Speyer Leiharbeit als gutes Sprungbrett für unbefristete Anstellung

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Meinung am Montag: Am Freitag hat der Deutsche Bundestag Änderungen am Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz verabschiedet. Die Speyerer Leiharbeitsfirma Gabis GmbH feiert zeitgleich 20. Geburtstag. Ellen Korelus-Bruder hat mit dem Geschäftsführer der Firma, Thomas Cantzler (52), über Erfolge, Veränderungen und Ziele gesprochen.

Herr Cantzler, was steckt eigentlich hinter dem Namen Gabis?

Buchstäblich ist Gabis die Abkürzung für „Gemeinnützige Arbeitnehmerüberlassung der Beschäftigungsinitiative Speyer“. Inhaltlich gehört Gabis zum Unternehmensverbund mit VFBB (Verein zur Förderung der beruflichen Bildung) und DIAG (Dienstleistungs-Innovations-Arbeitsvermittlungsgesellschaft). Unser gemeinsames Ziel ist Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Für wen ist Gabis gut? Unsere Kunden sind Arbeitslose, Langzeitarbeitslose und Menschen in schwierigen sozialen Verhältnissen. Flüchtlingsprojekte sind hinzu gekommen. Jährlich verleihen wir rund 1300 Mitarbeiter. Etwa 150 nehmen an unseren Projekten teil. Wir investieren jährlich rund zwei Millionen Euro in Projekte, die nicht im Fokus der Politik stehen. Dazu gehört beispielsweise auch das einjährige Praktikum in der Pflege. Das bieten wir Einsteigern ab 30 Jahren zur Berufsvorbereitung an. Wie hoch ist die Erfolgsquote? In den vergangenen 20 Jahren konnten 40 Prozent unserer Beschäftigten auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen. Können Gabis-Beschäftigte von ihrem Verdienst leben? Sie können eher davon leben als Arbeitnehmer normaler Zeitarbeitsfirmen. Zeitarbeit wurde ursprünglich erfunden, um Auftragsspitzen abzudecken. Nicht, um Geld zu sparen. Gabis hat bundesweit den ersten Rahmentarifvertrag für Zeitarbeit ausgehandelt. Welche Auswirkungen hat das für die Mitarbeiter? Unsere Beschäftigten erhalten 30 Tage Urlaub. Der Tarifvertrag sichert ihnen weitgehend gleiche Bezahlung wie Stammmitarbeitern zu. Im Gründungsjahr haben wir den ersten Tarifvertrag mit der ÖTV abgeschlossen, 2006 einen mit der IG Metall. Nach Angaben der Bundesregierung haben sich die Arbeitslosenzahlen nach unten entwickelt. Stimmt das? Wir haben mehr Beschäftigte. Das stimmt. Aber die Anzahl der Langzeitarbeitslosen ist gleich hoch geblieben. Damit sollte sich die Politik beschäftigen. Haben sich die Voraussetzungen für Gabis-Kunden in den vergangenen 20 Jahren verändert? Einfache Arbeitsplätze gibt es so gut wie nicht mehr. Die hat die Automatisierung geschluckt. Und das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 steht an. Wenn wir Folgekosten dieser Entwicklung vermeiden wollen, müssen wir mehr Geld für Bildung in die Hand nehmen. Unser Ausbildungsprogramm zum Industriemechaniker ist ein gutes Beispiel dafür. Wie ist es mit der Bereitschaft der Unternehmen, Verträge mit Gabis abzuschließen? Die Bereitschaft steigt. Ich glaube, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit in ein paar Jahren keine Frage mehr sein wird. Entscheidend ist, dass unsere Beschäftigten nicht für Dumping-Löhne arbeiten müssen. Welche Branchen beteiligen sich? Industrie, Handwerk, öffentlicher Dienst, Handel. Alle sind in der Metropolregion angesiedelt. Wie groß ist die Chance ihrer Mitarbeiter auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag? Zeitarbeit ist ein gutes Sprungbrett. Auch wer nicht sofort weiter beschäftigt werden kann, hat bessere Voraussetzungen als ohne Gabis. Können Mitarbeiter aus allen Bildungsschichten vermittelt werden? Ja. Auch Menschen ohne Ausbildung und Fremdsprachenkenntnisse können einsteigen und sich weiter entwickeln. So wie es für junge Mütter ohne Schul- und Berufsabschluss im Sophi-Laden möglich ist. Was glauben Sie: Wird es Gabis in 20 Jahren noch geben? Ich würde mir wünschen, Zeitarbeit hätte sich bis dahin erledigt. Aber ich glaube nicht an Vollbeschäftigung. Arbeitsbedingungen werden sich verändern. Darauf ist Gabis gut vorbereitet. Ich könnte mir nicht vorstellen, bei einer anderen Zeitarbeitsfirma zu arbeiten. Am Ende des Tages sind alle zufrieden: Unternehmen, Arbeitnehmer und das Gabis-Team.

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