Saarbrücken Neue Dreharbeiten im Saarland: „Tatort“-Ermittlungen in Zeiten von Corona
Besser hätte der zweite Fall des neuen Saarbrücker „Tatort“-Teams nicht in diese Zeit passen können. Nicht, weil die 18-jährige Jessi auf grausame Weise ermordet wird und sich bei ihrer Trauerfeier radikale Tierschützer und eingefleischte Jäger gegenüber stehen. Sondern weil der Arbeitstitel „Der Herr des Waldes“ schon verrät, wo sich vieles abspielt: im Freien. „In diesen Corona-Zeiten kommt uns das natürlich zupass“, sagt Regisseur Christian Theede.
Denn wenn am Mittwoch (24. Juni) endlich der Drehstart mit zehn Wochen Verzögerung erfolgen kann, werden für das Team strenge Hygienebestimmungen herrschen: angefangen vom Mundschutz für alle Beteiligten bis zu Abstandsregelungen. Einzige Ausnahme: die Schauspieler dürfen darauf verzichten, wenn die Kamera läuft - allen voran Vladimir Burlakov (Hauptkommissar Leo Hölzer) und Daniel Sträßer (Hauptkommissar Adam Schürk). „Das würde das Spiel wirklich extrem einschränken, wenn sie Masken aufhätten“, meint Theede. „Und es wäre blöd, wenn man vom Spiel dieser tollen Schauspieler wenig sehen würde.“
Für SR-„Tatort“-Redakteur Christian Bauer ist es „selbstverständlich, dass jeder, der nicht im Bild ist, mit Maske herumläuft. Auch der Regisseur“. Die Anweisungen werde das allerdings etwas schwieriger machen. „Deshalb stehen nun auch mehr Regieanweisungen im Drehbuch, weil dies das gemeinsame Kommunikationsmittel am Set ist.“
Keine unnötigen Komparsen
Auch sonst haben die Corona-Bestimmungen großen Einfluss auf die Vorbereitungen der 21 Drehtage gehabt. „Wir haben sämtliche unnötigen Komparsen gestrichen und versucht, optional alles nach draußen zu verlegen“, sagt Theede. Zudem wurde und wird bei der Gestaltung einzelner Orte immer wieder unter dem Aspekt „Covid-19“ neu überlegt. Zum Beispiel bei einer Szene in einer Schulklasse: „Die Frage ist: Verlegen wir den Unterricht ins Freie, wie es im Sommer ja durchaus üblich ist, oder zeigen wir Schüler, die mit entsprechendem Abstand nebeneinander sitzen“, schildert Bauer.
Sicherheit wird bei den Dreharbeiten groß geschrieben. Und auch Vertrauen. „Für einige Schauspieler, die Szenen mit größerer körperlicher Nähe spielen, gilt die Regel 'Quasi-Quarantäne’“, so der SR-Redakteur. Sie müssten sich fünf Tage vor dem Drehstart selbst isolieren, um bei den Filmaufnahmen näher beieinander sein zu dürfen. Und auch die Freizeit während der Drehtage werde anders als üblich verlaufen: „Das sind ja junge Männer, die abends gerne auch mal rausgehen. Aber das wird dieses Mal alles nicht stattfinden. Sie werden in einer Selbstisolation sein.“
„Qualitativ keine Bedenken“
Trotz der besonderen Herausforderungen ist Bauer optimistisch, alle Auflagen der Berufsgenossenschaft gut einhalten zu können. „Man muss zwar über alles scharf nachdenken. Aber ich gehe mit einem guten Gefühl in die Arbeit, weil ich weiß, dass alle – vom Produzenten über Produktionsleiter bis zu den Schauspielern – vernünftige Leute sind, die alles dafür tun, dass wir nicht in Schwierigkeiten kommen.“
Und auch Theede ist optimistisch, dass nach der unvorhergesehenen Verzögerung die Arbeiten professionell laufen werden. „Qualitativ habe ich keinerlei Bedenken, dass wir wieder einen super ,Tatort’ abliefern werden.“ Als Sendetermin für den zweiten Fall, für den Hendrik Hölzemann wie schon bei der Premiere „Das fleißige Lieschen“ wieder das Drehbuch schrieb, steht bereits Ostermontag fest. „Wenn im Juli die letzte Klappe fällt, kann im Prinzip nichts mehr passieren“, meint Bauer. Fertig sein wolle man mit dem Film jedoch schon im Januar, um ihn traditionell als Premiere beim Filmfestival Max Ophüls Preis in Saarbrücken vorstellen zu können.
Regisseur Theede scharrt jedenfalls schon sprichwörtlich mit den Hufen, dass die Arbeit endlich beginnen kann: „Ich fühle mich wie ein Rennpferd, das in den Startlöchern steckt und nur darauf wartet, wieder loslaufen zu können.“ Und auch den Anderen gehe es nicht anders: „Wir haben wirklich das große Pfund, dass wir nach dem riesen Erfolg des ersten Falles ein wirklich hochmotiviertes Team und Schauspieler haben, die einfach richtig Bock haben. Und die froh sind, dass sie endlich wieder arbeiten können und dürfen.“
Größere Rolle für die Frauen
Angst davor, dass die Herausforderungen für Dreharbeiten in Corona-Zeiten zu hoch sind, hat er nicht. „Im Moment kann ich nur sagen: Es gab schon Schlimmeres“, gibt er lachend zu. Etwa, als einmal bei einem Dreh bei einer Autoverfolgungsjagd an einem Fahrzeug der Keilriemen gerissen war, keine Werkstatt zur Verfügung stand und das Auto während der ganzen Verfolgung geschoben werden musste. Oder als sich ein Hauptdarsteller vor einer Action-Szene den Fuß verstaucht hatte. „So etwas ist viel stressiger, weil es nicht planbar ist“, meint der Regisseur. „Aber hier sind die Parameter ja klar und ich kann damit arbeiten. Das heißt, die Probleme, die man haben wird, kennt man im Grunde vorher schon.“ Da mache es ihm sogar Spaß, eine Lösung zu finden.
Wie die Lösung im Mordfall Jessi aussehen wird, das verrät der SR natürlich nicht. Nur so viel: Schürk und Hölzer werden die Spur eines verschmähten jugendlichen Verehrers verfolgen. Und Adams Vater wird plötzlich auftauchen und behaupten, zu wissen, wer das Mädchen so grausam ermordet habe. Auch die beiden Frauen im neuen Ermittler-Team werden dieses Mal eine größere Rolle als im ersten Fall spielen. Und dank der aktuellen Grenzöffnungen auch so wie geplant: Denn die Suche nach dem Täter wird die Hauptkommissarinnen Esther Baumann (Brigitte Urhausen) und Pia Heinrich (Ines Marie Westernstroer) auch ins benachbarte Frankreich führen.