Rhein-Pfalz Kreis Winken wie die Queen

KLEINNIEDESHEIM. Weinbau im „Gemüseland“ Rhein-Pfalz-Kreis? Auch dort gibt’s jede Menge Reben und Winzer. Seit der Römerzeit werden hier Trauben angebaut. Erstmals gibt es nun auch eine Weingräfin im Rhein-Pfalz-Kreis: Ellen Stenger aus Kleinniedesheim. Sie repräsentiert die Weinbaugemeinde Kleinniedesheim – und das mindestens zwei Jahre.

Die 17-Jährige aus der nördlichsten Landkreisgemeinde hat gerade ihre Mittlere Reife absolviert und steuert auf einen kaufmännischen Beruf zu. Das Outfit der jungen Weingräfin ist schlichtweg schick: ein schmuckes Kleid, ein dezentes Krönchen und eine maßgeschneiderte Schärpe. Ihre Feuertaufe absolvierte Ellen I. beim Kleinniedesheimer Kerweumzug. In einer Pferdekutsche zu sitzen und aus dem Handgelenk zu winken – so wie die englische Königin – will schon gelernt sein. „Ich war schon etwas aufgeregt, denn ich habe so etwas noch nie gemacht“, berichtet die junge Frau. Gerade jetzt im Herbst hat die Weingräfin Großeinsatz. Zusammen mit ihrem Chauffeur Michael Taterra ist Ellen Stenger bei den Kerweumzügen in der Region unterwegs, zuletzt in Heuchelheim und im Wormser Stadtteil Weinsheim. Bei der Wasserprozession in Bobenheim-Roxheim durfte sie sogar aufs Boot. Und von Landrat Clemens Körner (CDU) war die 17-Jährige vor Kurzem zur Weinlese nach Rödersheim-Gronau eingeladen worden. Vom Fahrer des Landrats wurde sie zu Hause abgeholt. Ellen Stenger genießt ihre neue Rolle und ist auch ein wenig stolz darauf, die kleinste Gemeinde des Rhein-Pfalz-Kreises repräsentieren zu dürfen. Immerhin gibt es in Kleinniedesheim ein markantes Wahrzeichen des Rhein-Pfalz-Kreises: das alte Residenzschloss, in den Jahren 1734 bis 1736 erbaut. Und zu diesem Schloss passt natürlich auch ein Haupt mit Krönchen. „Das hat unser Ortsbürgermeister Ewald Merkel mit meinem Opa Walter eingefädelt“, berichtet Ellen Stenger, „Ich dachte erst: Die wollen mich veräppeln!“ Eine eigene Weinkönigin wäre für die 930-Seelengemeinde Kleinniedesheim sicher eine Nummer zu groß. Aber eine Weingräfin, das passt. Und weil die Kleinniedesheimer Kerwe vor der Tür stand, und sich dieses Mal kein Kerweborsch fand, wurde die 17-Jährige quasi im Eilverfahren vom Bürgermeister inthronisiert – so beschlossen durch den örtlichen Kerweausschuss. Bislang noch auf unbestimmte Zeit. Sowohl Stenger als auch der Bürgermeister gehen jedoch von einer mindestens zwei- bis dreijährigen Amtszeit aus. In ihrer Familie und im Freundeskreis hat Ellen vollen Rückhalt. Vor allem ihre Freundin Anika Reiß und ihre beiden Brüder Helge (20) und Eric (23) stärken ihr den Rücken. Mit Eric – Winzermeister im Dirmsteiner Weingut Jesuitenhof – hat sie auch einen fachlich versierten Berater. Doch auch ohne „Souffleur“ kennt sich die Kleinniedesheimerin in Sachen Weinbau aus. „Ich war schon öfter bei der Traubenlese dabei und bin gerne im Wingert“, sagt sie. Ellen Stenger weiß, was es im Weinbau mit dem Mulchen, dem Mostgehalt und der Essigfliege auf sich hat. Ihr Lieblingswein ist der Rieslaner, eine fränkische Weinrebe, die 1921 in Würzburg aus der Kreuzung der alten Sorten Riesling und Silvaner hervorging. In der Pfalz ist diese Rebe jedoch noch immer ein Exot. Ihre Heimatgemeinde Kleinniedesheim findet Stenger „einfach super“. Der Ort sei zwar klein, aber gerade deshalb sehr lebens- und liebenswert. „Hier kennen sich die Menschen noch – und man hilft sich auch noch gegenseitig.“ Der Wein habe über Jahrhunderte die Menschen und Landschaft geprägt. Aktuelle Zahlen belegen dies: Immerhin 52 Hektar der Kleinniedesheimer Gemarkung sind mit Weinreben bestockt. Überwiegend werden Riesling, Müller-Thurgau und Portugieser angebaut. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Kleinniedesheimer Weinbau im Jahr 1258 in den Schenkungsurkunden des Reichsklosters Lorsch. Die Gesamtrebfläche des Rhein-Pfalz-Kreises beträgt rund 316 Hektar und wird von rund 50 Weinbaubetrieben bewirtschaftet, hauptsächlich in der Verbandsgemeinde Lambsheim-Heßheim und in Rödersheim-Gronau. Für die Weingräfin ist dieses Weinanbaugebiet keine beiläufige „Randsiedelei“. Die Gegend sei lebendig und reizvoll – und die hier erzeugten Weine seien hochwertig. Noch nie kam eine Pfälzische Weinkönigin aus dieser Gegend. Das könnte sich ändern. Ellen Stenger hat sich vorgenommen, später mal ins Rennen um die größere Krone einzusteigen.

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