Rhein-Pfalz Kreis Vom Dom zur Synagoge

Eine Speyerer Themen-Stadtführung hatte am Sonntag Premiere: Sabrina Albers und Jutta Hornung haben unter dem Titel „Jüdisches Leben in Speyer“ ihre Gäste durch die Stadt gelotst. Etwa 20 Teilnehmer folgten ihnen vom Dom zur mittelalterlichen Mikwe, von dort längs der Maximilianstraße sowie der Wormser Straße bis zum Amtsgericht und als Abschluss zur Synagoge Beith Shalom am Weidenberg.

So manches kam ans Licht, was auch gebürtigen Speyerern nicht unbedingt bekannt ist, und oft genug kam trotz des Frühlingswetters auch ein Frösteln auf. Ausgangspunkt war der Dom. Die zentralen Gestalten des Christentums, deren Statuen das Domportal zeigt, waren allesamt Juden: Jesus, Maria, Johannes der Täufer. Nicht zu vergessen die Heilige Edith Stein. Der Speyerer Bischof Rüdiger Hutzmann siedelte 1084 Juden aus Mainz in der Vorstadt an und gewährte ihnen Rechte, die 1090 durch Kaiser Heinrich IV. bestätigt wurden. Bischof und Kaiser schützten „ihre“ Juden. Und Steinmetze, die am Dom tätig waren, arbeiteten auch an Judenbad und Synagoge. Das Speyerer Bad war übrigens nicht nur für Frauen, wie Hornung erklärte. Das nächstgelegene Ritualbad für heutige Speyerer Juden ist in Mannheim. Der Gang über Maximilian- und Wormser Straße führte vorbei an ehemals jüdischen Geschäften. Gut zwei Drittel aller Läden gehörten jüdischen Inhabern. Die Stadtführerinnen hatten „Stolpersteine“ aus Papier verteilt mit Namen von jüdischen Anwohnern, die verhaftet und interniert wurden oder emigrierten. Die Speyerer Juden wurden ins südfranzösische Gurs gebracht. Der älteste internierte Speyerer war Lazarus Scharff (87) , die jüngste Eveline Blüm (3). Sie starb in Gurs mit vier Jahren. Im 19. Jahrhundert hatte das jüdische Leben in Speyer noch geblüht. Es war die Zeit der Assimilation. „Mosaischen Glaubens“ zu sein war nicht anders als katholisch oder protestantisch zu sein. Ebenso wie die anderen Speyerer zogen auch sie in den Ersten Weltkrieg. Von 40 jüdischen Soldaten aus Speyer starben 13. Nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurden die jüdischen Männer im Gefängnis beim Amtsgericht inhaftiert. Ihnen wurde die Unterschrift für einen vollständigen Vermögensverzicht abgepresst. Die Führung endete in der Synagoge Beith Shalom. Seit 1996 haben sich wieder Juden, meist russische Einwanderer, in nennenswerter Anzahl in Speyer niedergelassen. Als Schum-Stadt blickt Speyer auf eine reiche jüdische Geschichte zurück. Die Themenführung zu jüdischem Leben war schon vor der Premiere mehrfach gebucht, wie Albers berichtete. „Ein großes Interesse besteht bei amerikanischen Reisegruppen, die mit dem Schiff den Rhein befahren, besonders bei den älteren. Von diesen Reisegesellschaften haben uns schon früher Anfragen erreicht, die uns zu dieser Themenführung motiviert haben“, sagte die Stadtführerin. (adö)

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