Blieskastel Station auf einer ungewöhnlichen Tour: Kleines Konzert im Kirchturm

Free Jazz im Kirchturm: Saxofonist und Klarinettist Hartmut Oßwald (vor dem Fenster sitzend) und der Posaunist Christof Thewes.
Free Jazz im Kirchturm: Saxofonist und Klarinettist Hartmut Oßwald (vor dem Fenster sitzend) und der Posaunist Christof Thewes.

Kurz und dennoch gerade lange genug musizierten die beiden Free-Jazzer Hartmut Oßwald und Christof Thewes am Samstagmittag im Kirchturm der 1100 Jahre alten katholischen Kirche in Blieskastel-Altheim.

Der Saarbrücker Saxofonist und Klarinettist Hartmut Oßwald, diesmal nur mit dem Saxofon, und der aus Schiffweiler stammende Posaunist Christof Thewes haben am Samstag Neuland betreten. Bereits am Donnerstag hatten sie ihre Audio-Produktion „Spacy Places“ im Bioladen im Nauwieser Viertel in Saarbrücken begonnen und am Freitagabend im Wochenendhaus von Rudi Schwarz in Blieskastel-Ballweiler weitergeführt. In Altheim spielten sie nur zwei Stücke, die jedoch jeweils rund eine Viertelstunde lang waren.

Nicht nur mit dem Ort, auch mit der Ausführung ihrer Werke spielten die beiden mit Konventionen, brachen diese bewusst, setzten Kontrapunkte. Gerade an Pfingsten und gerade in einem Bau, der im neunten Jahrhundert von Mönchen des Klosters Hornbach erschaffen wurde, die für ihre monotonen Mönchsgesänge bekannt waren. Gerade dort, im streng symmetrischen Raum mit langer Geschichte, spielten die beiden Musiker moderne, alles andere als monotone Musik als Übersetzung von Landschaft und Raum. Sie experimentierten mit Klängen, nahmen ein kleines kupferfarbenes Glöckchen zu den beiden Blasinstrumenten hinzu, das ihrer Musik noch mehr Klangtiefe verlieh, direkt neben dem Glockenwerk des Kirchturms. Das war zum Glück ausgeschaltet.

Zusatzgeräusche von außerhalb stören nicht

Nicht aber die Feuerwehrsirene, die um 12.05 Uhr den allsamstäglichen Probealarm markierte, und auch nicht der Hahn, der ins Aufnahmegerät krähte. Landleben eben. Wo sich Konventionalmusiker über die musikfremden Töne geärgert hätten, bezogen Thewes und Oßwald – sie nennen sich übrigens The Swinging Berserk – diese ins Gesamtkunstwerk der „Spacy Places“ mit ein.

Die beiden öffneten den Kirchturm als Konzertraum, der auch Konzerte anderer Musikstile gut vertragen würde, allerdings kaum mehr als zehn Zuhörer im Turm selbst zulässt. Stattdessen lauschten auch vor dem Kirchturm außerhalb der trutzburgigen und akustisch interessanten Mauern etliche Zuhörer. Am gleichen Abend spielte das Duo, das sich selbst als „Jazzduo der vernünftigen Spielweise“ bezeichnet und mit den Worten klein, frei, organisch, akustisch, analog atmend und liquide beschreibt, noch in einem Gartenhaus im lothringischen Frauenberg die Schlussakkorde seiner kleinen Tour. Tolle Idee – und für die Zuhörer und Zuschauer ein einmaliges Erlebnis.

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