Podcast „Alles Böse“ „Papa, nicht die Mama totmachen“
Für ein paar Sekunden war es ganz still im Frankenthaler Gerichtssaal. Gerade hatte der Angeklagte aus der Vorderpfalz mit zitternder Stimme berichtet, wie er Monate zuvor mit einem großen Küchenmesser auf seine Frau eingestochen hatte. Wieder und wieder. Bis der dreijährige Sohn des Paares in der Tür stand: „Papa, nicht die Mama totmachen.” Und der andere, sechsjährige Sohn erkannte: „Die Mama ist schon tot.”
Erklärungsversuche des Angeklagten
Warum es so weit gekommen war, das wollte der damals etwa 40 Jahre alte Angeklagte in seinem Prozess dann durchaus erklären. Er erzählte von Monaten voller widersprüchlicher Signale seiner Frau: Wie sie sich von ihm trennte, auszog und dann doch wieder zuließ, dass er beinahe jeden Tag in ihrem neuen Appartement war. Wie sie ihm sagte, dass sie ihn liebte. Und wie sie mit ihm wieder in eine gemeinsame Wohnung zog.
Doch andererseits, behauptete der Mann, habe sie bei ihren Freundinnen über ihn gelästert. Und ihn mit Sticheleien gereizt. Und Textnachrichten von anderen Männern bekommen, aus denen er schloss, dass sie ihm untreu war. Zermürbt habe ihn das ewige Hin und Her, sagte er. Und traurig gemacht. Bis hin zu einem – wohl eher symbolischen – Suizidversuch. Und zwei Kurzaufenthalten in der Psychiatrie.
Eine undurchsichtige Geschichte
Noch im Prozess schien ihm sogar denkbar, dass seine Frau irgendwie an einem gegen ihn geschmiedeten Komplott beteiligt gewesen war. Er erzählt den Richtern eine undurchsichtige Geschichte von einem dunklen BMW, der ihn verfolgt habe, als er auf Bitten seiner Frau aus einem Schnellrestaurant für die Familie Essen holen wollte. Und von ihrer merkwürdigen Reaktion, als er unverrichteter Dinge nach Hause zurückkehrte.
Was seine Frau zu all dem gesagt hätte, versuchte das Gericht durch Zeugen herauszufinden. So wurde zumindest klar: Dass sie ihrem Mann untreu sei, das hatte sie immer abgestritten. Und dass er sie im Streit einmal brutal geschlagen hatte, schien sie kaum jemandem erzählt zu haben. Eine Nachbarin des Paars berichtete: Sie dachte, die beiden hätten eine nahezu perfekte Beziehung.
Eine Bemerkung des Nachbarsjungen
Also ahnte sie auch nicht, was passieren würde, als sie den Anfang des letzten, des tödlichen Streits miterlebte. Auslöser war eine Bemerkung ihres vierjährigen Sohns, die dem Angeklagten wiederum eines seiner Kinder zugetragen hatte. Was die Jungen da wirklich gesagt hatten, war hinterher nicht mehr zu rekonstruieren. Deutlich wurde im Prozess aber, was im Kopf des Täters daraus geworden war.
Er verstand es so: Seine etwa zehn Jahre jüngere Frau plante hinter seinem Rücken wieder eine Trennung. Also begann er mit ihr am Abend einen Streit, der in den frühen Morgenstunden des Folgetags erneut aufflammte. Und dann griff er zu einem Küchenmesser, mit dessen 23 Zentimeter langer Klinge er 53-mal zustach. Wegen Totschlags im Affekt wurde er daher schließlich von den Frankenthaler Richtern zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Journalistische Gratwanderung
Christoph Hämmelmann hat damals für die RHEINPFALZ berichtet. Im Podcast-Gespräch mit dem stellvertretenden Chefredakteur Uwe Renners erzählt er nun, wie ein psychiatrischer Gutachter die Schreckenstat erklärte. Und er erläutert, wie die Redaktion mit solchen Fällen umgeht. Schließlich bedeuten sie für Journalisten eine Gratwanderung: Sie müssen Rücksicht auf die betroffenen Familie nehmen, aber auch die Öffentlichkeit informieren.
Kostenlos abrufbar ist die neue “Alles Böse„-Folge im Webplayer auf rheinpfalz.de und auf allen gängigen Podcast-Plattformen.