Saarland SPD großer Sieger an der Saar

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(Aktualisiert) In den vier Wahlkreisen im Saarland lässt die SPD am Sonntag gegen die CDU die Muskeln spielen. Heiko Maas setzt sich im direkten Duell gegen Peter Altmaier durch. In St. Wendel erobert Christian Petry einen traditionell „schwarzen“ Wahlkreis. In Saarbrücken verteidigt Josephine Ortleb ihr Direktmandat gegen Annegret Kramp-Karrenbauer.

Die Saar-SPD machte Party im Eurobahnhof in Saarbrücken und ließ es krachen. Erstmals wieder seit 2005 wurden die Sozialdemokraten bei einer Bundestagswahl stärkste Kraft im Land, vereinigten nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 37,3 Prozent der Stimmen auf sich. Ein Plus von satten 10,2 Prozent gegenüber 2017. In allen 52 saarländischen Gemeinden lag die SPD vorne. Die Saar-CDU stürzte am Sonntag auf das schlechteste Ergebnis bei Bundestagswahl ab. Schlechter als 23,6 Prozent war man seit 1957 nie. Gegenüber der Wahl 2017 ließ man 8,8 Prozent der Zweitstimmen nach. Alle vier Direktmandate in den Wahlkreisen gingen an Sozialdemokraten. Auch CDU-Stars, die Bundesminister Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Altmaier, hatten das Nachsehen.

Im Wahlkreis Saarbrücken verteidigte Josefine Ortleb ihr 2017 errungenes Mandat eindrucksvoll gegen „AKK“. Die ehemalige CDU-Bundesvorsitzende und Saar-Ministerpräsidentin brachte nur 25,1 Prozent der Wähler hinter sich, Ortleb 36,9. Ebenso deutlich fiel der Erfolg von Heiko Maas im Ministerduell gegen Peter Altmaier in Saarlouis aus. Der Bundesaußenminister gewann mit 36,7 Prozent gegen den Bundeswirtschaftsminister (28,0).

Sensationssieg der SPD im Wahlkreis Sankt Wendel

Knapper, aber fast sensationell, gewann Christian Petry im „schwarzen“ Wahlkreis Sankt Wendel. Nach drei Siegen bei drei Bundestagswahlen seit 2009 büßte die Vize-Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU im Bundestag, Nadine Schön, ihr Mandat ein. Und wird – ausgenommen Mandatsverzichte von Kramp-Karrenbauer und/oder Altmaier – auch nicht dem 20. Bundestag angehören. Die 38-Jährige stand nur auf Platz drei der Landesliste der Saar-CDU, voraussichtlich nur die beiden ersten Plätze werden ziehen. Christian Petry, der Generalsekretär der Saar-SPD, vereinigte 35,1 Prozent der Stimmen auf sich, Schön 32,1 Prozent.

Im Wahlkreis Homburg verwandelte Esra Limbacher die knappe Niederlage von vor vier Jahren in einen eindrucksvollen Sieg. Der 32 Jahre alte Jurist, erst kürzlich als Nachrücker in den Landtag eingezogen, holte das Direktmandat im Bundestagswahlkreis 299, dem letzten in der Zählweise, mit einem großen Vorsprung von 14.615 Stimmen vor Markus Uhl. 36,6 Prozent für den SPDler Limbacher, 26,1 für den CDUler Uhl, dem „General“ der Christdemokraten an der Saar. Auf Listenplatz vier war der 41 Jahre alte Uhl ebenso wenig abgesichert wie Nadine Schön.

Rehlinger: Erdrutsch-Sieg ist Steilvorlage für die Landtagswahl im März

Schon früh gestern Abend legte sich Ulrich Commerçon, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Saar-Landtag, fest: „Heute gibt’s noch viel zu feiern. Das Saarland wird rot.“ Commerçon sagte den Erfolg aller vier SPD-Wahlkreiskandidaten voraus. Seine Landesvorsitzende, Anke Rehlinger, als stellvertretende Vorsitzende der Bundes-SPD in Berlin weilend, war da noch vorsichtiger. „So lange rote Balken gab es schon lange nicht mehr.“ Es sei auch dem sehr starken Kandidaten Olaf Scholz zu verdanken, wenn die politische Landkarte im Saarland rot gefärbt werde. „Sollten wir tatsächlich alle vier Wahlkreise gewinnen und auch nach Zweitstimmen stärkte Kraft werden, gibt das Rückenwind über diesen Abend hinaus“, folgerte Rehlinger für die bevorstehende Landtagswahl am 27. März kommenden Jahres. 2017 unterlag Rehlinger als SPD-Spitzenkandidatin der CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer mit elf Prozent Abstand bei den Zweitstimmen deutlich. In einem Duell mit Kramp-Karrenbauers Nachfolger Tobias Hans werden die Karten aber neu gemischt. Rehlingers Vorgänger als Landesvorsitzender, Heiko Maas, sprach von einer neuen „Geschäftsgrundlage“ vor der Landtagswahl. „So ein Ergebnis, das hatte die Saar-SPD lange nicht mehr“, sagte Maas, der bei drei Landtagswahlen Spitzenkandidat war, aber dreimal an CDU-Kandidaten – Peter Müller, dann Annegret Kramp-Karrenbauer – scheiterte. In seiner Karriere im Saarland war Maas Leidtragender des Wechselns Oskar Lafontaines zur WASG, dann Linken, und der Aufspaltung der Saar-SPD in zwei Lager.

Ministerpräsident Hans: Nichts abzuleiten für Landtagswahl

Der CDU-Landesvorsitzende, Ministerpräsidentin Tobias Hans, wollte von den historisch schlechten Ergebnissen im Bund und Land nichts für die Landtagswahl ableiten. „Im Bund haben wir herbe Verluste zu verkraften, liegen aber gleichauf mit der SPD. Ich sehe einen Auftrag zur Regierungsbildung für die Union“, sagte Hans am frühen Abend. Schuldzuweisungen an die Adresse von Armin Laschet gab es von ihm wie von Annegret Kramp-Karrenbauer am Sonntag nicht. „Man gewinnt zusammen und verliert zusammen“, sagte „AKK“.

FDP legt satt zu

Und wie schnitten die „Kleinen“ an der Saar ab? Die Grünen waren von der Bundeswahlleitung für die Zweitstimmen-Wertung nach den Affären um die Spitzenkandidatur nicht zugelassen.

Oliver Luksic, der Landesvorsitzende der FDP, freute sich nicht nur über seinen Wiedereinzug in den Bundestag. Luksic führte als Spitzenkandidat die Landesliste an. Mit dem Ergebnis von 11,5 Prozent (plus 3,9), dem drittstärksten Zweitstimmen-Resultat nach SPD und CDU, habe die FDP eine hervorragende Ausgangslage auch für die Landtagswahl, der Rückkehr ins Landesparlament. Seit der gescheiterten Jamaika-Koalition mit CDU und Grünen 2012 sind die Saar-Liberalen dort nicht mehr vertreten. Luksic, Verkehrsexperte seiner Fraktion im Bundestag, sagte: „Wir gehen offen in die Gespräche für eine Regierungsbildung.“ Luksic zeigte am Wahlabend weder eine Präferenz für ein schwarz-grün-gelbes Bündnis mit der Union und den Grünen noch für eine SPD-geführte „Ampel“.

Vertreter von Linken und AfD im Saarland meldeten nach schwachen Ergebnissen „Aufarbeitungsbedarf“ an. Die Linke verlor gegenüber der Wahl 2017 5,7 Prozent, kam an der Saar noch auf 7,2 Prozent und damit einem besseren Ergebnis als im Bund. Linken-Landesvorsitzender Thomas Lutze, der gegen eine Wahlempfehlung Oskar Lafontaines Wahlkampf führte, sagte: „Es muss sich einiges radikal ändern im Bundesverband wie auch im Landesverband.“ Vorstellungen blieb er am Wahlabend schuldig.

Lutz Hecker, der stellvertretende Landesvorsitzende der sich in Lagern bekämpfenden Saar-AfD, sprach von „Klärungsbedarf“. Trotz Stimmenverlusten habe die Bundespartei aber ein gutes Ergebnis erzielt, im Saarland wiederholte man exakt das 2017er-Ergebnis mit 10,0 Prozent der Zweitstimmen.

Tierschutzpartei beste der „Kleinsten“

Beste unter den „Kleinsten“ war am Sonntag die Tierschutzpartei mit einem Stimmenanteil von 2,8 Prozent, gefolgt von den Freien Wählern mit 2,0 Prozent. Die Partei bracht es auf 1,7 Prozent. 1375 Wähler gaben der NPD ihre Stimme – 0,2 Prozent.

Nach Angaben der Landeswahlleiterin beteiligten sich 583.998 Saarländerinnen und Saarländer an der Wahl. Die Wahlbeteiligung lag bei 77,3 Prozent und damit um 0,7 Prozentpunkte höher als bei der Bundestagswahl 2017.

Vier Direktgewählte, Fünf über Liste

Am frühen Montagmorgen vermeldete der Bundeswahlleiter: Neben den vier in den Wahlkreisen direkt gewählten Sozialdemokraten – Esra Limbacher in Homburg, Christian Petry in Sankt Wendel, Josephine Ortleb in Saarbrücken, Heiko Maas in Saarlouis – gibt es Platz für fünf weitere Saarländerinnen und Saarländer im 20. Deutschen Bundestag. Nach Berechnung der Überhangs- und Ausgleichsmandate sind es von der CDU Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Altmaier, von der FDP Oliver Luksic, von der AfD Christian Wirth und von den Linken Thomas Lutze.

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