Rhein-Pfalz Kreis „Wir haben zu kämpfen“

Böhl-Iggelheim. Das Einzelhandelskonzept für Böhl-Iggelheim ist fortgeschrieben – aber die Einzelhändler fühlen sich übergangen. Die Geschäftsleute sind irritiert, weil die Autoren des Konzepts aus dem Planungsbüro Piske nicht mit ihnen geredet hätten, aber Aussagen treffen würden, die für die Betroffenen von erheblicher Bedeutung seien.

„Wie schon 2011 beim ersten Konzept, haben wir jetzt von der Fortschreibung erst aus der Zeitung erfahren“, sagt Claus Barthel, der zweite Vorsitzende des Gewerbevereins Böhl-Iggelheim, im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Auch Ria Vogt, die Vorsitzende, wundert sich. Am meisten verblüfft ist jedoch Karl-Heinz Fuchs, dessen Modehaus Fuchs im Konzept als „Textilgeschäft“ genannt wird. Dort heißt es, das Geschäft biete kein Vollsortiment und ein weiteres Geschäft hätte laut Konzept „keine bestandsgefährdenden Folgen“. „Wir bieten ein komplettes Damen- und Herrensortiment an, lediglich bei der Kinderabteilung haben wir etwas reduziert, weil hier die Nachfrage nicht entsprechend war“, erklärt Fuchs. Die Konkurrenz werde härter, Kunden kaufen immer mehr über das Internet. „Wir haben zu kämpfen – wie kommt das Büro Piske dann auf solche Aussagen, ohne uns auch nur zu fragen?“, wundert sich Fuchs. Die RHEINPFALZ stellte diese Frage an Ulrich Villinger, den Hauptverantwortlichen des Planungsbüros Piske für das Böhl-Iggelheimer Konzept. Villinger bestätigt, nicht mit Geschäftsleuten vor Ort gesprochen zu haben. Das Einzelhandelskonzept beruhe auf statistischen Daten und daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen. Konkret bedeute das, dass vor allem Steuerdaten ausgewertet werden. Die Einzelhandelsumsätze werden mit der Einkommenssteuer verglichen. Aus dem Einkommenssteueraufkommen könne man auf die vorhandene Kaufkraft schließen und die mit dem vorhandenen Angebot vergleichen. Hier zeige sich, dass in Böhl-Iggelheim das Volumen der Kaufkraft wesentlich größer sei, als das bestehende Angebot. Folglich sei für weitere Fachmärkte noch Raum. In Villingers Konzept heißt es, die Ansiedlung der Fachmärkte für Textilien, Schuhe und Drogeriebedarf am Schwarzweiher würde das Angebot sehr gut ergänzen. Die im Ort vorhandenen Geschäfte, die Textilien als Teilsortiment anbieten, sowie ein Schuhmarkt mit stark eingeschränkten Öffnungszeiten, würden allein den Bedarf nicht decken. „Das Schuhgeschäft besteht seit über 50 Jahren im Ort, das heißt doch, dass die Öffnungszeiten in Ordnung sind“, ist Ria Vogt überzeugt. Sie befürchtet, dass das Büro Piske, das schon früher städteplanerische Aufgaben für die Gemeinde übernommen habe, vor allem auf die Beruhigung der Ortskerne aus sei. Als Beispiel nennt sie die Luitpoldstraße, die umgestaltet worden ist. Kunden würden seither nicht mehr gerne durchfahren. Betroffen seien zwei Bäckereien, eine Metzgerei, eine Apotheke, das Schuhgeschäft, ein Radioladen und mehr. Die innerörtliche Verkehrsberuhigung gehe zulasten der Geschäfte. Für Barthel ist der Umgang mit dem Gewerbeverein auch eine Vertrauenssache: „Wir haben jetzt schon massive Probleme, da wäre es doch angebracht, dass wir bei einem Konzept, das uns unmittelbar betrifft, wenigstens angehört werden.“ Laut Planer Villinger komme dieser Wunsch zu früh. Das Konzept formuliere, was der Wille der Gemeinde sei. Erst wenn der klar sei, könne man darüber diskutieren. Das sagte auch Bürgermeister Peter Christ (CDU) in der Sitzung des Gemeinderats. Der Rat nahm bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung das Konzept an. Nun ist der Weg frei für das planungsrechtliche Verfahren. Hier werden Träger öffentlicher Belange gehört, auch Bürger haben die Möglichkeit, Einwände zu erheben. Laut Villinger sei das der Punkt, an dem die Gewerbetreibenden Bedenken einbringen. Dass bis dahin die Einzelhändler nicht gehört wurden, sei keine Besonderheit. Es sei üblich, solche Konzepte aufgrund statistischer Daten zu entwickeln und als Absicht zu formulieren. „Das Konzept ist für die Gemeinde in keiner Weise bindend“, betont Villinger. Er sei sicher, dass Kritik im Rathaus nicht im Papierkorb lande.

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