Kultur Cannes: Meryl Streep: Deutsch mit polnischem Akzent

Festivalleiter Thierry Frémaux mit Meryl Streep beim öffentlichen Rendez-vous in Cannes.
Festivalleiter Thierry Frémaux mit Meryl Streep beim öffentlichen Rendez-vous in Cannes.

Damals, 1982, ist es in Deutschland im Kino nicht so aufgefallen, weil sie synchronisiert war, aber es gibt einen Film, in dem Meryl Streep Deutsch spricht, wie sie in Cannes beim Publikumsgespräch „Rendez-vous mit Meryl Streep“ bekannte.

„Ich hatte diese Rolle, in der ich deutsch sprechen musste und lernte Deutsch. Ich sah die Szene nur einmal, schaute ins Bett und konnte sie nicht sprechen, weil sie mich so aufgeregt hat.“ Die Amerikanerin, die deutsche Vorfahren hat (die Ururgroßeltern stammen aus Loffenau in Baden-Württemberg), sprach in diesem Film in den Rückblick-Szenen Deutsch mit polnischem Akzent, weil sie eine Polin spielte.

Es geht um eine Mutter, die sich entscheiden muss, welches ihrer Kinder sie hergibt – und damit ins KZ schickt. „Es gab zwei Takes, im Film ist die zweite. In der ersten Szene wusste das kleine Mädchen nicht, was kommt und schaute den Mann, der sie mitnehmen wird, an ohne eine Reaktion. Bei der zweiten Aufnahme wusste sie es, und die Reaktion des Kindes war herzzerreißend. Ich glaube sie wohnt jetzt in Paris. Ich musste für diese Rolle der Mutter Deutsch sprechen, also lerne ich Deutsch, aber ich las die Szene nur einmal, aber ich konnte sie kaum lesen, weil sie mir so sehr ans Herz ging. Wir haben sie mehrfach geprobt, ich erinnere mich nicht so gerne daran.“

Meryl Streep wird von dem Journaisten Didier Allouch befragt.
Meryl Streep wird von dem Journaisten Didier Allouch befragt.

Die dreifache Oscar-Preisträgerin erzählte, dass sie immer gut darin war, mit Akzent zu sprechen und das manchmal automatisch tat: „Als zu Hause das Telefon klingelte und ich ranging, fragten meine Kinder: Sprichst du mit jemand aus Indien aus Indien – du sprichst mit indischem Akzent! Ich greife das auf, was ich vorfinde. Ich bin interessiert an Menschen, die nicht so sind wie ich.“

Wohl selten kam Meryl Streep (74), die bei der Eröffnung des Festivals in Cannes mit der Goldenen Ehrenpalme ausgezeichnet wurde, so locker und fröhlich rüber wie bei diesem Gespräch mit dem Journalisten Didier Allouch. „Es war schöner als ich dachte“, meinte sie über die Preisverleihung, „im Publikum flossen viele Tränen, es war überwältigend. Ich lebe ein sehr ruhiges Leben, zu Hause bekomme ich keine Wertschätzung, umso schöner war es hier im Kino.“ Sie bekannte zwar, kaum französische Filme zu sehen, aber Juliette Binoche, die ihr unter Tränen den Preis überreichte, kannte sie natürlich – und Camille Cottin, die Moderatorin der Eröffnungsgala: „Ich sah Camille Cottin in jeder Folge der französischen Serie „Call My Agent“. Ein bisschen Französisch (mit Akzent) spricht Meryl Streep unter Lachen natürlich schon, etwa so: „Ce matin war es ein bisschen hart, weil ich erst um 3 Uhr ins Bett gegangen bin, um über den Eröffnungsfilm mit Quentin Dupieux zu diskutieren, ein toller Film, wir hatten eine wunderbare Diskussion.“

Singen führt direkt ins Herz

Als sie vor 35 Jahren zum ersten Mal in Cannes, war sie verwundert, als man ihr sagte, sie brauche neun Bodyguards. „Zu Hause hatte ich keinen Bodyguard. Aber damals gab es in Cannes nicht so viele Sicherheitsmaßnahmen wie heute, es gab keine Gitter, keine Barrieren, nur Cannes. Seitdem hat sich viel verändert, die Welt hat sich verändert. Ich erinnere mich nicht an den Moment, als ich den Preis bekam, ich war so ängstlich, ich bin ja kein Rockstar.“

Aber sie kann singen, und davon sprach sie auch. „Als Kind nahm ich Gesangsstunden. Aber in der High School machte ich Cheerleading und rauchte, das ruinierte meine Gesangstimme. Ich mag auch keine Opern, eher Rockmusik und Joni Mitchell, ich mag Musik. Auf der Schauspielschule war meine beste Lehrerin die Gesangslehrerin, weil sie die ganze Klasse dazu brachte, alle 12, aufzustehen und vor der Klasse zu. Jeder stand auf und sang (sie singt): ,O my Mama, to me you are so beautiful’. Singen führt direkt ins Herz!“

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