Rhein-Pfalz Kreis Wie gut lebt man in Heßheim?

Ein älterer Herr tritt mit Brötchen aus der Bäckerei. Ein Mann parkt am Straßenrand und packt umständlich seine Krücken aus. Eine Frau öffnet die Tür der Lotto-Annahmestelle und lächelt Holger Korn an, der grüßt zurück. An diesem Donnerstagvormittag ist einiges los auf der Heßheimer Hauptstraße. Schlägt hier das Herz des Dorfs? Oder eher am Rewe-Markt? Oder am Bürgerhaus? Die beiden Ortsbürgermeisterkandidaten zögern mit der Antwort. „Das ist schwierig, ich würde als Zentrum das Bürgerhaus bezeichnen“, sagt Korn. Butsch widerspricht: „Nein, der Ortskern ist der alte Teil, wo man sich zwischen Apotheke, Bäckerei, Arzt oder Tierarzt trifft und zum Erzählen stehen bleibt. Die meisten Leute sind natürlich im Rewe.“ Verkehrsprobleme Seit die Umgehungsstraße eröffnet ist, hat das Verkehrsaufkommen im Ort stark abgenommen. Doch Thomas Butsch besteht darauf, dass wir am Zebrastreifen über die Fahrbahn gehen. Eine Autofahrerin wartet unwillig und schiebt den Nachzügler in der Gruppe fast von der Fahrbahn. Hier kann man ja immer noch überfahren werden! „Sogar noch schneller als früher“, scherzt Holger Korn. Er spielt darauf an, dass die fast leeren Durchgangsstraßen zu Rennstrecken geworden seien. Darüber, was getan werden muss, ist man sich parteiübergreifend einig: Erst einmal einen Planer mit einem Verkehrsberuhigungskonzept beauftragen, dann mit den Bürgern darüber reden. Das hätte man allerdings schon viel früher auf den Weg bringen können. „Das hätte man“, räumt Butsch ein. „Die Fraktionen waren ja aufgefordert, sich Gedanken zu machen“, sagt Korn, „aber irgendwie ist keine von ihnen in die Pötte gekommen.“ Der CDU-Mann Butsch will als ersten Schritt Tempo 30, aber er will auch, dass der Verkehr weiter fließen kann. Schule, Hort und Kindergarten „Hallo, hallo“, rufen drei Kinder hinterm Zaun des Kindergartens in der Friedhofstraße und winken. Die kommunale Kita, die Schule und der Hort sind die Vorzeigeeinrichtungen der Ortsgemeinde – Holger Korn und Thomas Butsch sind stolz darauf. Der Kindergarten biete flexible Öffnungszeiten und sei gerade erweitert worden, weshalb genügend Plätze zur Verfügung stünden. Und für den Hort denke man gerade über eine dritte Gruppe nach. Dieses Angebot ist eine freiwillige Leistung der Gemeinde, die umso mehr in Anspruch genommen wird, je mehr Kinder in Heßheim wohnen. Und dass der Altersdurchschnitt im Dorf gesenkt wird, wollen beide Kandidaten. In Heßheim beträgt der Anteil der über 65-Jährigen laut Statistischem Landesamt knapp 27 Prozent. Im Durchschnitt vergleichbarer Gemeinden sind es knapp 21 Prozent. „Hallo“, rufen die Kinder weiter. Thomas Butsch läuft los und wirft den Kindern ihren verlorenen Ball über den Kita-Zaun. Der Vater zweier jugendlicher Töchter findet, dass die Spielplätze verbessert werden müssen. Beigeordneter Korn sieht dagegen keinen dringenden Handlungsbedarf: „Der Gemeindemitarbeiter hat die Geräte überprüft, sie sind alt, aber sicher und bespielbar“, sagt der 48-Jährige. Im Sommer würden die Spielplätze gut angenommen. Die Bevölkerung sei anderer Meinung, hakt Butsch nach. In seiner Kindheit habe es noch eine Seilbahn in der Friedhofstraße gegeben und in der Kleiststraße eine Rutsche. „Geräte verschwinden einfach und werden nicht ersetzt“, bemängelt der 51-Jährige. Baugebiete Weiter geht es zum Baugebiet östlich der Gerhart-Hauptmann-Straße. An der Anna-Seghers-Straße wachsen die Reihenhäuser. Holger Korn weiß: „Die sind alle schon verkauft.“ Überhaupt sei Heßheim als Wohnort sehr begehrt. Tatsächlich: Wenn Bauträger hier mit den unterschiedlichsten Häuserarten die Lücken füllen, gehen sie, was die Nachfrage betrifft, kaum ein Risiko ein. „Alles, was hier gebaut wird, geht sofort weg“, sagt Holger Korn und führt aus, dass der Gemeinderat sehr darauf achte, dass bei den Neubauprojekten auch öffentliche Parkplätze für Nicht-Anwohner entstehen. Es gebe durchaus auch alte Häuser, die saniert würden, ergänzt sein Mitbewerber Thomas Butsch. Darf die Gemeinde eigentlich noch Bauland ausweisen? „Nein“, sagt Butsch. „Ja“, sagt Korn und spricht von einer etwa fünf Hektar großen Fläche im Südwesten. Unzufrieden sind beide damit, dass es kaum günstige Mietwohnungen gibt, zum Beispiel für junge Paare und sozial Schwache. In diesem Zusammenhang beteuert Thomas Butsch, dass dies der Grund sei, warum Heßheim noch keine Flüchtlinge aufgenommen habe. Das war von Lambsheimer Ehrenamtlichen im vergangenen Jahr bemängelt worden (wir berichteten). Butsch: „Wir haben wirklich nichts zum Mieten gefunden.“ Korn: „Der Kreis hat Angebote verworfen, zum Beispiel wegen des Brandschutzes.“ Beide beteuern, dass sich Heßheim beim Thema Asyl nicht aus der Verantwortung stehlen wolle. Freizeitwert Heßheim hat unbestreitbar eine gute Infrastruktur, aber ist es auch schön? Dem Durchfahrenden präsentiert sich das rund 3000 Einwohner zählende Dorf mit eher schmucklosen, manchmal vernachlässigten Gebäuden nicht annähernd so malerisch wie zum Beispiel das nur wenige Kilometer entfernte Dirmstein. Wo geht man als Heßheimer gern spazieren, und wie definieren die beiden Bürgermeisterkandidaten den Freizeitwert des Orts? Beide joggen regelmäßig rund um Heßheim und meinen, dass ihr Dorf viel Grün zu bieten hat. Zum Beispiel den Generationenpark. Wird der wirklich genutzt? Ja, versichert Thomas Butsch, sogar von Jugendlichen. „Meine Töchter sagen öfter mal: Ich geh jetzt in den Genni.“ Was ist eigentlich mit der Grillhütte, die auf unserem Ortsplan noch markiert ist? Holger Korn weiß Bescheid: Die Hütte wurde aufgegeben. Mangels Straßenanbindung war es zu mühsam, dorthin Vorräte zu bringen. Einbrüche und Vandalismus taten ihr Übriges. Vereine würden jetzt bei Feiern auf dem Parkplatz vor dem Bürgerhaus den Grill aufstellen. „Aber ich bin schon ein bisschen neidisch auf die Beindersheimer“, wirft Butsch ein und denkt an deren attraktive und begehrte Grillhütte. Doch am früheren Standort sei ein Überschwemmungsgebiet, überlegt Korn. Man könne doch mal überlegen, die pflegeintensive Seenlandschaft an der Minigolfanlage hinterm Bürgerhaus aufzugeben, das Gelände umzugestalten und dort einen Grillplatz zu schaffen. „Dann fühlt es sich dort auch wieder mehr wie ein Ortszentrum an.“ Dringendste Fragen Wieder am Ausgangspunkt angekommen, schließt Beigeordneter Korn zum Aufwärmen das Ortsgemeinde-Rathaus auf. Dort wollen wir zum Schluss, zack, zack, von den Kandidaten wissen: Was braucht Heßheim am dringendsten? „Eine Verkehrsberuhigung in der Hauptstraße und dass der Status Heßheims als Grundzentrum gesichert ist“, sagt Holger Korn. Und sein Mitbewerber Thomas Butsch ergänzt: „Mehr Parkraum und bessere Spielplätze.“ Beide halten außerdem eine Fahrradquerung am Rewe-Kreisel für dringend geboten. Sie bekommen Bauchschmerzen bei dem Gedanken, dass die Kinder im Sommer wieder nach Frankenthal in die Schulen radeln und dort die Umgehungsstraße queren werden. Aber darüber entscheidet nicht die Gemeinde, sondern der Landesbetrieb Mobilität.

x