Pfalz Gefährliche neue Zeckenart: „Sie rennt, sie ist schnell“

Zecken zählen zu den Spinnentieren, wie Skorpione und die Milben. Dieses Exemplar gehört wahrscheinlich zur Art Hyalomma margina
Zecken zählen zu den Spinnentieren, wie Skorpione und die Milben. Dieses Exemplar gehört wahrscheinlich zur Art Hyalomma marginatum, die regelmäßig in ganz Deutschland gefunden wird.

Sie sind weit größer als die hierzulande bisher bekannten Zeckenarten, laufen auf ihre Beute zu und beißen sich vor allem an Pferden fest. Hyalomma-Zecken waren bis vor wenigen Jahren vor allem in Afrika heimisch. Jetzt sind mehrere kurz hintereinander in der Vorderpfalz aufgetaucht.

Das heiße und trockene Sommerwetter begünstigt eine bislang vor allem in Nordafrika heimische Zeckengattung. Die nach ihrem Gattungsnamen als Hyalomma bezeichnete Zecke werde in diesem Jahr häufiger beobachtet als im vergangenen, eher feuchten Jahr, sagt die Stuttgarter Zeckenforscherin Ute Mackenstedt nach aktuellen Hinweisen aus der Vorderpfalz.

„Dieses Tier ist uns bisher nie untergekommen“, berichtet die Reiterin Susanne Mengelberg in Bobenheim-Roxheim im Rhein-Pfalz-Kreis. Auffallend seien die besondere Größe und die gestreiften Beine. Innerhalb von wenigen Tagen sei die Zeckenart fünfmal aufgetaucht, habe Bisswunden und Saugstellen an besonders empfindlichen Partien der Pferdehaut hinterlassen. „Sie rennt, sie ist schnell“, sagt Mengelberg.

Mit Zugvögeln gekommen?

Anders als der weit verbreitete Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus), der seine Opfer über Temperatur und Geruch wahrnimmt und sich dann im Gras oder Unterholz an sie heftet, sind Hyalomma-Zecken aktive Jäger, die ihren Opfern über längere Strecken nachsetzen können. Auf die Sehfähigkeit nimmt der griechische Name Bezug: Hyalomma bedeutet so viel wie Glasauge. In Deutschland sind bislang zwei verschiedene Arten aufgetreten, die in Afrika heimische Hyalomma rufipes und die in Südosteuropa und der Türkei verbreitete Hyalomma marginatum. Neben Pferden und anderen großen Säugetieren gehen die Zecken auch an Menschen.

In der Nähe der Reiterwiesen bei Bobenheim-Roxheim gibt es mehrere Weiher mit vielen Kanada- und Graugänsen. „Wir gehen davon aus, dass Hyalomma mit Zugvögeln in unsere Breiten gelangen“, sagt die Expertin Mackenstedt, die im Fachgebiet Parasitologie an der Universität Stuttgart-Hohenheim forscht. Im Entwicklungsstadium der Nymphe saugen sich die Zecken an den Vögeln fest. Fallen sie dann hierzulande von ihren Wirten ab und finden günstige Wetterbedingungen vor, können sie sich zu erwachsenen Tieren entwickeln.

Bis zu 2000 Eier

„Das Auftreten von Hyalomma stimmt sehr gut mit den Strecken des Vogelflugs überein“, sagt Mackenstedt. Dazu gehört das Rheintal. Nachweise gibt es auch in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. „In den nächsten Jahrzehnten könnte es durch den Klimawandel dazu kommen, dass sich eine Hyalomma-Art hier festsetzen und heimisch werden kann“, sagt die Wissenschaftlerin. Je nach der Menge gesogenen Blutes legt Hyalomma rufipes bei jeder Eiablage nahezu 2000 Eier. „Die hohe Zahl von Nachkommen ist ein Faktor, der der Zecke die Eroberung eines neuen Lebensraumes erleichtern kann“, erklärt das Robert Koch-Institut.

Hyalomma-Zecken können das Krim-Kongo-Fieber (CCHF) übertragen, eine Virusinfektion mit hoher Sterblichkeit. In der Türkei sind seit 2002 Tausende von Menschen daran erkrankt; in fast fünf Prozent der Fälle hatte die Krankheit laut RKI einen tödlichen Verlauf.

Das Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz warnte 2018 vor den Hyalomma-Zecken – auch damals war der Sommer besonders trocken und heiß. Das Auftreten von Hyalomma ist aber weder melde- noch anzeigepflichtig. Die Behörden haben damit auch keine Informationen über die aktuelle Verbreitung. Reiterin Susanne Mengelberg ist besorgt: „Ich hoffe sehr, nie wieder einer Hyalomma zu begegnen.“

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