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Allerdings hatten die Fraktionen des bayerischen Landtags vor etwa einem Jahr das Bundesinnenministerium aufgefordert, da noch einmal genau hinzuschauen. Ihr Verdacht: Der III. Weg tut nur so, als ob er sich dem demokratischen Wettbewerb stellt. Und wenn er deshalb nur als Schein-Partei einzustufen ist, könnte er doch noch wie ein gewöhnlicher Verein verboten werden – eine Idee, die auch Mainzer Landespolitikern erfolgversprechend schien. Inzwischen allerdings hat das Bundesinnenministerium mitgeteilt: Der III. Weg erfülle „derzeit“ alle Voraussetzungen, die im Parteiengesetz festgeschrieben sind. Doch Armstroff und seine Mitstreiter werden darauf zu achten haben, dass dies auch so bleibt. Mit Kundgebungen wie der in Speyer können sie belegen, dass sie auch in der Pfalz nicht nur ihre Namen auf Stimmzettel schreiben lassen, sondern tatsächlich um Wählergunst kämpfen. Auch wenn sie das 2015 als öffentliche Anlaufstelle versprochene Parteibüro in der Region bis heute nicht eröffnet haben. Dafür scheint es inzwischen eine Immobilie zu geben, die als Treffpunkt für interne Veranstaltungen dient. Die Bilder vom „Familien- und Gemeinschaftstag“ sind irgendwo in der Pfalz in einem frisch renovierten kleineren Saal entstanden, dessen Wände in der dunkelgrünen Parteifarbe des III. Wegs gestrichen sind. Mitte Dezember haben sich die Anhänger dort wieder getroffen: zur Weihnachtsfeier.

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