Wandern im Pfälzerwald Unterwegs auf dem Ritter-Gerin-Weg bei Schönenberg-Kübelberg
Ganz schön unheimlich: Seit wir die letzten Ausläufer von Schönenberg-Kübelberg hinter uns gelassen hatten, ging es auf lichten und ebenen Asphalt- und Schotterwegen durch Wiesen und am Waldrand entlang. Und jetzt führt ein schmaler Trampelpfad mitten hinein in den verwunschen wirkenden Wald und einen vereinzelten Hügel steil hinauf zu einer mittelalterlichen Hinrichtungsstätte. Fahl fällt das Sonnenlicht durch die Baumkronen und verleiht dem historischen Ort des Schreckens etwas Mystisches.
Der gesamte Ritter-Gerin-Weg auf einen Blick:
Diese Wanderung führt über ein Teilstück des Ritter-Gerin-Wegs
Im Gedächtnis haftendes Erlebnis
Auch wenn eine Sitzgruppe hier zum Verweilen einlädt und das schattige Plätzchen an heißen Tagen Vorteile für eine Rast bietet, will sich angesichts des mit Eisendornen bewehrten schwarzen Metallreifens, der auf einer Stange steckt, so recht keine Vesperstimmung einstellen.
Zumal wir zuvor im Reiseführer „Mystery – Die großen Mythen der Pfalz“ von Harald Hartusch (Bonjour Deutschland, M+H Verlag Saarbrücken) gestöbert haben und sich vor unserem inneren Auge die dort geschilderte „Prozession, angeführt von einem Geistlichen, einigen herrschaftlich gekleideten Gerichtsherren, zwei Bütteln, den stolpernden und von vorangegangener Folter gezeichneten Verurteilten zwischen sich, sowie dem Scharfrichter und seinem Gehilfen“ formiert. Eine Infotafel beschreibt, was sich hier einst zugetragen hat, als der Rabentisch dem „Blutgericht“ diente, sprich: Verurteilte gerädert oder mit Beil oder Schwert hingerichtet wurden. Einige hundert Meter Luftlinie entfernt findet sich das „Halsgericht“: der Galgen. Zwei Orte des historischen Gerichts Kübelberg, die Geschichte von ihrer schaurigen Seite dokumentieren, doch dank der ländlichen Kulisse heute auch mit Idylle punkten. Ein beeindruckender Kontrast und ein im Gedächtnis haftendes Erlebnis auf einer interessanten Wanderung durch die Historie.
Aufgebrochen sind wir am Parkplatz gegenüber dem Rathaus. Schnell finden wir hier den Einstieg in den sehr gut markierten Ritter-Gerin-Weg, der auf mehreren Schleifen Schönenberg-Kübelberg und den Ohmbachsee streift. Am Rathaus ist Interessantes über die Verwaltung allgemein und die Anfänge des Gerichts Kübelberg speziell zu erfahren, das im Jahr 1291 erstmals erwähnt wurde. Es bestand bis 1797 und war für zwölf Dörfer zuständig. Auch eine Zeittafel zur Geschichte findet sich hier.
Alte Bahnstation und Bierkeller
Mit Blick aufs Rathaus führt der Weg nach links entlang der Hauptstraße. Hinter dem Seniorenheim biegen wir rechts ab und spazieren, stets begleitet vom skizzierten Ritterhelm, durch die Siedlung zum Ortsrand, wo die nächsten Informationstafeln auf historische Besonderheiten aufmerksam machen: den Bierkeller zweier einst in Schönenberg beheimateten Brauereien und die Bahnstation der Glantalbahn. Gebäude zeugen noch davon.
Die Bahnstrecke wurde Anfang des 20. Jahrhunderts unter der Mithilfe italienischer und kroatischer Gastarbeiter gebaut, um Bad Münster am Stein mit St. Ingbert-Scheidt zu verbinden. 1903 erreichte die Trasse Schönenberg, das zuvor mit Kübelberg um den Standort der Station gestritten hatte, wie zu lesen ist. 1904 wurde die Strecke feierlich eingeweiht. Doch schon 60 Jahre später sank der Bedarf rapide – und 1984 war hier Schluss mit dem Bahnverkehr. Auf Teilen der Trasse verläuft heute der Glan-Blies-Radweg, den wir überqueren.
Militärischer Schutzbereich
Außerhalb des Orts werden wir auf Warnhinweise zu einem militärischen Schutzbereich aufmerksam. Zäune und Schilder dieser Art begleiten auch den weiteren Weg. Wie wir erfahren, ist der Peterswald als Army-Depot der US-Streitkräfte gesperrt. Das gilt leider auch für die Treverer Siedlung: zwei schindelbedeckte, von einer Hecke umfriedete Hütten, die wir uns gerne näher angeschaut hätten.
Bei bedecktem Himmel und angenehmen Temperaturen erreichen wir auf offener Strecke nach gut eineinhalb Stunden den Rabentisch. Auf der anderen Hügelseite führt ein landschaftlich reizvolles Teilstück des Wegs weiter zum keltischen Hügelgrab. Wir haben die Entfernungen auf dem Flyer unterschätzt und beschließen dort, den Galgen auszulassen und zurückzulaufen. Durch einen Tunnel queren wir den Glan-Blies-Radweg und sind bald am Auto. Durch Wissen und Sehenswertes bereichert, scheint uns der Ritter-Gerin-Weg aber auf jeden Fall mehr als nur diese eine Reise wert.
Wegweiser
Ritter-Gerin-Weg auf einen Blick
Start & Ziel: Kulturhaus Kübelberg, Kirchengasse 1-3, Schönenberg-Kübelberg; komplette Strecke: ca. 30,5 Kilometer; 370 Höhenmeter; ganzjährig in Abschnitten wanderbar; für Familien geeignet. Der im Text beschriebene Teilabschnitt ab dem Bürgerhaus Schönenberg bis zum Hügelgrab ist ohne Abstecher zum Galgen etwa 7 Kilometer lang und einfach. Wer noch den Galgen besucht und entlang der Straße zurückläuft, muss mit rund 9 Kilometern rechnen. Bei Hitze empfiehlt sich die Tour nur mit ausreichendem Sonnenschutz.
Ergänzende Erlebnisse
Eine Ausstellung zur Geschichte des Gerichts Kübelberg findet sich im Kulturhaus, Kontakt: Stephanie Kaiser, 0176 79087991, kulturhaus@schoenenberg-kuebelberg.de. Die Keltensiedlung und der Bierkeller sind nur mit Begleitung zu besichtigen, Infos: 06373 504125 (Mo-Do vormittags); www.vgog.de (Tourismus).
Sommerspaß am Wasser
Der Ritter-Gerin-Weg führt um den Ohmbachsee herum. Hier finden sich ein Wasserspielplatz, der Campingpark Ohmbachsee, eine Grillhütte, ein Tretbootverleih und mehr.
Einkehrtipp in Kübelberg
Gasthaus Schleppi mit Biergarten, günstige Tagesgerichte wie Schnitzel, Grillteller und Pizza; geöffnet Di-Fr/So 11-14, 17-23 Uhr, Sa 17-22 Uhr (Küche bis 21 Uhr), www.schleppi.de, 06373 2785, gh-schleppi@t-online.de
Suchen und Buchen
Infos zu Ausflugszielen der Region und mehr auch bei der Tourist-Info Pfälzer Bergland: 06381 424270, www.pfaelzerbergland.de
Alle RHENPFALZ-Wandertipps im Überblick:
- Orange = Unter 8 Kilometer
- Rot = Zwischen 8 und 15 Kilometern
- Schwarz = Über 15 Kilometer